Bolligen - Bolliger Gemeinderat im Gegenwind

Die vom Gemeinderat geplante Abschaffung der Geschäftsprüfungskommission stösst auf Kritik.

Simon Wälti, Der Bund

Reorganisation der Zuständigkeiten, Anpassung der Organisationsstruktur – diese Stichworte klingen eigentlich unverfänglich. Aber es gibt einen Punkt in den Plänen des Gemeinderats, der in der Mitwirkung auf starke Ablehnung gestossen ist. Der Gemeinderat will nämlich bei der Neuregelung der Kommissionen die bisherige Geschäftsprüfungskommission (GPK), die an der Urne gewählt wird, auf die nächste Legislaturperiode ab 2017 abschaffen. Stattdessen schlägt der Gemeinderat eine Finanzkommission vor, die von ihm selber nach Parteienproporz gewählt würde.

«Die GPK braucht es wegen ihrer Aufsichtsfunktion und ihrer politischen Abstützung weiterhin als Organ der Gemeinde», sagt SP-Präsident Thomas Zysset. Das sei aber nicht als Misstrauensvotum gegen den Gemeinderat zu verstehen. Als Unterstützung für den Ressortvorsteher Finanzen könne zusätzlich eine Finanzkommission gebildet werden. Die FDP fordert einen sofortigen Übungsabbruch, die Änderungen seien entweder falsch oder nicht nötig. Die GPK dürfe nicht abgeschafft werden. Sie «ist das einzige Organ, das bereichsübergreifend in die Geschäfte der einzelnen Ressorts, in die Gemeindeversammlungs-Vorlagen und in den Gang der Verwaltung Einblick nehmen kann», schreibt die FDP.

Volkswahl als Bedingung

Die BDP ist nicht grundsätzlich gegen die Einführung einer Finanzkommission im Rahmen der Teilrevision der Gemeindeverfassung von Bolligen. «Es kann jedoch nicht sein, dass der Kommission die Flügel gestutzt werden und dass sie keine eigentliche Prüfung der Entscheide mehr vornehmen kann», sagt BDP-Präsident Martin C. Kaufmann. Die Finanzkommission müsse vom Volk gewählt sein und sowohl den Finanzplanungsprozess beeinflussen wie auch Prüfungen der finanzpolitischen Auswirkungen über die Ressorts hinweg vornehmen können. Kaufmann stellt sich auch die Frage, ob sich der Gemeinderat mit der Abschaffung der GPK Kritik vom Leibe halten wolle. Die SVP ist nicht gegen die Abschaffung an sich, will aber die Finanzkommission wie die BDP durch das Volk wählen lassen.

Klare Worte wählt der frühere SVP-Gemeindepräsident Hermann Bigler. «Wenn die GPK abgeschafft wird, ist das wirkungsvollste, von Gemeinderat und Verwaltung unabhängige Kontrollorgan zerstört», schreibt er in seiner Eingabe zur Mitwirkung. Eine vom Gemeinderat gewählte Finanzkommission sei dagegen als Kontrollorgan «unbrauchbar».

«Prinzip von Check and Balance»

Auch die bestehende GPK hat sich an der Mitwirkung beteiligt, sie spricht sich gegen ihre eigene Abschaffung aus. «Im Sinne des Prinzips von Check und Balance ist es wichtig, ein Organ zu haben, das eine finanzpolitische Prüfung der Geschäfte vornimmt», sagt GPK-Präsident Hans Flury (SP). Bei einer Gemeinde wie Bolligen mit einer Grösse von rund 6000 Einwohnern und zwei Gemeindeversammlungen pro Jahr sei die Machtfülle des Gemeinderats relativ gross. Die Wahl durch das Stimmvolk verschaffe der GPK eine grössere Legitimation und Unabhängigkeit. Vorteil einer Finanzkommission wäre allerdings, dass sie früher einbezogen werden könnte. In der Vergangenheit sei die GPK verschiedentlich vom Gemeinderat vor ein «fait accompli» gestellt worden. Die Information sei erst kurz vor der Gemeindeversammlung erfolgt, sodass eine Einflussnahme kaum mehr möglich gewesen sei, sagt Flury.

Die Kritik komme nicht überraschend, sagt Gemeindepräsident Rudolf Burger (Bolligen Parteilos). «Es war klar, dass die Änderung umstritten sein wird.» Es sei allerdings nicht die Absicht des Gemeinderats, seine eigenen Machtbefugnisse zu vergrössern. Die GPK habe den Nachteil, dass diese erst nach dem Beschluss des Gemeinderats ins Spiel komme. Die Finanzkommission könne sich früher einschalten. Ob der Gemeinderat seine Vorschläge betreffend GPK nach der Kritik noch abändern wird, ist offen. Die Reorganisation wird der Gemeindeversammlung im nächsten Jahr vorgelegt.


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Erstellt: 01.11.2014
Geändert: 01.11.2014
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