Bolligen - Die Grenzsteine sind wieder sichtbar
Zwischen der Gemeinde und Krauchthal stehen 21 Grenzsteine. Sie werden gegenwärtig erneuert oder ersetzt – als Zeichen des kulturellen Erbes. Bolligen übernimmt damit eine Pionierrolle.
B und K. Diese Buchstaben stehen auf je einer Seite des Steinquaders aus hellem Granit. Ein kleines Loch und zwei gerade Rillen sind auf der Oberseite eingemeisselt. Unschwer zu erkennen: Es handelt sich um einen Grenzstein. An seiner Stelle auf dem Bantigerhügel verläuft die Gemeindegrenze zwischen B wie Bolligen und K wie Krauchthal. Früher war es zugleich die Grenze zwischen den Amtsbezirken Bern und Burgdorf.
Der Stein sieht aus, als wäre er direkt vom Steinmetz gekommen. Das ist auch fast so. Der Bolliger Werkhof hat ihn vor kurzem neu aufgestellt, nachdem er von einem Steinmetz gehauen worden war. Auch andernorts zwischen Bolligen und Krauchthal werden zurzeit Grenzsteine aufgerichtet, wieder sichtbar gemacht oder ersetzt. Der Gemeinderat Bolligen hat für die «Retablierung der Hoheitsgrenzzeichen» einen Kredit von 27 000 Franken gesprochen. «Die Steine haben einen historischen Wert. Wir wollen sie schützen und ihren Unterhalt sicherstellen», sagt Gemeindepräsident Rudolf Burger.
«Es sind kleine Kulturgüter»
Es ist bereits das zweite Grenzsteinprojekt in Bolligen. 2012 wurden die 20 Steine auf der Grenze zu Vechigen instand gestellt – im Rahmen einer Neuvermessung. Der Anstoss dazu war vom pensionierten Geometer und früheren Bolliger Gemeindepräsidenten Hermann Bigler ausgegangen. Für ihn sind die Marchsteine «kleine Kulturgüter, die es wert sind, erhalten zu werden». Heute hätten die Steine nicht mehr die Bedeutung von einst, sagt Bigler. «Doch früher zeigten sie den Leuten, welche Hoheits- und Machtverhältnisse herrschten.» Aus historischen Gründen sei es deshalb angebracht, wenn die Steine sichtbar blieben.
Einer, der die Grenzsteine in Bolligen bestens kennt, ist der Geomatikingenieur und Ingenieur-Geometer Severin Hohl. Er und das Büro BBP Geomatik AG haben alle Steine dokumentiert. Hohl leitet das Projekt, der Werkhof Bolligen führt die Arbeiten aus. Die grösseren Quader haben zuunterst einen verdickten Sockel und wiegen einige Hundert Kilo. Oft sei es nicht einfach, mit dem benötigten Gerät zu den Steinen zu gelangen, sagt Hohl. Denn manche stehen an steilen Abhängen oder in einem Waldtobel. «Es ist erstaunlich, wie es die Leute früher anstellten, die schweren Steine an die Standorte zu bringen. Heute werden kleine Lastwagen eingesetzt, früher sei der Steintransport wohl mit Pferdefuhrwerken gemacht werden, vermutet Hohl.
Die meisten Grenzsteine zwischen Bolligen und Krauchthal waren noch auffindbar, einige fehlten aber. Die umgestürzten oder eingewachsenen werden neu gesetzt oder ausgeholzt. Es gab auch Steine, die durch Hangbewegungen abgerutscht waren und weit unterhalb des ehemaligen Standortes lagen. So wurde letzte Woche einer geborgen, der seit längerem am Rand der Kewu-Deponie liegt. Der Stein wird nun an anderer Stelle, wo einer fehlt, wieder aufgerichtet.
Bolligen ist Vorreiter
Wappen sucht man vergeblich auf den Bolliger Grenzsteinen. Solche schmückten eher Steine der Kantonsgrenze. Auf den Bolliger Grenzen gibt es einige Stellen, wo drei Gemeinden aufeinanderstossen. Dort sind auf den Steinen jeweils die drei Anfangsbuchstaben eingemeisselt.
Mit dem Projekt nimmt Bolligen eine Vorreiterrolle ein. Laut Severin Hohl sind in der Region keine anderen Gemeindegrenzsteine dokumentiert und instand gestellt worden. Auch beim kantonalen Amt für Geoinformationen sind keine ähnlichen Beispiele bekannt.
Geschichte
Grenzsteine gibt es seit dem 17. Jahrhundert. Zuvor wurden zur Grenzbezeichnung meist markante Geländepunkte zu Hilfe genommen, oft mächtige Bäume mit langer Lebensdauer. Später wurden March- oder Grenzsteine gesetzt. «Die Steine kommunizierten der Bevölkerung die Machtverhältnisse und damit die gültige Rechtsordnung», weiss der pensionierte Geometer Hermann Bigler. Früher legten die Grenzsteine fest, wo die Marchen lagen, später wurden gezeichnete Pläne rechtsverbindlich. Heute sind die Vermessungsdaten digitalisiert.
Historische Grenzsteine – Kantons- und Stundensteine und solche mit besonderer Bedeutung – sind im kantonalen Grenzsteininventar verzeichnet und stehen unter Schutz.