Bolligen - Eine neue Generation im Pfarrhaus

Bevor die neue Bolliger Pfarrerin Rachel Binggeli in das Pfarrhaus einziehen konnte, wurde dieses für rund 900'000 Franken renoviert - in enger Zusammenarbeit mit der kantonalen Denkmalpflege.

Lisa Stalder, Der Bund

Als der frühere Bolliger Pfarrer Fortunat Wyss Ende Mai 2012 pensioniert wurde, ging für die Gemeinde eine Ära zu Ende. Während 26 Jahren hatte er das Gemeindeleben stark geprägt. Gewohnt hat er in dieser Zeit stets am selben Ort: im 1581 erbauten Pfarrhaus gleich gegenüber der Kirche. Als Wyss und seine Frau aus ihrem langjährigen Zuhause auszogen, blieb dieses vorerst leer. Dies aber nicht etwa, weil die Nachfolge nicht geregelt werden konnte. Doch bevor Rachel Binggeli, die auf 1. Juni 2012 die Nachfolge von Wyss antrat, mit ihrem Mann in das 450-jährige Haus einziehen konnte, standen dort grössere Renovationsarbeiten an. Das Haus, das der Kirchgemeinde Bolligen gehört, war zuletzt im Jahr 1961 renoviert worden.

 

Begrenzte Möglichkeiten

 

Während einer kurzen, intensiven Bauphase von wenigen Monaten wurden im Pfarrhaus unter anderem neue Fenster eingesetzt, neue sanitäre Anlagen installiert, die Sandsteinsimse erneuert und der gesamte Wohnbereich gegen den offenen Dachstock isoliert. Der Salon bekam einen historischen Parkettboden eingebaut, der einst in einer Liegenschaft in der Berner Altstadt zu finden war. Der Boden stammt aus dem Fundus der kantonalen Denkmalpflege. Wurmlöcher, die an verschiedenen Stellen zu sehen sind, zeugen davon, dass der Holzboden schon einiges erlebt hat.

 

Die mit der Renovation beauftragte Arbeitsgemeinschaft aus der Berner Architektin Ursula Egger und dem Architekten Michael Häusler der Team K Architekten AG in Burgdorf konnte aber nicht einfach frisch von der Leber weg planen. Es gab gewisse Restriktionen: Dies weil das Pfarrhaus - zusammen mit der Pfrundscheune und dem ehemaligen Ofenhaus auf demselben Gelände - als «schützenswertes Ensemble» eingestuft wird. «Manchmal mussten wir wieder ein wenig zurückbuchstabieren und uns neu orientieren», sagt Häusler auf einem Rundgang mit dem «Bund». So habe beispielsweise der Durchgang zwischen Küche und Esszimmer nicht so breit gestaltet werden können wie ursprünglich geplant. Dies, weil sich in der Zwischenwand Stützbalken aus dem 16. Jahrhundert befinden. Auch war es eine Auflage der kantonalen Denkmalpflege, dass die Fenster mit den typischen Holzsprossen versehen sein müssen. Gleichzeitig mussten die Architekten aber auch darauf achten, dass die Fenster den heutigen energietechnischen Anforderungen entsprechen. Die doppelverglasten Sprossenfenster hatten denn auch erhebliche Mehrkosten zur Folge gehabt, die aber von der Denkmalpflege übernommen wurden, wie Häusler sagt. Insgesamt hat sie sich mit 45 000 Franken an den denkmalpflegerisch bedingten Mehrkosten beteiligt. Für das gesamte Sanierungsprojekt hatte die Kirchgemeindeversammlung im letzten Jahr ein Kostendach von 950 000 Franken festgelegt. Dieses wurde aber nicht ausgeschöpft.

 

Trotz einiger Einschränkungen weiss der Architekt Fred Baumgartner, der vom Kirchgemeinderat als Projektleiter eingesetzt wurde, über die Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege nur Gutes zu berichten: In den Augen vieler sei die Denkmalpflege häufig eine Verhinderin. Dem sei überhaupt nicht so, «alle Beteiligten waren bereit, stets einen Schritt aufeinander zuzugehen», sagt Baumgartner. Das Motto sei es gewesen, das Haus «dem permanenten Wandel der Wohnbedürfnisse» anzupassen. Und: Es sei auch nie das Ziel gewesen, das Pfarrhaus zum Museum umzubauen. «Auch in 500 Jahren soll man hier noch zeitgemäss wohnen können.»

 

Studenten als Untermieter

 

Mit dem Abschluss der Arbeiten im April war das Pfarrhaus bereit für die neue Generation. Im Mai konnten Rahel Binggeli und ihr Mann in das frisch renovierte Gebäude einziehen. Mittlerweile ist alles eingerichtet, und die beiden haben sich bestens eingelebt. Es sei «sehr schön», hier zu wohnen, sagt Binggeli.

 

Im geräumigen Pfarrhaus wohnen neben der Pfarrerin und ihrem Mann auch drei Studierende. Zwei von ihnen hausen im zweiten Stock, der früher wohl als Lagerraum diente. Eine weitere Studentin hat es sich im ersten Stock gemütlich eingerichtet. Für sie ist der Einzug in das Pfarrhaus schon fast eine Heimkehr: Ihre Grossmutter hatte vor 50 Jahren im selben Haus gewohnt. Sie arbeitete damals als Haushaltsangestellte des damaligen Pfarrers, dem Vater von Fortunat Wyss.


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Erstellt: 10.09.2013
Geändert: 10.09.2013
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