Biglen - Katz-und-Maus-Spiel von links- und rechtsextremen Gruppen

Am Samstag hat in Biglen eine linksextreme Gruppe gegen rechte Gewalt demonstriert. Eine Woche zuvor wurde ein jugendlicher Autonomer bei einem Angriff Rechtsextremer verletzt.

Bruno Zürcher / Wochen-Zeitung
«Biglen bunt statt braun», lautete das Motto einer unbewilligten Kundgebung, die mittels Flugblätter angekündigt wurde. Rund 80 Jungendliche und junge Erwachsene haben am Umzug durch das Dorf Biglen teilgenommen. Die Kantonspolizei Bern überwachte die Demonstration, ohne je eingreifen zu müssen.

Anlass zum Umzug der linken Szene gab die gewaltätige Auseinandersetzung vom 2. Mai. Wie Kantonspolizei Bern damals mitteilte, wurde eine Gruppe Linksextremer beim Bahnhof in Biglen von zehn bis 15 Angehörigen der rechten Szene «erwartet», worauf es zu Schlägereien kam.

Ein 16-jähriger Angehöriger der linken Szene wurde dabei verletzt. Ein zweiter Grund für die Präsenz der linken Szene ist, dass eine Person aus dem Umfeld der Partei National Orientierter Schweizer, PNOS, in Biglen wohnt.

Typisches Verhalten

Dass nun die linke und rechte Szene um die Vorherrschaft in einer Region «kämpfen», überrascht Hans Stutz, Beobachter der rechtsextremen Szene, nicht. «Das geschieht meist in jenen Gegenden, wo beide Seiten in der Öffentlichkeit präsent sein wollen.»

Die rechtsextreme Szene sei im Kanton Bern vor allem in drei Regionen aktiv, sagt Stutz: Im Berner Oberland, Langenthal und im Raum Burgdorf-Emmental. «Während der rechtsextremen Szene vor allem Menschen mit groben Handwerksberufen angehören, setzt sich die Antifa vor allem aus Studenten und Jugendlichen, die weiterführende Schulen besuchen, zusammen», erklärt Hans Stutz.

«Es muss davon ausgegangen werden, dass sich die gegenseitigen Provokationen fortsetzen und sich aus der Situation heraus Gewaltexzesse entwickeln können», schätzt die zuständige Stelle der Kantonspolizei die Situation im Kanton Bern ein. Vor allem schlecht organisierte Cliquen der rechtsextremen Szene seien nach wie vor sehr gewaltbereit.

Rechtextreme im Fokus Linksextremer

Die linksextreme Szene werde auch in Zukunft ihre Kontrahenten der rechtsextremen Szene im Fokus behalten und bemüht sein, diesen hier und da ein Schnippchen zu schlagen.

In Biglen und den umliegenden Gemeinden werden seit mehreren Jahren Aktivitäten links- und rechtsextremistischer Gruppen registriert. Wie Walter Staub, Leiter der Jugendfachstelle Konolfingen, erklärt, fühlten sich vor allem Jugendliche von solchen Gruppen angezogen, die über eine mangelhafte Sozialkompetenz verfügten, schlechte Zukunftsaussichten hätten sowie solche, die nach Halt und Führung in einer Gruppe suchten. Als Prävention werde in den Schulen Rassismus thematisiert, sagt Staub. Hilfe biete unter anderen die Beratungsstelle «gggfon».

Weniger Zusammenstösse

Wie viele Personen gehören schweizweit der links- und rechtsextremen Szene an?
Bei der rechtsextreme Szene besteht der harte Kern aus zirka 1300 Personen, denen noch um 600 Mitläufer zuzurechnen sind.

Die linke Szene besteht aus einer Vielzahl ideologisch unterschiedlicher Gruppen mit etwa 2000 Zugehörigen. Hierbei sind Sympathisanten des Schwarzen Blocks, die ereignisbezogen dazu stossen, nicht berücksichtigt.

Wie entwickeln sich die beiden Szenen?

Eine bedeutende Rolle innerhalb der rechtsextremen Szene spielen nach wie vor Musik und das Internet. Zudem zeigt sich, dass die Szene selbstbewusster auftritt.

Bei der linksextremen Gruppen dominiert der Kampf gegen den «Faschismus», wobei der Trend zur Gewaltanwendung ungebrochen ist. Linksextremismus ist ein Sammelbegriff für Kommunismus, Marxismus, Leninismus, Teile des Sozialismus und Anarchismus. Gemeinsam ist ihnen das Ziel, den Kapitalismus zu zerschlagen.

Gibt es mehr gewaltsame Ausein­andersetzungen zwischen den beiden extremistischen Bewegungen?

In den Jahren 2007 und 2008 nahm die Zahl der gewalttätigen Konfrontationen zwischen Rechts- und Linksextremen ab. Es ist noch unklar, ob dieser Trend anhält oder ob es sich um eine statistische Schwankung handelt. Seit dem Jahr 2006 spielt in der Schweiz das Internet zusätzlich eine Rolle bei den Konfrontationen: Links- wie Rechtsextreme dringen in die Netzwerke der Gegenpartei ein. Zum Teil werden auch elektronische Daten manipuliert.

Stellen diese Gruppen eine Gefahr für die Gesellschaft dar?

Sie bedrohen die innere Sicherheit der Schweiz nicht allgemein, beeinträchtigen aber punktuell und lokal die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit.

Wie sollen sich Eltern verhalten, wenn sie Verdacht schöpfen, dass ihre Kinder, in solchen Kreisen verkehren?

Sie sollen das Gespräch mit ihren Jugendlichen suchen und versuchen die Attraktivität des Extremismus zu mindern. Hilfe bietet die Aktion «Gemeinsam gegen Gewalt und Rassismus» (Tel. 031 333 33 40). Die Stelle richtet sich an Personen, die aus der extremistischen Szene aussteigen möchten, aber auch an Opfer solcher Gewalt.

Die Angaben stammen von der Direktion «Dienst für Analyse und Prävention» beim Bund sowie von der Kantonspolizei Bern.

Ein Artikel aus der

www.biglen.ch

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Erstellt: 14.05.2009
Geändert: 14.05.2009
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