Bolliger Jugendpfarrer Hans-Peter Zürcher: "Persönliche Hilfe lohnt sich"

Mit seinem Projekt Direkthilfe für Rumänien unterstützt der Bolliger Jugendpfarrer Hans-Peter Zürcher Kinder direkt vor Ort. Junge Menschen werden in Familien integriert und dadurch auch vor kriminellen Bettelbanden geschützt.

Patrizia Pulfer, Berner Zeitung BZ
Vor 20 Jahren, kurz nach der Hinrichtung des Ehepaars Ceausescu, stand für den Bolliger Jugendpfarrer Hans-Peter Zürcher fest: «In Rumänien muss man helfen und etwas gegen die Armut tun.» Kurzerhand gründete er mit seiner Frau Doris Zürcher das Hilfswerk Direkthilfe für Rumänien.

Geborgenheit dank Familie

Alle grossen Kinderheime in der Provinz Siebenbürgen im Norden Rumäniens sollten aufgelöst werden: Dieses hochgesteckte Ziel hat Zürcher mit seinen freiwilligen Helfern aus der Region Bern im Jahr 2006 schliesslich erreicht.

Vor Ort haben sie über die Jahre eine Vielzahl von Häusern und Eigentumswohnungen gekauft und renoviert. Zürcher suchte anschliessend geeignete Hauseltern. Diese holten Kinder aus den Heimen und zogen mit ihnen in die Liegenschaften ein.

Dank dieser Massnahme können heute die Heimkinder aus Siebenbürgen bei Grossfamilien aufwachsen und erhalten professionelle Betreuung. Sie haben die Chance auf berufliche Bildung. Zudem sind sie in einem sozialen Umfeld integriert.

Schutz vor Bettelbanden

Die Direkthilfe in Rumänien wirkt präventiv. Sie schenkt den betroffenen Kindern durch das neue Zuhause viel Geborgenheit und emotionale Bindung zu den Erziehern. Ausserdem erhalten die jungen Menschen die Möglichkeit, zur Schule zu gehen und sich später beruflich weiterzubilden. «Die Jugendlichen erhalten dadurch eine reelle Zukunftsperspektive», sagt Zürcher. Diese Tatsache halte sie vom Betteln und von kriminellen Handlungen ab. «Keines der Kinder, die wir in Grossfamilien untergebracht haben, ist bis anhin in Betteltouren involviert gewesen», weiss der Jugendpfarrer.

Die erzielten Erfolge zeigen es deutlich: Mit direkter Hilfe vor Ort könnte dem Geschäft mit Bettelkindern bereits frühzeitig der Nährstoff entzogen werden. Organisierte Bettelbanden, die unmündige Menschen im Ausland zu deren Zwecken missbrauchen, erhielten weniger Zulauf.

Davon ist auch Zürcher überzeugt: «Ein gutes soziales Umfeld dient als Auffangnetz für die Kinder.» Dadurch verringere sich das Risiko, dass Jugendliche sich Bettelbanden anschliessen würden, wie sie in letzter Zeit auch in Bern vermehrt zu beobachten waren (wir berichteten).

«Direkte Hilfe lohnt sich»

Den Erfolg seines Projekts sieht Zürcher klar in der direkten Hilfe vor Ort. «Ich will möglichst nahe an die Betroffenen heran kommen und ihnen einen Lebenssinn vermitteln.» Es sei wichtig, das Vertrauen der Kinder zu gewinnen. Dies bedeute zwar harte Arbeit, die sich aber auf jeden Fall lohne.

«Mit direkter Hilfe können Lebensumstände konkret und bleibend verbessert werden», ist der Jugendpfarrer überzeugt. Die Verheissung liege auf vielen persönlichen Bekanntschaften. Von der Kriminalität könnten die Jugendlichen wirklich nur mit individueller Zuwendung abgehalten werden, sagt Zürcher weiter.

Er und sein Team stehen noch heute in Kontakt mit den ehemaligen Heimkindern und deren Pflegefamilien. Manche Schweizer Mitarbeiter leben sogar dauerhaft in Siebenbürgen.

Auf diese Weise sei sichergestellt, dass die Spenden genau dorthin kommen, wo sie am nötigsten sind. «Jedes Paar Schuhe, das uns die Gönner spenden, ziehen wir den Kindern vor Ort selbst an», sagt Zürcher. Die Kinder seien beim Kauf der Kleider ebenfalls mit dabei.

Staat übernimmt Konzept

In Rumänien ist Zürcher nur noch selten anzutreffen: «Momentan sammle ich in der Region Bern lediglich noch Geld, um die Direkthilfe weiterhin zu gewährleisten.» Ansonsten wurde das Konzept seines Projekts vom rumänischen Staat übernommen. Die Zusammenarbeit mit dem Kinderschutzbund in der nördlichen Provinz Siebenbürgen bestehe nach wie vor. «Wahrscheinlich wird in Zukunft sogar einer unserer Erzieher die Leitung des Schutzbundes übernehmen können.» Dadurch erhielte sein Projekt eine breitere Wirkungsmöglichkeit, ist Zürcher überzeugt.

[i] Kontakt: hpz@sunrise.ch oder Telefon 079 415 91 90

Ein Artikel aus der

www.bolligen.ch

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Erstellt: 25.05.2009
Geändert: 25.05.2009
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