Wichtrach - Baugewerbe wirbt um Nachwuchs
Trotz guten Weiterbildungsmöglichkeiten und gutem Lohn scheint das Interesse nach einer Ausbildung in der Baubranche stetig zu sinken. Nun werden Anlässe für Jugendliche organisiert, um die Berufe bekannter zu machen.
Die Baubranche steht vor einem Problem: Viele Lehrstellen drohen in Zukunft nicht mehr besetzt zu werden. Der Bildungsverantwortliche des Kantonal-Bernischen Baumeisterverbands (KBB), Ueli Zurbrügg, sieht dieser Entwicklung mit Sorge entgegen.
Auch wenn in den letzten drei Jahren nur ein leichter Rückgang zu erkennen war, sorgt sich der KBB um die Zukunft der Bauberufe. Vor allem in den Regionen Bern und Seeland ist vermehrt eine rückläufige Tendenz spürbar, während im Oberland und im Emmental die Nachfrage fast gleich bleibt. Die interne Statistik über die neu abgeschlossenen Lehrverhältnisse weist im Jahr 2018 erstmals einen spürbaren Rückgang von neuen Lernenden aus. Vor allem in den Berufen Maurer und Baupraktiker.
«In den Dörfern werden offene Lehrstellen häufig mit Mundpropaganda beworben. Die Ausbildungsbetriebe in der Stadt setzen eher auf Werbung in Form von Plakaten oder auch auf den Onlinenetzwerken», erklärt Zurbrügg den Unterschied zwischen Stadt und Land.
Ein weiteres Problem bilden die geburtenschwachen Jahrgänge. Die Statistik der beruflichen Grundbildung zeigt, dass die Anzahl Lehrverträge in den letzten Jahren stetig abnahmen.
Verband gibt Gegensteuer
Der KBB bietet Schnupperkurse für Interessierte an. Zudem organisiert er Anlässe, bei welchen Schüler auf eine «spielerische und unterhaltsame Art» selber auch mal Hand anlegen dürfen.
Genau ein solcher Anlass fand am Samstag in Wichtrach statt. Als Rahmenprogramm zum Sponsorenlauf des HC Dragon Thun konnten die Hockeyjunioren und -juniorinnen Bauberufe selber testen. Nebst Maurern und Pflästerern stand ihnen auch ein Bagger zur Verfügung. Betreut wurden die Hockeyspieler durch Lernende und Berufsbildner des jeweiligen Berufes. Auch Ueli Zurbrügg war vor Ort und versuchte, die Anwesenden von der Branche zu überzeugen.
Vorurteile beseitigen
Die zunehmende Akademisierung übt einen grossen Einfluss auf das Baugewerbe aus. Viele glauben, dass Akademiker besser verdienen als andere. Aber Barbara Stucki, Kommunikationsverantwortliche des KBB, sieht das anders. Sie spricht auch in der Baubranche von «hohen Einsteigerlöhnen und guten Aufstiegsmöglichkeiten».
Das Angebot für Weiterbildungen ist in den Bauberufen gross. Dank eines nationalen Fonds (Parifonds Bau), in welchen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeden Monat einzahlen, können die Arbeitnehmer kostenfreie Weiterbildungskurse absolvieren. Trotzdem haben die Bauberufe mit Vorurteilen zu kämpfen. «Bauarbeiter sind ungebildete Leute mit dreckigen Hosen, welche am Feierabend ihr tägliches Bier konsumieren» – Barbara Stucki erlebt, dass sich solche Vorurteile bis heute halten. Dies seien alte Klischees, «welche früher vielleicht eher zutrafen, heute aber längst überholt sind».
Der Verband will solche Vorurteile beseitigen. Der KBB will den Jugendlichen sowie auch deren Eltern zeigen, wie vielseitig ein Bauberuf sein kann und welche Möglichkeiten den jungen Berufsleuten nach der Ausbildung zur Verfügung stehen. Denn laut Ueli Zurbrügg ist es das familiäre Umfeld, das die Entscheidung der beruflichen Laufbahn am stärksten beeinflusst.
Physisch anspruchsvoll
Die körperliche Anstrengung sei allerdings nicht zu unterschätzen, was die Jugendlichen vielleicht ein wenig abschrecke, meint Zurbrügg. Er führt dies darauf zurück, dass die jungen Leute von früher sich mehr gewohnt waren, zu Hause mit anzupacken.
Viele üben einen Beruf aufgrund eines Vorbildes aus. Auch die Baubranche setzt auf prominente Persönlichkeiten: Der Skirennfahrer Beat Feuz wie auch der Sänger Luca Hänni haben vor ihrer jetzigen Karriere eine Ausbildung zum Maurer absolviert. Feuz amtet nun als Bauberufe-Botschafter.