Amt Konolfingen - "Neu entscheiden Fachpersonen über die Sozialhilfe"

Seit dem 1. Januar ist der Sozialdienst der Region Konolfingen der grösste im Amt. Insgesamt sind ihm nun 15 Gemeinden angeschlossen. Dies, nachdem der Kanton Druck auf die kleineren Gemeinden ausgeübt hat. Urs Liechti, Leiter der erweitert

Interview: Silvia Ben el Warda-Wullschläger, Wochen-Zeitung
Wochen-Zeitung: Herr Liechti, weshalb haben sich zusätzlich elf Gemeinden den Sozialdiensten von Konolfingen angeschlossen? Freimettigen, Häutligen und Niederhünigen haben diesen Schritt ja bereits vor zehn Jahren getan.

Urs Liechti: Auslöser dafür ist das neue Sozialhilfegesetz. Darin sagt der Kanton, dass er spätestens ab Januar 2005 einen professionellen Sozialdienst mit dafür ausgebildetem Personal will. Er schreibt mindestens 150 Fachstellenprozente und eine gewisse Anzahl Fälle vor. Diese Vorgaben können nicht mehr alle Gemeinden erfüllen, weshalb Zusammenschlüsse erfolgen.

Also verlieren die kleineren Gemeinden an Eigenständigkeit.

Das stimmt ein Stück weit, ist aber nur die eine Seite. Andererseits können sich die Gemeinden von der Sozialarbeit entlasten. Die Klientenprobleme werden immer komplexer und vielschichtiger, was eine entsprechende Ausbildung unabdingbar macht. Neu entscheiden die Fachpersonen über die Sozialhilfe. Die strategischen Entscheide bleiben aber der Sozialbehörde vorbehalten, in welcher die angeschlossenen Gemeinden vertreten sind.

Entlasten tönt gut, gilt dies auch für die Finanzen?

Weil wir über keine Erfahrungszahlen verfügen, ist das schwierig vorauszusagen. Ganz allgemein kann aber festgestellt werden, dass die professionelle Beratung die Sozialausgaben günstig beeinflussen.

Was sind die Folgen für das Personal?

Die Sozialarbeitenden von Biglen und Grosshöchstetten haben wir übernommen, so dass momentan sechs Personen Beratungen durchführen. Ausserdem haben wir die Administration erweitert. Es sind noch nicht alle Stellenprozente vergeben. Wir wollen vorerst einmal Erfahrungen sammeln und schauen, wie sich das Ganze entwickelt.

Das gilt auch in Bezug auf die Klienten. Was hat die Neuerung für die direkt Betroffenen für Auswirkungen?

Der Sozialdienst wird anonymer. Er ist nun im neuen Gemeindehaus von Konolfingen untergebracht und nicht mehr auf der Verwaltung der Wohngemeinde. Das baut Schwellenangst ab. Ausserdem erhalten alle Klientinnen und Klienten dieselbe professionelle Beratung. Einziger negativer Punkt sind die längeren Anfahrtswege.

Nicht nur die Sozialhilfe, auch das Vormundschaftswesen ist auf 1. Januar neu organisiert worden.

Ja, auch dieser Bereich wurde freiwillig regionalisiert. Alle Fragen laufen neu über den regionalen Sozialdienst. Entscheidungsinstanz ist aber die gemeinsame Vormundschafts- und Sozialhilfekommission.


15 Gemeinden sind dabei

Folgende elf Gemeinden haben sich per 1. Januar 2005 an den Regionalen Sozialdienst Konolfingen angeschlossen: Arni, Biglen, Bowil, Grosshöchstetten, Landiswil, Mirchel, Oberhünigen, Oberthal, Schlosswil, Walkringen und Zäziwil. Bereits früher haben sich Freimettigen, Häutligen und Niederhünigen angegliedert. Sitzgemeinde ist Konolfingen.


So läuft es in den anderen Ämtern

Was im Amt Konolfingen neu ist, funktioniert im Amt Trachselwald bereits seit einigen Jahren. Schon 1995 haben sich alle zehn Gemeinden zu einem Gemeindeverband zusammengeschlossen und nur noch drei Beratungsstellen betrieben. Einzig Rüegsau organisierte sich selber. Auf Januar 2003 wurden dann Anpassungen vorgenommen. «Seit diesem Zeitpunkt sind alle Gemeinden, auch Rüegsau, aktiv dabei», erklärt Thomas Eggler, Leiter der Regionalen Sozialdienste Amt Trachselwald. Beratungsstellen werden heute in Sumiswald und Huttwil betrieben. Eggler sieht den Zusammenschluss als Vorteil. «Vorher waren zehn unterschiedliche Fürsorgebehörden zuständig, jetzt nur noch eine, welche einheitliche Leitplanken setzt.»

Ähnlich tönt es aus dem Amt Signau. Hier wurde 1997 der Regionale Sozialdienst gegründet, der die Beratungen durchführte. Auf Januar 2004 wurde dann mit acht Gemeinden – alle ausser Langnau – ein Gemeindeverband gegründet. Damit wechselte auch die Entscheidungskompetenz von den Gemeinden zum Sozialdienst. Als eine gute Sache bezeichnet die Leiterin Therese Wälti den einheitlichen Sozialdienst. «Wir können nun schneller reagieren, arbeiten dank der Distanz wertfreier und bieten eine gewisse Anonymität. Die Erfahrungen auch mit den Gemeinden sind positiv. Anfängliche Ängste haben sich gelegt.»

www.wochen-zeitung.ch
www.konolfingen.ch

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Erstellt: 06.01.2005
Geändert: 08.01.2005
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