Bolligen - 500-jährige Bolliger Glocke erhält eine Auffrischung

Und plötzlich hat es nur noch gescheppert: Die Viertelstundenglocke der Kirche Bolligen hat einen Riss und muss geschweisst werden. Ein aufwändiges Verfahren.

Lisa Stalder, Der Bund

Befinden sich die Glocken der Bolliger Kirche im vollen Geläut, hört das geschulte Ohr die vier Töne E, Gis, H und Cis heraus. Im Moment ertönen allerdings nur drei Töne. Nachdem die Gis-Glocke während einiger Wochen gescheppert hatte, wurde sie Anfang Monat abgeschaltet.

Der Grund für das Scheppern ist ein Riss, der sich in der 800 Kilogramm schweren Glocke gebildet hat. Nicht nur beim vollen Geläut fehlt die Gis-Glocke, auch der Viertelstundenschlag, der jeweils im Zusammenspiel mit der H-Glocke erfolgt, fällt derzeit aus. Für die Kirche Bolligen ist das eine kleinere Katastrophe: Denn die gis-Glocke stammt aus dem Jahr 1489 und ist somit die älteste der vier Bolliger Glocken.

Entsprechend gross sei der Wunsch, die Glocke so schnell als möglich wieder in Betrieb zu nehmen, sagt Fritz Vogt, im Kirchgemeinderat für Betrieb und Bau zuständig, auf Anfrage. Ein Anfang ist bereits gemacht: Letzte Woche hätten Experten von der kantonalen Denkmalpflege die Glocke untersucht und festgestellt, dass sich der Schaden reparieren lasse.

Der Klang wird sanfter

Einfach ist das Verfahren indes nicht: Damit die Glocke künftig wieder rein klingt, muss der Sprung geschweisst werden. Dafür müsse die Glocke während einiger Stunden auf rund 450 Grad erhitzt werden, sagt Matthias Walter, der bei der kantonalen Denkmalpflege als Glockenspezialist amtet. Erst dann werde Bronze eingeschweisst, um die beschädigte Stelle zu flicken. Bis die Glocke wieder in Betrieb genommen werden könne, müsse sie während mehrerer Tage trocknen.

Gemäss Walter gibt es europaweit lediglich zwei Firmen, die auf das Schweissen von Glocken spezialisiert seien. Eine befinde sich in Holland, die andere in Bayern. Die Bolliger Glocke wird laut Vogt voraussichtlich in Bayern wieder auf Vordermann gebracht. Nach der aufwändigen Prozedur, dürfte die Glocke bei guter Läutetechnik wieder «mehrere Hundert Jahre» halten, wie Walter sagt. Und: Am Klang sollte sich nichts wesentlich verändern. Im Gengenteil: «Meist tönen die Glocken nach einer Sanierung homogener.»

Noch fast komplizierter als das Schweissverfahren sind die Vorbereitungen. Damit die über 500-jährige Glocke überhaupt nach Deutschland gebracht werde kann, muss sie erst aus dem Kirchturm gehievt werden. Dafür werde voraussichtlich ein Autokran zum Einsatz kommen, sagt Fritz Vogt.

Die Glocke sei zwar klein genug, als dass sie durch die Laubefenster aus dem Turm genommen werden könne. Allerdings komme sie nicht an der Stundenglocke, der grössten der vier Glocken, vorbei, so Vogt. Das heisse, dass zuerst die grosse E-Glocke aus der Halterung genommen werden müsse, damit die beschädigte Gis-Glocke entfernt werden könne. Ob die Stundenglocke danach wieder aufgehängt werde, sei noch nicht entschieden. Geht es nach Vogt, würde die grosse Glocke wieder in Betrieb genommen, auch wenn dafür «ein paar tausend Franken zusätzlich» ausgegeben werden müssten.

Aber Bolligen solle nicht zu lange ohne Glockengeläut auskommen müssen, sagt Vogt. Denn offenbar haben sich die Bolligerinnen und Bolliger an die Glockenschläge gewöhnt: Seit die Viertelstundenschläge abgestellt wurden, seien beim Kirchgemeinderat zahlreiche Reaktionen eingegangen: «Viele Leute sagten uns, dass sie die Glockenschläge bereits vermissen.»

Denkmalpflege beteiligt sich

Für die Sanierung der alten Glocke muss die Kirchgemeinde Bolligen tief in die Tasche greifen. Eine erste Offerte geht von Kosten in der Höhe von 40 000 Franken aus. Die Kirchgemeinde kann allerdings damit rechnen, dass sich die kantonale Denkmalpflege an den Kosten beteiligen wird. Wie hoch die Unterstützung ausfallen wird, ist derzeit noch unklar, wie Vogt sagt. Ein entsprechendes Gesuch sei aber bereits eingereicht worden. Auch wann die Sanierung über die Bühne gehen wird, ist derzeit noch nicht bekannt. Die bayrische Firma habe angetönt, die Reparatur erst im September angehen zu können.

Es komme immer wieder vor, dass alte Glocken Risse bekämen und saniert werden müssten, sagt Glockenexperte Walter. Während es in den 1950er- und 60er-Jahren gang und gäbe war, die alten Glocken durch neue zu ersetzen, stehe heute die Sanierung im Vordergrund. Meist reiche es aber, wenn nur der Klöppel ersetzt werde, sagt Walter.


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Erstellt: 17.04.2015
Geändert: 17.04.2015
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