Bolligen - Ein unpraktischer Professor gab den Anstoss

Reiche Ernte: Ein Bolliger hat dreissig Persönlichkeiten aus seiner Heimatgemeinde porträtiert

Simon Wälti, "Der Bund"

Von der Filmschauspielerin Ursula Andress über den Radfahrer Fabian Cancellara bis zur Jodlerlegende Jakob Ummel: Dreissig Persönlichkeiten aus den Gemeinden Ostermundigen, Ittigen und Bolligen hat Bruno Maurer in seinem Buch versammelt.

Diese Leute hätten es verdient, der Nachwelt in Erinnerung zu bleiben, sagt Maurer. Eine eigentliche Selektion für die kurzen Biografien habe er nicht vorgenommen, die Liste sei weder vollständig noch abschliessend. «Es gibt keine harten Kriterien, die Persönlichkeiten mussten aber eine Ausstrahlung über die Gemeinde und den Kanton hinaus haben.» Er habe zudem versucht, eine gute Mischung aus verschiedenen Betätigungsfeldern wie Kultur, Sport, Wissenschaft oder Politik zu erreichen. «Ich wollte nicht zu einseitig werden», sagt der 71-jährige Bolliger über sein Buch.

Den Anstoss für das Projekt gaben Erinnerungen an die Kindheit: Im Nachbarhaus der Familie Maurer wohnte Professor Ernst Grünthal, Leiter des Gehirnanatomischen Instituts in der Waldau. Als Kind war Maurer von der imposanten körperlichen Gestalt des Mannes beeindruckt, später, nach der Lektüre einer Dissertation über Grünthal, war es dessen Geistesgrösse. Auch eine Anekdote ist ihm noch präsent.

Einmal wurde Maurers Vater ins Nachbarhaus gerufen, um einen Nagel einzuschlagen. Da merkte der damals noch junge Bruno, dass ein Professor, anders als er geglaubt hatte, zwar sehr vieles, aber eben doch nicht ganz alles kann. Das brachte ihn auf die Idee, dass es in seiner Heimatgemeinde noch zahlreiche weitere Berühmtheiten geben müsse. Maurers Heimatgemeinde ist Bolligen – das Bolligen vor seiner Aufteilung von 1983 in die Gemeinden Bolligen, Ostermundigen und Ittigen.

Während Jahrzehnten wirkte auch die kürzlich verstorbene Frauenrechtlerin Marthe Gosteli in Ittigen. Sie war 1917 auf einem stattlichen Bauernhof in Altikofen geboren worden und zeigte auch im hohen Alter noch ihre kämpferische Natur: Dem Autor sagte sie, dass sie von der Frauenquote gar nichts halte: «Frauen einzustellen, nur weil sie Frauen sind, macht doch keinen Sinn. Qualifikation ist wichtig!»

Leibchen statt «Chüjermutz»

Im Buch finden auch Personen Platz, die nicht unumstritten waren: So habe das Ehepaar Heidi und Peter Zuber durch seinen unermüdlichen Einsatz für Flüchtlinge und Randständige in den 1980er- und 1990er-Jahren neben grosser Anerkennung auch viel Kritik und Beleidigungen einstecken müssen, sagt Maurer. Auch von privaten Schicksalsschlägen blieb das Ehepaar nicht verschont. «Unsere Kinder sind mit vielem, das sie kaum oder gar nicht bewältigen konnten, konfrontiert worden», sagte Peter Zuber 1995 im «Bund».

Eine besondere Beziehung hat Maurer seit seiner Kindheit zum Schwingen, ein «Faible», wie er sagt: So ist denn auch der dreifache Schwingerkönig Rudolf Hunsperger aufgeführt, mit dem Maurer die gleiche Schule besuchte. Hunsperger zeigte sich anfänglich wenig traditionsbewusst und machte sich so bei der Verbandsspitze unbeliebt. Bei seinem ersten Sieg als 18-Jähriger beim Brünig-Schwinget (1964) hatte er keinen «Chüjermutz» und schritt in einem «Zebraleibchen» zur Siegerehrung.

Einige der Persönlichkeiten sind mit Strassennamen geehrt worden, so etwa der erste SP-Bundesrat Ernst Nobs in Ostermundigen, wo er zeitweise als Lehrer gewirkt hatte. Im Zuge von Maurers Arbeit wurde das Strassenschild korrigiert, denn darauf war mit 1959 ein falsches Todesjahr verzeichnet – korrekt ist 1957.

Auch den Unternehmer und Kunstsammler Donald M. Hess porträtiert Maurer, dieser sei «ausserordentlich nett und unkompliziert gewesen». Der frühere Valserwasser-Besitzer wohnt im Landsitz Rörswil, wenn er sich nicht gerade um seine Weingüter auf verschiedenen Kontinenten oder um seine Kunstsammlung kümmert.

Freundlich war auch der Kontakt mit Fabian Cancellara: Weil Maurer Kopfbedeckungen sammelt, schrieb er dem Olympiasieger einen Brief mit der Bitte, ihm einen Radfahrerhelm zu überlassen. Tatsächlich klingelte wenige Tage später das Telefon und Maurer konnte im Coiffeursalon von Cancellaras Frau das begehrte Objekt abholen.

Das Buch kann bei den Gemeindeverwaltungen Bolligen, Ittigen und Ostermundigen gratis bezogen werden. Die Vernissage findet am Freitag, 12. Mai, um 17 Uhr im Reberhaus in Bolligen statt.


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Erstellt: 09.05.2017
Geändert: 09.05.2017
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