Biglen - Die Unterländer im Oberland

Der Talkessel hinter der Lenk ist weitläufig, und er gehört den Unterländern. Auf der Iffigenalp haben Bauern aus Biglen und Umgebung das Sagen – Willi Schwarz ist seit 25 Jahren ihr Senn.

Stephan Künzi

Es ist ein Stück Emmental mitten im Berner Oberland. Über stolze 435 Hektaren Weideland und 30 Hektaren Waldweide erstreckt sich die Iffigenalp im Hinterland der Lenk. Sie umfasst den ganzen Talkessel, der oberhalb des imposanten Iffigenfalls beginnt, von felsigen Gipfeln umrahmt wird und sich in den gerölligen Höhen hinter dem Iffigsee verliert. Im Süden macht der Rawilpass die Grenze zum Wallis, im Gebiet stehen zwei SAC-Hütten und eine Luftseilbahn der Armee – diese Landschaft also gehört der Iffigenalpgenossenschaft Biglen. Unterländern also, genauer eben Emmentalern.


Schon seit 1923 ist das so, und noch lange fuchste es manchen Oberländer, dass vor 89 Jahren Auswärtige das Rennen um die stattliche Alp machten. Die Lenker waren allerdings, so sagt es die Überlieferung, selber schuld. Sie hatten dem vormaligen Besitzer, einem Deutschen, das Bürgerrecht verweigert. Dieser fuhr prompt eine Retourkutsche und verkaufte an die Bauern aus Biglen und Umgebung.

Ein zweiter Senn

Willi Schwarz ist Bauer in Boltigen und jeweils von Juni bis September Senn auf der vorderen Iffigenalp. Seit 25 Jahren ist das so, und dafür haben ihn die 98 Genossenschafter Anfang Jahr geehrt. 32 von ihnen sömmern auch heuer wieder ihre Gusti und Kälber hier oben, rund 130 Stück sind es diesmal. Dazu kommen die Rinder, Kälber und Kühe, die Willi Schwarz gehören. Über 170 Tiere stehen in seiner Obhut.

Noch einmal fast so viel Vieh verbringt die warme Jahreszeit eine Dreiviertelstunde zu Fuss entfernt auf der hinteren Iffigenalp, auf der ein zweiter Senn arbeitet. Die höher gelegenen Weiden am Iffigsee und Rawilpass sind von Schafen bevölkert.

Seit Kindsbeinen vertraut

Auf der vorderen Iffigenalp verarbeitet Willi Schwarz die Milch seiner Kühe gleich vor Ort. Tag für Tag entstehen so ein 12 bis 13 Kilo schwerer Laib Alpkäse sowie bis zu sechs Mutschli. Die Produkte vermarktet er direkt in der Sennhütte und profitiert davon, dass die Iffigenalp von den Touristen gerne besucht wird. Sie ist Ausgangspunkt zahlreicher Wanderungen und von der Lenk her bequem mit Auto oder Linienbus erreichbar. Dass am Ende der Strasse eine Beiz mit einfachen Zimmern steht, macht die Alp noch attraktiver. Dieses Berghaus gehört ebenfalls der Genossenschaft und ist verpachtet.

Meist ist Willi Schwarz am Mittag fertig mit Käsen. Dann stehen im Gelände, das trotz Aufteilung in eine vordere und hintere Alp immer noch weitläufig ist, vielfältige Arbeiten an. Er sei pro Tag sicher zweieinhalb bis drei Stunden unterwegs, erzählt er. Seis, um die verstreute Herde zu kontrollieren, seis, um die Weiden zu pflegen – regelmässig rückt er auch aus, um die Tiere in den Stall zu treiben. Wenn sie nicht von selber kommen. Er kenne das Gebiet mittlerweile in- und auswendig, fährt Willi Schwarz fort. Und erinnert daran, dass hier schon sein Vater und sein Grossvater Sennen waren, er also mit der Alp seit Kindsbeinen vertraut ist: Das sei ein grosser Vorteil, nicht zuletzt auch für die Eigentümer.

Die Reise ist weit

In Biglen streicht derweil Genossenschaftspräsident Beat Schüpbach den Wert hervor, den die Iffigenalp für ihn und seine Kollegen nach wie vor hat. Obwohl die Zeiten auch in der Landwirtschaft hektischer geworden sind. Und obwohl die Reise ins Oberland weit und der Aufwand nicht unbeträchtlich ist, zumal der Genossenschaft nahe Zweisimmen auch ein paar Voralpen gehören, auf denen die Tiere vor und nach der Zeit auf der Iffigenalp je drei Wochen Halt machen.

Für die Genossenschafter bedeutet das, dass sie ihr Vieh statt an zwei Tagen gleich an vier Tagen im Jahr hin- und herführen müssen. Aber eben: «Unsere Betriebe sind so ausgerichtet, dass wir die Gusti im Sommer weggeben können.»


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Erstellt: 09.08.2012
Geändert: 09.08.2012
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