BERN-OST im Gespräch: Steve Koella, wer bist du?
Steve Koella kennt man als Chefbadmeister in Konolfingen. BERN-OST wollte noch etwas mehr von ihm wissen.
BERN-OST: Steve Koella, wer bist du?
Steve Koella: Das ist eine schwierige Frage. Viele Leute identifizieren sich über ihren Beruf. Davon bin ich weggekommen. Ich bin in einem Alter, in dem ich mich recht gesetzt fühle.
Wie alt bist du denn?
Ich bin 61. Mein Ziel ist es, ganz bei mir selbst anzukommen. Das das ist ein Prozess, der während des ganzen Lebens stattfindet.
Wie probierst du, bei dir selbst anzukommen?
Auf verschiedene Arten. Ich probiere mit dem, was ich habe und mit dem, was um mich herum ist in Frieden zu leben und dankbar zu sein für alles, was ich habe und tun darf.
Hast du spezielle Sachen erlebt in deinem bisherigen Leben?
Ja schon. Ich habe immer die Illusion gehabt, dass ich fit ins Alter hinein gehen werde. Leider wurde ich eines Besseren belehrt. Ich hatte dreimal eine Diskushernie und zwei davon operiert. Dazu hatte ich noch einen Unfall mit einem gebrochenen Fuss.
Jetzt habe ich auch noch Arthrose, alles Sachen, die mich in meinem Alltag etwas behindern und meine Fitness einschränken. Jetzt musste ich lernen in Frieden zu leben mit dem, was ich noch kann. Nicht resigniert auf das zurückzuschauen ,auf all das, was ich nicht mehr kann, heisst auch, bei sich selber anzukommen.
Dich kennen in Konolfingen viele Leute, du bist Chefbadmeister. Alle, die in die Badi gehen, kennen dich. Was ist das für ein Beruf, Badmeister zu sein?
Das Witzige ist, ich habe gar nie geplant Badmeister zu werden, schon gar nicht Chefbadmeister. Ich bin einfach in das hineingerutscht. Auf der anderen Seite bin ich der Meinung, dass es keine Zufälle, sondern immer eine Bestimmung gibt. Ich bin sicher am Ort, wo ich hingehöre.
Dein Job gefällt dir sicher, sonst hättest du - mindestens nach einer gewissen Zeit - etwas anderes gemacht.
Ja, es ist wie alles. Jede Medaille hat zwei Seiten. Auch mein Job hat viele schöne Seiten ist sehr abwechslungsreich, vielfältig und interessant. Aber ich habe sicher gefühlt hundertmal fast gekündigt.
Was war das Schlimmste, dass du fast gekündigt hast?
Das Schlimmste, beziehungsweise der grösste Schrecken, war für mich, als ich ein Kind reanimieren musste. Das ist mir sehr eingefahren. Aber das ist gut gekommen. Das Kind hat es schadlos überstanden. Das ist ein riesiges Geschenk und gerade wieder die Vorderseite der Medaille.
Was machst du privat sonst noch gerne? Bist du glücklich?
Ja, das würde ich sagen, ja, ich bin glücklich. Wenn ich am Morgen zur Arbeit gehe, dann geniesse ich meinen Arbeitsweg, ich geniesse die Bäume um mich herum, ich geniesse den Bach, dem ich entlangfahre, das befriedigt mich unheimlich. Und einfach auch das Arbeiten draussen, auch mit den Menschen zusammen, mit den Leuten und vor allem auch den Kindern, das ist eine Bereicherung.
Hast du selbst auch Kinder?
Selbst habe ich keine Kinder, aber die Partnerin. Mittlerweile haben auch deren Kinder Kinder, somit bin ich auch von meinem Gefühl her Grossvater geworden.
Und mit diesen hast du es gut?
Ja, sehr gut. Auch das ist für mich eine unheimliche Bereicherung, und das macht mich glücklich.
Gibt es auch Sachen, die dir sehr zu schaffen machen in deinem Leben?
Man hat Tage, an denen es einem besser geht und Tage, an denen es schlechter geht. Das ist ganz normal. Aber ich habe festgestellt, dass ich an den Momenten gewachsen bin, die nicht wirklich die schönen Momente sind. Die Tage, die hart sind, an denen man beissen muss, an denen bin ich gewachsen. Die haben mich weitergebracht.
Hast du ein Hobby oder eine Beschäftigung für die vielleicht etwas schwierigeren Zeiten?
Ich habe ein spezielles Hobby, ich arbeite gerne mit Leder. Leder punzieren kennt man hier nicht so.
Punzieren, was ist das?
Das ist ein Verfahren, bei welchem Leder geprägt wird. Das macht man von Hand. Mit Ritzen und mit diversen Schlagwerkzeugen kann man Muster und Sachen hineinprägen. Das ist ein Verfahren, mit dem man das Leder netzt, dann kann man alles Mögliche prägen. Fast wie zeichnen und danach hineinprägen.
Gibt das ein Kleidungsstück? Oder ist das nur ein Lederstück?
Nein, das sind für diese Arbeit dickere Lederstücke. Man kann zum Beispiel einen Gurt machen oder eine Lederscheide für ein Messer oder ein Portemonnaie, eine Handyhülle, was auch immer. Da kann man allergattig machen.
Hast du im Sinn, dich als Badmeister pensionieren zu lassen?
Ja, das ist langsam ein Thema bei mir. Ich bin nicht ganz im Klaren, ob ich bis hinten hinaus mache oder allenfalls etwas früher aufhöre, das bin ich noch am Prüfen. Das ist noch nicht spruchreif.
Reist du gerne?
Ich war früher ein richtiger Wandervogel, unstetig und hatte immer das Gefühl, ich müsse weg. Ich reiste acht Monate durch Kanada, ich reiste in Skandinavien, vor allem in den nordischen Ländern. Diese haben es mir angetan.
Ich konnte mich auch nie richtig festlegen, weder im Beruf noch beim Wohnort. Nun bin ich so richtig angekommen. Hier in Konolfingen bin ich angekommen. Der Drang vom Reisen ist eigentlich weg. Wobei: Gerade in den letzten Tagen habe ich einen Bericht gesehen über einen Töfffahrer, der in Norwegen die Fjorde hochgefahren ist. Da hatte ich doch gerade Lust, die Koffer zu packen und selber auch wieder zu gehen.