Bern-Belp - "Der Südanflug kann nicht verhindert werden"

Rubigens Gemeindepräsident Renato Krähenbühl (BDP) verlangt bessere Verteilung der Lärmbelastung.

Adrian Schmid, "Der Bund"
Herr Krähenbühl, wie schlimm ist die Fluglärmbelastung in Rubigen?
Dies ist von der Jahreszeit abhängig. Im Winter wird der Lärm subjektiv als weniger schlimm wahrgenommen – im Vergleich zum Sommer, wenn die Leute die Fenster geöffnet haben. Tendenziell hat der Fluglärm in den letzten Jahren eher abgenommen. Aber wir sind natürlich betroffen.

 

Brächte der Südanflug noch mehr Linderung?

Damit rechnen wir. Bei einer bestimmten Wetterlage fliegen die Flugzeuge heute in einer Höhe von 300 Metern einen Kreisel über Rubigen. Wenn das sogenannte Circling-Verfahren durch den Südanflug ersetzt würde, wäre Rubigen deutlich weniger vom Fluglärm betroffen. Die Maschinen flögen nicht mehr direkt über das Dorf.

 

Hat der Gemeinderat deshalb entschieden, auf eine Einsprache gegen den Südanflug zu verzichten?

Ja. Der Rubiger Gemeinderat steht grundsätzlich hinter dem Flugplatz. Dieser ist als Wirtschaftsfaktor akzeptiert. Er bringt viele Vorteile. Deshalb muss man auch einen gewissen Fluglärm in Kauf nehmen. Dieser sollte aber nicht nur zulasten von Rubigen gehen.

 

Im Aaretal laufen die Leute allerdings Sturm. Es hat Einsprachen gegen den Südanflug gehagelt (siehe unten). Wie haben Sie dies aufgenommen?

Mit gemischten Gefühlen. Einerseits haben wir Verständnis dafür, dass sich die Leute gegen mehr Fluglärm wehren. Andererseits dünkt es uns schon eigenartig, dass man sagt: Rubigen soll den Lärm haben, wir wollen ihn nicht. Man muss die Belastung regional verteilen.

 

Musste Rubigen bislang zu viel Fluglärm hinnehmen?

Im Vergleich zu anderen Gemeinden schon. Es geht beim Südanflug nicht um Tausende von Flügen. Zehn Landungen pro Tag sind unserer Meinung nach verkraftbar.

 

Gibt es nebst der Verteilung der Lärmbelastung noch andere Aspekte, die Ihrer Meinung nach für den Südanflug sprechen?

Der Sicherheitsaspekt ist in der Diskussion bislang zu kurz gekommen. Beim Südanflug fliegt man über deutlich weniger bebautes Gebiet. Bei einer Katastrophe wären die Folgen weniger schlimm als heute, wo bebautes Gebiet überflogen wird. Natürlich hoffen wir, dass dies nie passiert. Aber die Gegner blenden die Sicherheit aus.

 

Die Einsprachen kommen vor allem aus dem Aaretal und der Region Thun. Eine weitere kommt aus Sumiswald, das 25 Kilometer – Luftlinie – vom Flughafen entfernt ist.

Wir haben das mit einem gewissen Schmunzeln zur Kenntnis genommen. Ich erhoffe mir, dass die Gemeinden bis nach Sumiswald merken, dass man nicht in einem abgeschotteten Gebiet lebt und Gesamtüberlegungen machen muss. Sumiswald sollte analysieren, wie schlimm die Lärmbelastung tatsächlich ist.

 

55 Gemeindepräsidenten haben sich neulich in Wichtrach getroffen, um über den Südanflug zu sprechen. Waren Sie auch dabei?

Ja. Ich sagte, dass Rubigen voraussichtlich keine Einsprache machen werde. Der Gemeinderat hatte zu diesem Zeitpunkt noch nicht darüber entschieden. Dies wurde akzeptiert. Ich sagte auch, dass wir mithälfen, wenn es Verbesserungsmöglichkeiten gebe. Diese müssten aber fürs Aaretal gesamthaft angeschaut werden.

 

Sie waren an dieser Versammlung wohl der einzige Befürworter.

Als Befürworter war ich tatsächlich ziemlich alleine. Allmendingen und Muri waren meines Wissens nicht vertreten. Die dachten wohl, sie kämen flach heraus.

 

Glauben Sie, dass aufgrund der Südanflug-Diskussion ein Graben zwischen den Aaretaler Gemeinden aufreissen könnte?

Ich gehe davon aus, dass der Südanflug – ungeachtet der Einsprachen – nicht verhindert werden kann. Daher glaube ich nicht, dass ein Graben entstehen wird, obwohl sich Münsingen und Wichtrach pointiert gegen den Südanflug ausgesprochen haben.

 
Nebst dem Südanflug soll der Flughafen Bern-Belp weiter ausgebaut werden. Was halten Sie von diesen Plänen?
Wenn um den Triebwerkstandlaufplatz neue Lärmschutzwände gebaut werden, hat dies positive Auswirkungen. Falls der Ausbau aber ein erster Schritt ist, die Zahl der Flugbewegungen von heute theoretisch 75'000 zu erhöhen, werden wir uns wehren. Das Mass des Erträglichen ist mit der aktuellen Konzession erreicht.
 
 

Südanflug: 300 Einsprachen

 
Zehn Tage nach dem Ende der öffentlichen Auflage für das neue, satellitengestützte Anflugverfahren auf den Flughafen Bern-Belp hat das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) nun den Überblick über die Zahl der Eingaben. Insgesamt seien rund 300 Einsprachen eingereicht worden, heisst es beim Bazl auf Anfrage. Die meisten, über 200, stammen von Privaten. Dazu kommen 31 Gemeinden aus dem Aaretal, der Region Thun und dem Emmental. Auch der Aero-Club der Schweiz, Spartenverbände dieses Clubs, weitere Aviatikgruppen sowie der VCS und der WWF des Kantons Bern haben Einsprache erhoben.

Auf der anderen Seite würde nicht nur die Gemeinde Rubigen durch den Südanflug vom Fluglärm entlastet, sondern auch Allmendingen, Muri und die Stadt Bern.

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Erstellt: 21.02.2014
Geändert: 21.02.2014
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