Bei Rubigen: Pilot verstand die Anweisung nicht

Vor zwei Jahren wären bei Rubigen beinahe ein Flugzeug und ein Helikopter zusammengeprallt. Jetzt liegt der Untersuchungsbericht vor: Der Flugzeugpilot hielt sich nicht an eine Anweisung des Towers.

Johannes Reichen, Berner Zeitung BZ

Am 19. März 2014 ist es in der Nähe des Flughafens Bern-Belp beinahe zu einem Crash gekommen. Involviert waren ein Helikopter der Schweizer Luftwaffe und ein zweiplätziges privates Motorflugzeug. Nun hat die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) den Schlussbericht zur Ursache veröffentlicht.

Laut der Sust hat der Pilot des Privatflugzeugs eine Anweisung des Flugverkehrsleiters nicht verstanden. Er wählte deshalb eine andere Anflugroute als vorgegeben. Deshalb sei er dem Helikopter gefährlich nahe gekommen. Die Sust spricht von einem „schweren Vorfall".

Nur akustisch verstanden

Der Pilot des Leichtflugzeugs startete an jenem Mittwochmorgen in Kägiswil im Kanton Obwalden. Schliesslich näherte er sich vom Gürbetal her dem Flughafen. Dort wurde er um 10.36 Uhr vom Verkehrsleiter angewiesen, den rechten Gegenanflug auf die Piste 14 zu wählen.

Diese Anweisung habe der Pilot zwar korrekt wiederholt, schreibt die Sust in ihrem Bericht von Ende Januar. Doch offensichtlich habe er den Inhalt nicht wirklich verstanden. Denn statt des rechten wählte er den linken Gegenanflug und steuerte nach Nordosten.

Pilot geriet in Stress

Das hätte dem Flugzeugpiloten zum Verhängnis werden können. Denn gleichzeitig näherte sich von Worb her der Militärhelikopter vom Typ Eurocopter EC 635, um ebenfalls in Belp zu landen. Der Flugverkehrsleiter wies den Piloten auf den nahenden Helikopter hin. Dieser quittierte diesen Funkspruch allerdings nicht. Mehr noch: „Er war nach dem Vorfall überzeugt, nie einen Verkehrshinweis über den Helikopter erhalten zu haben", schreibt die Sust.

Dies sei nicht erstaunlich, denn jetzt sei dem Piloten der Irrtum bewusst geworden. Deswegen sei er in Stress geraten. Auch habe er für eine kurze Zeit das Situationsbewusstsein verloren: Er sei zu weit nordöstlich und rund 100 Meter zu tief geflogen.

Helipilot war überrascht

Der Helikopterpilot seinerseits wurde auf weiteren Anflugverkehr aufmerksam gemacht. Kurze Zeit später entdeckte der das Kleinflugzeug. Er sei „von der geringen Distanz überrascht worden", gab der Pilot später zu Protokoll.

Die grösste Annäherung ereignete sich um 10.38 Uhr. Die Maschinen befanden sich zu diesem Zeitpunkt nördlich der Kiesgrube Rubigen. Die Distanz zwischen ihnen betrug 750 Meter und knapp 100 Höhenmeter.

Falsche Erwartungshaltung

Wieso hat der Pilot die Anweisung des Towers zwar korrekt wiederholt, sie aber nicht umgesetzt? Er gab später an, er habe sich auf einen linken Gegenanflug vorbereitet. Doch erst nach dem Vorfall habe er realisiert, dass es gemäss der Sichtanflugkarte auch noch eine zweite Variante über rechts gibt. Diese „falsche Erwartungshaltung" sei die Ursache für den Beinahezusammenstoss, so die Sust.

Dafür kann die Untersuchungsstelle mit grosser Wahrscheinlichkeit einen Fehler ausschliessen, der in der Praxis häufig vorkomme: Dass nämlich ein „rechter" (righthand) Gegenanflug als „rechts der Piste verlaufend" verstanden wird.

Weitere ähnliche Vorfälle

Nebst dem Irrtum des Piloten führt die Untersuchungsstelle allerdings weitere Faktoren auf, die „systemisch" zum Vorfall beigetragen haben: Die unübersichtliche Darstellung auf der Sichtanflugkarte sowie wenig fehlertolerante Verfahren auf dem Flughafen Bern-Belp. Sie erforderten eine „hohe Präzision und Wachsamkeit von allen Beteiligten" und „weisen eine geringe Fehlertoleranz auf".

Der geschilderte Beinahe-Crash ist zudem kein Einzelfall im Belpmoos. Im Untersuchungsbericht wird eine Reihe von vergleichbaren Fällen geschildert, die sich im Lauf der Untersuchung ereignet haben. Allein im Mai 2014 verwechselte viermal ein Pilot einen Gegenanflug oder Endanflug.


Fehler gefunden?
Statistik

Erstellt: 03.02.2016
Geändert: 03.02.2016
Klicks heute:
Klicks total: