Keine Enteignung für Verkehrsinsel: Gericht gibt Bigler Unternehmer recht
Der Kanton wollte in Biglen eine Verkehrsinsel bauen und dafür ein Stück Parkplatz enteignen. Das Verwaltungsgericht hat nun gegen den Kanton und für den Bigler Unternehmer Markus Streitl entschieden.
Das Verwaltungsgericht hat sich mit einer Strassensanierung in Biglen befasst. Wie die Berner Zeitung BZ schreibt, möchte der Kanton den Fussgängerstreifen direkt vor Markus Streitls Unternehmen mit einer Mittelinsel sicherer machen Dazu müsste die Rohrstrasse um knapp zwei Meter verbreitert werden. Der Kanton müsste Streitl dafür 63 Quadratmeter Land abnehmen, ihn also enteignen.
Enteignung muss "verhältnismässig sein"
Ein solcher Eingriff ist gemäss Bundesverfassung nur zulässig, wenn er "verhältnismässig" ist. Das heisst: Nur mit guten Gründen kann ein Grundeigentümer zum Verkauf seines Landes an die öffentliche Hand gezwungen werden. Dafür braucht es im Einzelfall eine komplizierte Interessensabwägung. Diese ist laut Streitl in seinem Fall nicht korrekt abgelaufen.
Durch die Versetzung des Trottoirs würde Streitls Unternehmen gemäss eigenen Aussagen einen Parkplatz verlieren, den es unbedingt braucht. Wie die Berner Zeitung weiter schreibt, musste Streitl diese Parkplätze beim Kauf der Liegenschaften vor rund zehn Jahren wegen kantonalen Auflagen verlegen, was ihn viel Geld gekostet habe.
Mittelinsel oder 100 Meter Sichtweite?
Dass der Strassenabschnitt sicher sein muss, ist unbestritten. Entlang der Strasse verläuft ein Schulweg, dereinst soll in unmittelbarer Nähe eine Bushaltestelle entstehen. Heute passieren täglich etwa 5300 Fahrzeuge den Abschnitt. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 50 Kilometer pro Stunde. Die Frage war: Werden der Ort und der heutige einfache Zebrastreifen mit einer zusätzlichen Mittelinsel tatsächlich sicherer?
Gemäss Verwaltungsgericht hat bei Fussgängerstreifen die Sichtweite zwischen Autos und Fussgänger*innen "höchste Priorität" - innerorts sollten es 100 Meter sein. Genau so viel beträgt aktuell die Sichtweite an der Rohrstrasse. Nach der Verbreiterung wären es laut Streitl nur noch 55 Meter, weil ein Nachbargebäude dann die Sicht einschränken würde.
Varianten wurden ungenügend abgeklärt
Gemäss dem Entscheid des Gerichts müsste deshalb auch das Belassen des Streifens, so wie er ist, geprüft werden, zumal es keine konkreten Hinweise gebe, dass die bisherige Situation unsicher sei. Auch die Gemeinde hat demnach ausgesagt, die Sicherheit könne auch mit weniger drastischen Massnahmen gewährleistet werden. Eine Ampelanlage, so der Vorschlag Streits, wurde vom Kanton aus Kostengründen verworfen.
Das Verwaltungsgericht kam zum Schluss, dass der Kanton es unterlassen habe, eine umfassende Interessensabwägung vorzunehmen und die möglichen Varianten einander mit Vor- und Nachteilen gegenüberzustellen. Es hiess die Beschwerde von Markus Streitl deshalb teilweise gut.
"Verwaltungsgericht hat immer recht"
Gegenüber der BZ äusserte sich Regierungsrat Christoph Neuhaus persönlich, obwohl er das Urteil nicht im Detail studiert habe: "Es ist gängige Praxis und die generelle Erfahrung, dass eine Mittelinsel für die schwächsten Verkehrsteilnehmenden zusätzliche Sicherheit bringt." Das Urteil werde der Kanton wahrscheinlich trotzdem nicht weiterziehen, da das Verwaltungsgericht "ja eigentlich immer recht [hat], auch wenn es einmal nicht recht haben sollte."
Die kantonale Verwaltung muss die Frage nun neu beurteilen. Für Markus Streitl bedeutet das, dass er seinen Parkplatz vorerst behalten kann.