Bleiken/Steffisburg - "Okay, me mues e chli e Flick furt ha"
Sie investieren einen guten Teil ihrer Freizeit ins Training für Lauf- und Velowettkämpfe der härteren Art. Jetzt wollen Iwan Graf aus Bleiken und Hanspeter Ryf aus Steffisburg das höchstgelegene Ziel Europas erreichen.
Das Gewaltsrennen besteht aus fünf Teilen: einer Velostrecke von 38,6 Kilometern Länge, einer ersten Mountainbikeschlaufe von 28,3 Kilometern Länge, einer ersten Laufstrecke von 16 Kilometern Länge, der zweiten Bikeschlaufe von 32,1 Kilometern Länge und zum Schluss dem 11,9 Kilometer langen Aufstieg zu Fuss auf den Corvatsch; die Organisatoren preisen die Zielankunft als die höchste in Europa an. «Okay, me mues e chli e Flick furt ha», gesteht Iwan Graf. Nein, er und sein Compagnon sind keine, die sich selber und ihre sportlichen Aktivitäten allzu ernst nehmen. «Wir wollen ankommen», sagt der 46-jährige Hanspeter Ryf, «aber die Rangliste spielt keine Rolle.» Sein 41-jähriger Kollege ergänzt: «Wenn ich bei einem Rennen zum zweiten Mal an den Start gehe, bin ich happy, wenn ich schneller bin als im Vorjahr.»
Und trotzdem: Ryf und Graf betonen, sie seien nur Hobbysportler. «Wir dürfen am Abend vor dem Rennen noch eine Glace schlecken», sagt Hanspeter Ryf. Auch wenn sie derzeit sehr wohl auf ihre Ernährung achten: «Wir rennen nicht mit dem Kalorienmessgerät durchs Leben.» Ebenso wenig halten sie sich an einen strikten Trainingsplan. «Jeder von uns verbringt fünf bis zehn Stunden die Woche mit Laufen, auf dem Mountainbike oder auf dem Rennvelo», sagt Iwan Graf, «oft sind wir gemeinsam unterwegs.» Die Route legen sie meistens spontan fest, so wie am Abend, an dem das Gespräch für diesen Bericht geführt wird. «Man hat so viel Auswahl hier», sagt Graf und blickt von der Terrasse im Lehn in Bleiken in Richtung Alpenpanorama. Aeschlenalp, Honegg, Blueme – das seien nur einige der Orte, die als Trainingsziele am Feierabend bestens geeignet seien.
Liebe zu Sport und Natur treibt an
Bei aller Spontanität ist den beiden Familienvätern aber doch anzumerken, dass sie ihr ambitioniertes Vorhaben durchaus seriös angehen. Am Samstag des Auffahrtswochenendes simulierten Graf und Ryf den Alpinathlon in einer Kurzfassung: Zuerst gings mit dem Rad nach Erlenbach, dann joggend aufs Stockhorn, nach der Talabfahrt wieder mit dem Rad nach Mülenen, joggend auf den Niesen, nach der Talabfahrt mit dem Rad und dem Schiff in die Beatenbucht, joggend aufs Niederhorn und dann mit dem Rad wieder heim nach Hause. «Anschliessend ging es zum gemeinsamen Grillen», wie Graf mit einem Augenzwinkern erklärt.
Gross leiden müssen sie beide am Tag nach einem solchen Training oder Wettkampf nicht, betonen sie. «Radfahren ist ideal als Ausdauersport», sagt Hanspeter Ryf, fügt dann aber doch an: «Zumindest mit dem Mountainbike. Lange Fahrten im Rennvelosattel spürt man am nächsten Tag unter Umständen schon.» Letztlich sei es die Liebe zum Sport, zur Natur und zum Erlebnis, die sie antreibe. «Wenn ich nicht Zeit hätte, die beeindruckenden Landschaften, die wir bisweilen passieren, wahrzunehmen und zu geniessen, würde ich solche Sachen nicht machen», sagt Iwan Graf – gesteht dann aber doch ein: «Es gibt in jedem Rennen eine Phase, in der ich mich frage, warum ich mir das antue.»
Wer glaubt, nach dem Rennen auf den Corvatsch seien die beiden Männer, denen eine Teilnahme am Gigathlon oder am GP von Bern schon zu «normal» ist, am Ziel ihrer Träume angelangt, täuscht sich freilich. «Letztes Jahr absolvierten wir aus Anlass meines 40.Geburtstages das achttägige Mountainbikerennen Transalps von Deutschland nach Italien», sagt Iwan Graf. «Jetzt sparen wir, um 2016, wenn Hanspeter 50 wird, am Transrockys in den USA oder am Cape Epic in Südafrika teilnehmen zu können – zwei vergleichbare Rennen in Übersee.» Zuerst gehts jetzt aber hier in die Höhe: am Alpinathlon am 21.Juli. «Ich war noch nie im Engadin biken und war noch nie auf dem Corvatsch», sagt Hanspeter Ryf. «Ich freue mich riesig.»