Bettina Gerber: «Es wird keine Tempo-30-Schilder geben in Oberdiessbach»

Hat Oberdiessbach am Montagabend Geschichte geschrieben? Das Dorf mit 3572 Einwohnerinnen und Einwohnern wehrt sich gegen Tempo 30. An der Gemeindeversammlung wurde der 30er mit 64 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt. Wir wollten von der Gemeindepräsidentin wissen, wie es weitergeht.  

Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch

Das Stimmverhältnis war deutlich an der Gemeindeversammlung in Oberdiessbach. Die Vorlage zu Tempo 30 auf der Hauptstrasse wurde mit 311 zu 175 Stimmen abgelehnt (64 % Nein zu 36 % Ja).

 

Die zweite Abstimmung zu Tempo 30 in den Quartieren - also im Dorf - wurde mit 287 zu 198 Stimmen bachab geschickt (60 % Nein zu 40 % Ja). Die Stimmbeteiligung an der Gemeindeversammlung betrug 18 Prozent. Der Ton war anständig und sachlich, Buh-Rufe blieben aus.

 

BERN-OST: Am Montagabend wurde während vier Stunden diskutiert, abgestimmt und ausgezählt. Wie hat sich das angefühlt?

Bettina Gerber: Es war schon eine Anspannung da, wir wussten, dass viele Leute kommen. Ich bin froh, konnten wir Platz schaffen und, dass es mit Ton und Bild geklappt hat. Jetzt haben wir zwei klare Ergebnisse, die wir respektieren.

 

Die Bevölkerung hat zwei Mal gegen den Gemeinderat gestimmt.

Das mit der Kantonsstrasse haben wir so erwartet. Was ich schade finde, ist, dass die Temporeduktion im Dorf gescheitert ist. Wir müssen etwas für die Schulkinder machen, beim Spital, beim Altersheim und auch beim Bahnhof, da kommen wir nicht drumherum. Ich weiss, dass jeder Autofahrer sein Tempo den Verhältnissen anpassen muss. Da hoffe ich, dass wir einen guten Weg finden, dass dies miteinander geht und nicht gegeneinander.

 

Aber die Abstimmung über Tempo 30 im Dorf heisst, auch beim Schulhaus und beim Altersheim kommt kein Tempo 30.

Ja, so ist es. Es wird keine Tempo-30-Schilder geben in Oberdiessbach.

 

Wie geht es weiter mit dem Kanton, waren die hier im Saal?

(Lacht) Der Kanton hat den Ticker auf BERN-OST gelesen. Wir werden uns austauschen. Mir hat man gesagt, dass das Projekt in die Schublade wandert. Aber der Kanton ist unterhaltspflichtig, die Strasse hat es nötig.

 

Heisst das, die Hauptstrasse bleibt eine Buckelpiste? Die Abstimmung war lediglich konsultativ. Kann der Kanton sagen, die Abstimmung interessiert uns nicht und trotzdem Tempo 30 einführen?

Ja, das ist möglich, in dem Fall müsste dann wohl das Bernische Verwaltungsgericht entscheiden, wie es weitergeht.

 

Verstehen Sie, warum die Tempo-Frage so viel auslöst?

Es geht um die persönliche Freiheit, um das Recht, 50 zu fahren. Wir haben im Dorf Lastwagenunternehmer, wir haben Gewerbe und Bauern, wir sind ein wenig ländlicher als andere Ortschaften. Einen Glaubenskrieg sehe ich persönlich nicht.


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Erstellt: 12.06.2024
Geändert: 12.06.2024
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