Neue WoPo-Chefin Andrea Widmer: "Ich kann nicht verstehen, wie man nicht wählen kann"
Sie ist gelernte Autolackiererin, schreibt Fantasyromane und einen Mundart-Blog, und hat noch nie eine Abstimmung verpasst. Andrea Widmer, die neue Chefin der "Worber Post" war im Bern-Ost-Kafi zu Besuch und hat von sich und ihrem neuen Job erzählt.
"Gfräss", "Gring", "Bumse" – das ist nicht die Sprache, die man normalerweise in einem Gemeindeblatt findet. Auch von Fabelwesen und Superheldinnen liest man darin eher selten. Dafür über Schulhaussanierungen, die Kunstausstellung in der Dorfgalerie und den Betrieb im Grossen Gemeinderat von Worb.
"Beide Füsse am Boden"
Das werde auch so bleiben, sagt Andrea Widmer, die neue Chefredaktorin der "Worber Post." "Die Worber Post ist gut aufgestellt und meine grösste Sorge ist, dass sie das auch bleibt." Grosse Änderungen seien nach dem neuen Onlineauftritt und der erfolgten Gründung der "Jugendredaktion", beides Projekte, die ihre Vorgängerin Cornelia Krämer realisiert hat, nicht vorgesehen. Ein Fantasy-Ressort ist nicht geplant. "Die Worber Post hat beide Füsse am Boden."
Bodenständig fing auch das Berufsleben von Andrea Widmer an. Für die Lehre als Autolackiererin entschied sich die gebürtige Oberaargauerin in ihrer "Handwerkerinnenphase", wie sie sagt. "Ich habe immer gern mit den Händen gearbeitet und habe mich ausserdem für Autos interessiert". Allerdings blieb sie nicht lange auf dem Beruf. Sie sattelte um auf Pflege und Betreuung und fing an, zu schreiben. "Mein Deutschlehrer hatte mir gesagt, um zu schreiben, brauche es Lebenserfahrung."
"Süsse Träume"
Im Jahr 2020, Andrea Widmer hatte mittlerweile 40 Jahre Lebenserfahrung, war es dann so weit. Im Selbstverlag gab sie den Fantasy-Roman "Süsse Träume" heraus. "Ich hatte die Geschichte für eine Hochzeit aufgeschrieben und dann in die Schublade gelegt." Als wegen der Corona-Pandemie das öffentliche Leben weitgehend stillstand und die Freizeit überhandnahm, gab sie sich den Ruck und machte aus dem Text einen Roman.
Pseudonym für die wilden Seiten des Schreibens
Gleichzeitig fing sie unter dem Pseudonym Gwen Kanina mit dem Blog "Die Häsin" an. Dort schreibt sie über ihre Gedanken und ihren Alltag, und von dort stammen auch die deftigen Wörter am Anfang dieses Artikels. "Als Gwen Kanina lebe ich die wilden Seiten des Schreibens aus, wo es in Ausdruck und Thema keine Tabus gibt für mich." Das Pseudonym diene auch als Trennlinie zwischen Literatur und dem Schreiben für die "Worber Post".
Zur "Worber Post" kam sie auf Anfrage ihrer Vorgängerin Cornelia Krämer. Schon länger hatte Widmer für den Kulturverein "Atelier Worb" Pressetexte geschrieben und dafür auch mit der "Worber Post" zusammengearbeitet. Vor vier Jahren stiess sie zur Redaktion. Zuerst schrieb sie vor allem über Kultur, allmählich kam anderes dazu.
In Worb unterwegs sein
Dass sie nun die Leitung übernimmt, habe sie nicht geplant. Sie habe es sich lange und gründlich überlegt. Ausschlaggebend, den Posten anzunehmen, sei dann ihre Neugierde gewesen und die Lust auf eine neue Herausforderung. In Worb unterwegs zu sein, Geschichten aufzustöbern, recherchieren und schreiben, all das mache sie sehr gern.
Seit 15 Jahren wohnt Andrea Widmer mit ihrem Partner in Worb. Hat sie die Gemeindepolitik schon immer verfolgt? "Ich war immer eine interessierte Bürgerin. Aber jetzt als Journalistin bekomme ich natürlich Einblicke, die ich bisher nicht hatte."
"Ich kann nicht verstehen, wie man nicht wählen kann"
Persönlich sei sie "sicher links" zu verorten, sagt sie. Besonders Umwelt- und Gleichstellungsthemen seien ihr wichtig. Auch deshalb habe sie seit ihrem 18. Geburtstag keine Abstimmung verpasst. "Wir Frauen mussten uns das Stimmrecht lange und hart erkämpfen. Ich kann nicht verstehen, wie man da nicht wählen und abstimmen kann."
[i] Die "Worber Post" wird vom gleichnamigen Verein im Auftrag der Gemeinde Worb herausgegeben. Sie erscheint 12-mal jährlich und wird gratis an alle Worber Haushalte verteilt. Die nächste Aufgabe, die erste jnter Widmers Leitung, erscheint am 23. Februar.