Bolligen - Und plötzlich stand der Gemeindepräsident ganz alleine da

Nach der erzwungenen Ressortrochade in Bolligen ist der Gemeinderat bemüht, die Situation nicht eskalieren zu lassen. Rudolf Burger, der die Planung abgeben muss, spricht von einem Misstrauensvotum.

Simon Wälti / Der Bund
In Worb hat die Absprache unter den Parteien, Gemeindepräsident Niklaus Gfeller (EVP) das Planungsdossier zu entziehen, das Gremium auseinanderdividiert. Ein vergiftetes Klima, eine Abwahl und zwei Rücktritte waren die Folge. In Bolligen wurde die Entmachtung von Rudolf Burger (Bolligen Parteilos) nicht vor den Wahlen, sondern danach über die Bühne gebracht. Das siebenköpfige Gremium beschloss, Burger gegen dessen Willen das Ressort Planung wegzunehmen und ihn stattdessen mit dem Ressort Öffentliche Sicherheit zu betrauen.

Die Planung übernimmt neu Markus Walther (SVP), Inhaber eines Zimmereibetriebs in Habstetten. Der Entscheid fiel dem Vernehmen nach mit sechs zu eins Stimmen. «Ich muss erst noch beweisen, dass ich die bessere Lösung bin», sagt Walther. Er wolle versuchen, mehr «Tempo» in die Geschäfte zu bringen. Er sei sich aber bewusst, dass nun auch mehr Druck und Verantwortung auf ihm laste.

Kritik, Burger sei nicht der richtige Mann für das anspruchsvolle Planungsressort, war schon vorher verschiedentlich von den Parteien geäussert worden. Es mangle ihm an der nötigen Weitsicht, wurde moniert, beklagt wurden auch fehlende Führungsqualitäten. Trotzdem blieb Burger bei den Wahlen am 4. November ohne Konkurrenz. Sein Ergebnis liess allerdings darauf schliessen, dass im Dorf eine latente Unzufriedenheit mit seiner Amtsführung besteht. Er erhielt zwar 1224 Stimmen, es wurden aber auch 231 ungültige und 372 leere Wahlzettel in die Urne gelegt - eine hohe Zahl von Proteststimmen.

Burger übernahm Planung 2009

Es ist nicht das erste Mal, dass die Ressortverteilung in Bolligen für rote Köpfe sorgt: Als Ende 2007 Finanzvorsteher Gerhard Schmied (FDP) zurücktrat, übernahm Gemeindepräsidentin Margret Kiener Nellen (SP) die Finanzen. Damals sprachen die anderen Parteien von einer zu grossen Machtfülle. «Zu viel Macht ist ungesund», hiess es zum Beispiel aus den Reihen von Bolligen Parteilos.

Im Herbst 2008 verlor Kiener Nellen die Wahl um das Präsidium, in der Folge wurden die Karten neu gemischt. Der neu gewählte Burger übernahm von Jon Duri Tratschin (SP) das Ressort Planung; Tratschin war in seiner letzten Amtsperiode für Bildung und Kultur zuständig. Ein Wechsel beim Planungsressort hatte sich aufgedrängt, weil die Ortsplanungsrevision bei der denkwürdigen fünfstündigen Gemeindeversammlung im August 2008 weitgehend Schiffbruch erlitten hatte. 1300 Bolligerinnen und Bolliger waren gekommen, Turnhalle und Aula der Schulanlage Eisengasse platzten aus allen Nähten. Tratschin nannte die breite Ablehnung im Nachgang «enttäuschend und frustrierend».

Drohen in Bolligen nach der Machtdemonstration nun Worber Verhältnisse? Gemeinderat Walter Wiedmer (FDP) sagt: «Ich habe nicht den Eindruck, dass es dazu kommt.» Wiedmer ist Bauingenieur und wäre somit für das Planungsressort auch infrage gekommen. Er wollte aber nicht schon wieder wechseln - erst auf dieses Jahr hatte Wiedmer nach dem Rücktritt von Parteikollege Peter P. Pfenninger das Finanzressort übernommen.

Auch Vizegemeindepräsident Niklaus Wahli (SP) hofft, dass die Arbeit im Gemeinderat durch den Entscheid nicht belastet wird. «Ich finde, es handelt sich um eine gute Lösung. So besteht die Chance, die Planungsgeschäfte zu deblockieren.» Gemäss Zeitplan sollten die Planungen für das Flugbrunnen-Areal und das Bahnhofgelände weiter fortgeschritten sein. Für das Planungsressort wäre Wahli als diplomierter Bauleiter ebenfalls geeignet gewesen. Doch dieser ist als Vorsteher des Hochbauressorts mit dem Projekt für einen Schulhausneubau im Lutertal betraut. «Ein Wechsel mitten in der Projektphase ist nicht wünschenswert», meint er dazu.

«Motivation wieder aufbauen»

Rudolf Burger selber sagt: «Ich kann nicht abstreiten, dass es sich um ein Misstrauensvotum gehandelt hat.» Zum Teil könne er die Kritik nachvollziehen. «Ich bin aber lieber auf der vorsichtigen Seite und will keine Planungsleichen produzieren.» Burger geht davon aus, dass der Gemeinderat weiter zusammenarbeiten wird. «Es ist aber hart, die Planung aufzugeben, das ist das wichtigste Ressort in den nächsten Jahren.» Die öffentliche Sicherheit dagegen ist in einem ruhigen Dorf wie Bolligen kaum ein Schlüsselressort. Wie sieht es denn mit der Motivation für die nächsten vier Jahre aus? «Ich kann meine Motivation wieder aufbauen», sagt Burger.

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Erstellt: 20.12.2012
Geändert: 20.12.2012
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