Arni - Schuhmacher vermacht der Gemeinde sein ganzes Geld

Baumgartner Hans hat Arni als Haupterbin eingesetzt. Das 2010 verstorbene Dorforiginal wünschte, dass der fünfstellige Betrag für die Strassensanierung verwendet wird.

Laura Fehlmann, Berner Zeitung BZ

Es tönt wie ein Nachruf: «Der Baumgartner Hans hat der Gemeinde sein Vermögen vermacht», sagt Gemeindepräsident Kurt Rothenbühler an der Gemeindeversammlung. Der ehemalige Schuhmacher habe ihn letzten Sommer ins Altersheim nach Grosshöchstetten gebeten. «Hans hat unseren Strassenunterhalt gelobt und gesagt, dass wir sein Erbe dafür verwenden sollen.» Der 84-Jährige wollte sein Geld unter keinen Umständen den Geschwistern vererben, sondern der Öffentlichkeit. «Damit alle etwas davon haben.»

Baumgartner Hans ist im Juli 2010 gestorben. Nachdem die Rechnungen, die «Grebt» und die Beerdigung bezahlt waren, blieb noch ein ansehnlicher, fünfstelliger Betrag übrig. Geld, das der alte Mann im Laufe von Jahrzehnten gespart hatte. Wie viel es genau ist, kann Rothenbühler noch nicht sagen.

Roller als einziger Luxus

Baumgartner Hans stammte aus Arni. Er war ein Dorforiginal und wohnte bei einem Cousin in der Arnisäge. Im gleichen Haus führte er eine Schuhmacherwerkstatt und verkaufte auch Schuhe. Sein Markenzeichen und einziger Luxus war der Motorroller, mit dem er oft unterwegs war. Dabei sei ihm dank der gut unterhaltenen Gemeindestrassen nie etwas passiert, auch im Winter nicht, sagt Kurt Rothenbühler, der den Verstorbenen gut kannte. Einmal habe zwar jemand gesehen, wie der Roller auf der vereisten Strasse ausgeglitten und der Fahrer gestürzt sei. Dieser wollte sich aber beim Aufstehen nicht helfen lassen, habe den Helfer abgewehrt und gesagt: «Das chani dänk scho sälber.»

Unerwünschte Rente

Hilfe wollte der gehbehinderte Mann auch sonst nicht. «Er war sogar zu stolz, um eine IV-Rente anzunehmen, hat aber trotzdem eine erhalten», so Rothenbühler. Diese unerwünschte Rente hat Baumgartner Hans fast vollumfänglich auf die hohe Kante gelegt. Gelebt hat er bis zuletzt von der Schuhmacherei. Ein paar Fränkli habe er jeweils nur verlangt für eine Reparatur, selten mehr. Sein bescheidenes Einkommen habe dem alten Mann gereicht. «Er stammte aus sehr einfachen Verhältnissen und hat schon früh gelernt, was sparen heisst», sagt der Gemeindepräsident. Dieses Ersparte kommt nun der Gemeinde Arni, beziehungsweise der Allgemeinheit, zugute. Als nächste soll die Strasse von der Arnisäge nach Gfell, die vor der ehemaligen Wohnung des Verstorbenen durchführt, saniert werden. Nebenbei bemerkt: «Gfell» heisst auf Hochdeutsch Glück.

Nach Kurt Rothenbühlers kurzem Nachruf auf Baumgartner Hans wird es ruhig im Rössli-Saal. Der Gemeindepräsident kontert die Stille mit einer Prise schwarzen Humors: «Nicht dass ihr etwa denkt, ich hätte euch darauf hinweisen wollen, dass auch ihr die Gemeinde in eurem Testament berücksichtigen könntet.»


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Erstellt: 20.05.2011
Geändert: 20.05.2011
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