Bolligen - Seine Doktorarbeit holte Rudolf Burger ein

Am Sonntag tritt Rudolf Burger vollzeitlich in den Ruhestand. Der Gemeindepräsident von Bolligen muss nach der Wahlniederlage das 50-Prozent-Pensum abgeben. Die Niederlage habe ihn getroffen, gesteht er.

Herbert Rentsch, Berner Zeitung BZ
Donald Trump kommt, Rudolf Burger geht. Die beiden trafen sich vor fast 30 Jahren, als Burger US-Korrespondent für Radio DRS war. Burger interviewte Trump bei der Einweihung eines Casinos in Atlantic City, was ein Schwarzweissfoto beweist. «Ich hätte damals nie gedacht, dass wir im gleichen Jahr zu einer Präsidentenwahl antreten würden», sagt Rudolf Burger. Der Ausgang ist bekannt. Trump wurde als Präsident der USA gewählt, Burger verpasste die Wiederwahl als Bolliger Gemeindepräsident.

Umkehr der Doktorarbeit

Ironie des Schicksals: In seiner Doktorarbeit hatte Rudolf Burger einst untersucht, welche Faktoren den Kandidaten für Ämter auf Gemeindeebene zu Wahlchancen verhelfen. Ein attraktiver Beruf etwa, Ortsverbundenheit, Mitgliedschaft in Vereinen, politische Erfahrung und andere. Einige dieser Gründe spielten offenbar bei seiner Nicht-Wiederwahl mit. Burger ist in Brugg aufgewachsen und hat seinen Aargauer Dialekt behalten. Burger ist Journalist, gehört also einer Berufsgruppe an, die nicht zur beliebtesten gehört. Und stark im Bolliger Ortsleben verankert ist er auch nicht. Hinzu kam ein «schwerer Klotz am Bein», wie es Burger selbst nannte. Er ist noch bis Ende Jahr Stiftungsrat der krisengeschüttelten Pensionskasse PVS BIO, für deren Sanierung Bolligen 10 Millionen bezahlen musste.

Kurz nach der Abwahl zog es ihn weg – ein paar Tage durchatmen in Florida. Jetzt, fast zwei Monate später, ist die herbe Enttäuschung gewichen. Aber: «Niemand ist gerne Wahlverlierer», sagt er. «Eine solche Niederlage vergisst man nie ganz.» In den letzten Wochen hat sich der 66-Jährige auf Neues eingestellt, das ihn erwartet. Keine Tage mehr auf der Gemeindeverwaltung, dafür vielleicht Wandern oder Bike-touren in der näheren und weiteren Umgebung. «Ich freue mich auf den weitgehend leeren Terminkalender. Dass ich am Morgen hinausschauen und entscheiden kann, was ich unternehmen will.» Er werde wohl vermehrt wieder journalistisch tätig sein: «Wahlanalysen sind meine Spezialität.» Burger ist ein alter Hase im Mediengeschäft. Nach seiner Zeit beim Radio, als er aus New York und Bonn berichtete, moderierte er eine Zeit lang beim damaligen SRG-Sender TV S plus eine Talksendung. Danach arbeitet er beim «Bund», war jahrelang stellvertretender Chefredaktor.

Ab 2009 präsidierte er den Gemeinderat Bolligen – ein 50-Prozent-Job. Er sei dankbar für diese Erfahrung.» Gemeindepolitik habe ihn von Kindsbeinen an interessiert. «Es war toll, sie selbst ­aktiv betreiben zu können.» Und seine Affinität zur Statistik lebte er aus, als er die Bolliger Bevölkerungsumfragen von 2011 und 2016 gleich selbst auswertete.

Gelungene Projekte

Einiges sei «gut gelungen», sagt Burger zur achtjährigen Amtszeit. Als Beispiele nennt er den Bau des Schulhaustrakts im Lutertal, die Alterswohnungen Lutertalpark, denen der Gemeinderat den Weg bereitete, und den Baurechtsvertrag fürs Flugbrunnenareal, wo eine Wohnüberbauung entsteht. «Mit diesem Vertrag fliessen in den nächsten 80 Jahren total gegen 50 Millionen Franken in die Gemeindekasse», so Burger. Mehr Kritik gab es dagegen zum Verkauf der Linde in Habstetten, weil der Gemeinderat die Liegenschaft einem Ratskollegen verkaufen wollte. Doch auch dieses Geschäft wurde vom Souverän in einem Referendum gutgeheissen.

Ein Projekt will Rudolf Burger gleich Anfang Jahr in Angriff nehmen: Es betrifft das Reiseziel Florida, wieder die Wahlen und wieder Trump: «Ich möchte eine Reportage über einen Bezirk schreiben, wo Donald Trump über 80 Prozent der Stimmen holte.» Ob dann Trump acht Jahre im Weissen Haus bleibt wie Rudolf Burger im Büro der Bolliger Gemeindeverwaltung, muss sich erst noch zeigen.

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Erstellt: 28.12.2016
Geändert: 28.12.2016
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