Bolligen - Tempo 30 wird nicht beachtet

In der Schlupfstrasse in Habstetten gilt Tempo 30. Doch nur die wenigsten Autofahrer halten sich daran. Die Anwohner fühlen sich von der Gemeinde allein gelassen.

Simon Marti / Berner Zeitung BZ
Marianna Salzmann steht an der Schlupfstrasse am Dorfeingang von Habstetten und beobachtet die vorbeifahrenden Fahrzeuge. Seit über zwei Jahren gilt auf der schmalen Passage Tempo 30, doch nur die wenigsten Autofahrer würden es einhalten, sagt die Anwohnerin. «Diejenigen, die tatsächlich 30 fahren, kann man an einer Hand abzählen.» Man könne dies den Fahrern aber nicht verdenken, denn die Strasse lade ja geradezu ein, schneller zu fahren: «Hier kann man ja einfach durchpreschen», meint Salzmann.

Zwei Geschwindigkeitsmessungen der Gemeinde bestätigen, dass auf der Schlupfstrasse zu schnell gefahren wird. Während der zweiten Erhebung Mitte Oktober 2011 fuhr rund jedes siebte Fahrzeug mit 52 Stundenkilometern oder schneller vom Dorfkern über die Schlupfstrasse Richtung Grauholz. Die höchste gemessene Geschwindigkeit betrug gar 74 Stundenkilometer. Die erste Messung im Jahr zuvor hatte ähnliche Ergebnisse geliefert.

«Die Gemeinde will gar nicht»

Mehr als über die zu schnell fahrenden Autolenker ärgern sich Marianna Salzmann und ihr Mann Manfred Pirkheim über die Gemeindebehörden, die zu wenig unternehmen würden, um den Verkehr zu bremsen. Dabei hätten sie immer wieder auf die Situation aufmerksam gemacht. «Wir haben Angst um unsere drei Kinder. Die Schlupfstrasse ist ihr Schulweg. Doch nichts geschieht. Wir fühlen uns schlicht nicht ernst genommen.» Dabei würden schon einfache Massnahmen wie künstliche Bodenwellen oder eine Verengung der Strasse die Fahrer bremsen.

Die beiden sind sicher: «Die Gemeinde will hier gar keine 30er-Zone.» Denn täglich würde die Schlupfstrasse von zahlreichen Pendlern benutzt. Im Juni 2010 wurden innert einer Woche über 9000 Fahrzeuge gezählt. Gerade wenn sich der Verkehr auf der Autobahn zwischen Grauholz und Wankdorf staue, wählten viele den Weg über Habstetten. Würde die Gemeinde die geltende Tempolimite durchsetzen, verliefe der Verkehr durch Bolligen hindurch, sind Salzmann und Pirkheim überzeugt. Und daran habe der Gemeinderat kein Interesse.

Anwohner sind uneinig

Gemeindepräsident Rudolf Burger (bp) widerspricht dieser Lesart vehement. «Wir haben bis jetzt wenig unternommen, weil es sehr schwierig ist, in der Schlupfstrasse überhaupt etwas zu machen», sagt Burger. Die wenigen Anwohner seien sich untereinander selbst nicht einig, welche Massnahmen getroffen werden sollen.

Das Angebot der Gemeinde, ein Trottoir zu bauen, lehnten sie ab. Gegen die provisorischen künstlichen Bodenwellen liefen die Landwirte Sturm. «Es ist ein klassischer Konflikt. Die einen verlangen nach einer Barriere für den Verkehr, die anderen möchten freie Fahrt», meint Burger. «Am schönsten wäre es, wenn sich die Anwohner auf Massnahmen einigen könnten.» Die Gemeinde würde dann versuchen, diese umzusetzen.

Manfred Pirkheim hat für diese Sichtweise kein Verständnis. «Die Uneinigkeit der Anwohner wird bloss vorgeschoben. Entscheidend ist, dass die Tempo-30-Zone an der Gemeindeversammlung beschlossen worden ist. Also muss man sie auch durchsetzen.»

Dritte Messung

Für 2013 hat die Gemeinde Bolligen 30000 Franken budgetiert, um den Verkehr in der Schlupfstrasse zu zähmen. Laut Burger werden über kurz oder lang künstliche Bodenwellen aufgestellt. Vorher aber soll eine dritte Messung feststellen, ob die Tempolimite nun besser eingehalten wird. Denn Burger meint: «Ich bin viel auf der Schlupfstrasse unterwegs. Ich habe nicht den Eindruck, dass alle Autofahrer dort rasen.»

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Erstellt: 02.10.2012
Geändert: 02.10.2012
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