Barfestival Wichtrach: Sturzbetrunkener Autofahrer versuchte, Polizisten zu bestechen

Nach einem Barfestival-Besuch machte ein junger Berner zwei Polizisten ein unehrenhaftes Angebot. Die Richterin zeigte Erbarmen.

Adrian Müller, Der Bund

Einen nicht alltäglichen Fall behandelte gestern das Regionalgericht Bern-Mittelland: Im März 2015 fuhr ein damals 28-jähriger Mann mit seinem Wagen an das berühmt-berüchtigte Barfestival Wichtrach. An der Theke «seines» Fussballclubs liess sich der Angeklagte komplett volllaufen – eine Blutuntersuchung ergab später einen Alkoholwert von mindestens 1,75 und maximal 2,25 Promille. Sturzbetrunken setzte sich der Beschuldigte nach der Bartour an das Steuer seines Autos.

Kurze Zeit später stoppte ihn eine zivile Patrouille der Kantonspolizei, nachdem er mit rasanter Geschwindigkeit und ohne zu blinken überholt hatte. Die Polizisten setzten ihn auf die Rückbank des Streifenwagens. Sie beschrieben seinen Zustand vor Gericht als «weinerlich und aufgebracht» – und fragten sich gar, ob der Beschuldigte «geistig behindert» sei. 

5000 Franken «Abfindung»

Der berauschte Kadermann fürchtete offenbar trotz seines benebelten Zustands um Job und Reputation: Er bot laut Anklageschrift den Polizisten je 5000 Franken «Abfindung» an, wenn sie ihn nicht anzeigten. «Wir haben diese Aussage ernst genommen», sagte einer der Polizisten bei der Befragung. Denn kaum sei der Beschuldigte im Polizeiwagen gesessen, habe er bereits von Geld gesprochen.

Bei der Fahrt durch Münsingen erblickte der Angeklagte zwei Geldautomaten. «Darum kam mein Klient erst auf diese unsinnige Schnapsidee, den Polizisten Geld anzubieten», versuchte sein Verteidigter Stefan Rolli Licht ins Dunkel zu bringen. Nüchtern wäre ihm dies nie in den Sinn gekommen. 

Doofer Scherz oder bitterer Ernst: Der springende Punkt bei der gestrigen Verhandlung war denn auch, inwiefern sich der Angeklagte der Tragweite seines Angebots angesichts des Vollrauschs bewusst war. 

Spontane Schnapsidee

Für Einzelrichterin Bettina Bochsler war der Tatbestand des Bestechungsversuchs zwar erfüllt. Trotzdem sprach sie ihn in diesem Anklagepunkt frei: «Es ist bei diesem Promillewert fraglich, ob der Beschuldigte viel nachgedacht hat, als er das Angebot gemacht hat.» Vielmehr sei er wohl spontan auf die Idee gekommen, als er die Geldautomaten erblickt habe. Weiter seien sich die Polizisten offenbar selbst nicht sicher gewesen, wie genau die Aussage gemeint war. So sei der Bestechungsversuch in der Anzeige nur mit einem Satz erwähnt worden. Zudem sei die Schuldfähigkeit wegen des hohen Promillewerts eingeschränkt. 

Der Angeklagte zeigte sich vor Gericht reuig. Er sagte, er könne sich nicht mehr daran erinnern, welchen «Blödsinn» er im Polizeiwagen erzählt habe. «Der Abend war ein Ausreisser. Ich habe kein Alkoholproblem.» Ganz ungeschoren kam der Trunkenbold aber nicht davon: Richterin Bochsler verurteilte ihn wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand zu einer bedingten Geldstrafe von 7650 Franken und einer Busse von 1700 Franken. Seinen Führerschein musste er übrigens für fünf Monate abgeben.


Fehler gefunden?
Statistik

Erstellt: 06.01.2016
Geändert: 06.01.2016
Klicks heute:
Klicks total: