Bolligen - Kiener Nellen darf Steuerdaten reicher Gstaader sehen

Nationalrätin Margret Kiener Nellen hat sich nach vier Jahren doch noch Einsicht in die Steuerdaten reicher Gstaader erstritten. Betroffen sind etwa Ernesto Bertarelli und Bernie Ecclestone.

Marius Aschwanden, Berner Zeitung BZ
Der Kampf von SP-Nationalrätin Margret Kiener Nellen aus Bolligen ist eigentlich längst verloren. Vor knapp vier Jahren schickten die Bernerinnen und Berner eine Initiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung von reichen Ausländern bachab.

Zwei Jahre später fällte das Schweizer Stimmvolk auf der nationalen Bühne das gleiche Verdikt. Kiener Nellen setzte sich bei beiden Abstimmungen zuvorderst für die Abschaffung der Pauschalsteuer ein. Ohne Erfolg.

Jetzt kann sie doch noch einen kleinen Sieg verbuchen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern hiess eine Beschwerde der Nationalrätin gut.Kiener Nellen wollte während des Abstimmungskampfes 2012 wissen, wie viel Geld zehn im Nobelferienort Gstaad wohnhafte Millionäre und Milliardäre von 2008 bis 2011 versteuern mussten, darunter Formel-1-Chef Bernie Ecclestone und Alinghi-Boss Ernesto Bertarelli.

Sie sagte damals, prominente Pauschalbesteuerte liessen ihre Steuerdaten sperren und entzögen sie somit jeglicher Transparenz. Sowohl die kantonale Steuerverwaltung als auch die Finanzdirektion verweigerten ihr denn auch die Einsicht. Anders sieht die Sache nun das Verwaltungsgericht: Die Gemeinde Saanen, zu der Gstaad ­gehört, muss der Nationalrätin doch Zugang zu den Steuerdaten gewähren.

Veröffentlichung nicht sicher

Die Richter schreiben, dass die Steuerregister der Berner Gemeinden nach dem ehemaligen Steuergesetz «vorbehaltlos und uneingeschränkt» öffentlich seien. Auch schützenswerte private Interessen würden daran nichts ändern. Genauso wenig die Tatsache, dass die reichen Gstaader ihre Steuerdaten hatten sperren lassen. Die Vorinstanzen hatten die Interessen der Superreichen höher gewichtet als das Öffentlichkeitsgebot.

Ob nach dem neuen Urteil die Steuerdaten von Ecclestone und Bertarelli an die Öffentlichkeit gelangen, ist nicht sicher. Einerseits kann das Urteil noch ans Bundesgericht weitergezogen werden. Dazu könne derzeit aber noch nichts gesagt werden, heisst es von einem der Anwälte der ­betroffenen Personen.

Andererseits hält sich Margret Kiener Nellen bedeckt wegen einer möglichen Veröffentlichung. «Ich werde mich in dieser Sache stets verfassungs- und gesetzeskonform verhalten», sagt sie lediglich. Zuerst müsse jetzt aber sowieso abgewartet werden, ob das Urteil rechtskräftig werde, meint die Rechtsanwältin.

Verschärfte Bestimmungen

Kiener Nellen, die 2014 schweizweit selber wegen Steueroptimierung in die Schlagzeilen geriet, dürfte eine der letzten Per­sonen im Kanton Bern sein, die ohne stichhaltige Gründe Steuerdaten von fremden Personen einsehen können. Seit Anfang Jahr gelten strengere Bestimmungen.

So muss neu ein «wirtschaftliches Interesse» geltend gemacht werden, wenn jemand die Daten einer natürlichen Person einsehen will. Mit der Änderung wollten der Grosse Rat und der Regierungsrat datenschutzrechtlichen Aspekten sowie der Standort­attraktivität des Kantons mehr Rechnung tragen.

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Erstellt: 03.09.2016
Geändert: 03.09.2016
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