Belp/Münsingen - Erst fliesst Geld, dann Wasser

Die beiden Gemeinden Belp und Münsingen setzen bei der Entwicklungshilfe auf langfris­tige Projekte und können auf engagierte Leiter zählen. Der Unterschied: das Budget.

Johannes Reichen, Berner Zeitung BZ
Peter Gygax aus Belp ist nicht neidisch: «Das ist doch schön.» Er freut sich, dass die Nachbargemeinde Münsingen jedes Jahr weit über 100'000 Franken für Entwicklungshilfe im Ausland spendet. Gygax selbst, der im ­Auftrag der Gemeinde Belp die Auslandhilfe koordiniert, jongliert mit vergleichsweise wenig Geld. 6000 Franken pro Jahr fliessen aus der Gürbetaler Gemeinde in ferne Länder.

Jeder Franken zählt

Als ehemaliger langjähriger Finanzchef der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) weiss Gygax aber nur zu gut: Jeder Franken zählt. Und vor allem: «Schon mit 1000 Franken kann man in anderen Ländern extrem viel bewirken.»

In den letzten Wochen kündigten gleich beide Gemeinden Neuerungen in der Auslandhilfe an. Anfang Jahr gab Münsingen eine drei Jahre dauernde Zusammenarbeit mit dem Hilfswerk Helvetas bekannt. Damit sei die Finanzierung verschiedener Projekte in Madagaskar sichergestellt. Bis anhin war die Deza die Partnerin.

Zuerst Peru, jetzt Madagaskar

Die Auslandhilfe hat in Münsingen eine grosse Tradition. 1971 entschied die Gemeindeversammlung, dass ein Teil des Gemeindebudgets für die Entwicklungshilfe verwendet wird. Zuerst wurden in Peru die Viehzucht und die Alphabetisierung gefördert, bis unter anderem der Terror der Guerillaorganisation Leuchtender Pfad die Zusammenarbeit erschwerte. Seither wird Madagaskar begünstigt – mit Schwerpunkt Trinkwasser und Siedlungshygiene.

Deshalb hat sich Münsingen vor einigen Jahren der Plattform Solidarit’eau angeschlossen. Mitt­lerweile gehören etwa 130 Schweizer Gemeinden zu diesem Netzwerk und unterstützen Trinkwasserprojekte.

Zum Beispiel engagiert sich Münsingen seit fünf Jahren in einer Gemeinde mit elf Dorfverbünden. Mittlerweile verfügen drei Dörfer über eine Wasserversorgung. «Das Ziel ist es, dass am Ende alle Dörfer mit Wasser versorgt werden», sagt Armon Hartmann. Er ist Präsident der Kommission für In- und Auslandhilfe und war früher ebenfalls in der Entwicklungszusammenarbeit tätig. Für die Koordination vor Ort ist eine Mitarbeiterin mit einem 50-Prozent-Pensum zuständig.

Dank Münsingen fliessen pro Jahr 200'000 Franken in den afrikanischen Inselstaat. Aus der ­Gemeindekasse kommen 111'000 Franken, Helvetas steuert 50 000 Franken bei, den Rest teilen sich die Infrawerke und die beiden Kirchgemeinden. Der hohe Betrag sei allerdings nicht unumstritten, sagt Gemeinderat Christoph Maurer (Grüne). «Darum werden wir auf Sponsorensuche gehen, um das Budget zu ent­lasten.»

Belp: Aktiv in Lateinamerika

Auch Belp hat sich der Plattform Solidarit’eau angeschlossen. «Das ist ein sehr interessantes Projekt», sagt Peter Gygax. «Trinkwasser gewinnt immer mehr an Bedeutung.» Deshalb will sich die Gemeinde in diesem Bereich längerfristig engagieren. Bis jetzt entschied der Gemeinderat jährlich, welche Projekte oder Institutionen unterstützt werden. Nun sind die Projekte auf drei Jahre angelegt. Das wichtigste Kriterium für Gygax ist die Nachhaltigkeit.

Bis 2018 gehen nun jährlich 2000 Franken nach Nicaragua. Damit soll für vier Dorfgemeinschaften der Zugang zu Trinkwasser und Hygienestandards verbessert werden. Weitere 2000 Franken gehen an neun Gemeinden in Guatemala für ein Wasser- und Hygieneprojekt. Dabei kooperiert die Gemeinde mit den Hilfswerken Helvetas, Swissaid und World Vision. Schliesslich gehen jährlich 2000 Franken an syrische Flüchtlinge im Libanon.

Auch Hilfe im Inland

Beide Gemeinden leisten übrigens auch Inlandhilfe. Hier ist es Belp, das den grösseren Beitrag leistet: 14'000 Franken pro Jahr. Münsingen setzt pro Jahr 4000 Franken ein. Das Geld geht seit vielen Jahren in die Berner Oberländer Gemeinde Horrenbach-Buchen.

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Erstellt: 22.02.2016
Geändert: 22.02.2016
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