Altersstruktur: In 20 Jahren wird fast jeder Dritte über 65-jährig sein
Die Bevölkerung im Kanton Bern ist überdurchschnittlich alt. Besonders viele über 65-Jährige leben in Bolligen, Muri und Wohlen. Die Folgen: Es braucht mehr Spitex, mehr altersgerechte Wohnungen, genügend Hausärztenachwuchs sowie Einkaufsmöglichkeiten in den Dörfern.
Bereits heute ist jede fünfte Bernerin und jeder fünfte Berner älter als 65-jährig. In den nächsten Jahren wird der Anteil dieser Altersgruppe rasant zunehmen: Bis 2035 werden im Kanton Bern – je nach Berechnungsmodell – rund 30 Prozent im Pensionsalter sein. Und das ist noch nicht einmal die Spitze: Diese wird erst ums Jahr 2040 erreicht, dann, wenn alle aus der Babyboomer-Generation pensioniert sind.
Markus Loosli ist Vorsteher des kantonalen Alters- und Behindertenamtes (Alba). Gibt ihm die Altersentwicklung nicht zu denken? «Ich sehe es nicht so düster», antwortet er. «Als Gesellschaft sind wir in der Lage, diese Herausforderung zu meistern. Es kommt aber viel Arbeit auf uns zu.»
Pflegebetten umverteilen
Besonders betroffen ist Bolligen, wo sich die Einwohnerzahl durch die rege Bautätigkeit von 1950 bis 1980 mehr als verdreifachte. Die meisten, die damals ein Haus bauten, sind heute pensioniert. So beträgt der Anteil der über 65-Jährigen in Bolligen aktuell schon 27 Prozent – das ist Platz eins im Verwaltungskreis Bern-Mittelland. An zweiter Stelle liegt das steuergünstige Muri, wo 26,2 Prozent aller Einwohnerinnen und Einwohner im Pensionsalter sind. Nicht weit dahinter folgt Wohlen mit 23,4 Prozent.
Die Menschen werden gemäss Statistik aber nicht nur älter, sondern können auch länger in ihrer eigenen Wohnung leben. Folglich seien künftig nicht viel mehr Alters- und Pflegeheimplätze nötig als heute, erklären die Fachleute des Kantons. Sie haben die Zahl der Pflegebetten kantonsweit auf 15 500 beschränkt. Diese sollen dort angesiedelt sein, wo sie am nötigsten sind: Am meisten Nachholbedarf herrscht in den Regionen Münsingen und Wohlen, die in den nächsten 20 Jahren je rund 200 zusätzliche Betten brauchen. In der Stadt Bern dagegen zeichnet sich laut Kanton ein Überangebot ab, weshalb hier mehr als 500 Betten abgebaut werden sollen.
Hausärzte-Engpass
Wenn immer mehr Leute bis ins hohe Alter daheim wohnen, ist insbesondere mehr Spitex nötig. Der Pflegebedarf werde sich in den nächsten 20 Jahren mehr als verdoppeln, heisst es im Bericht der regionalen Altersplanung Bern-Mittelland. Alba-Vorsteher Markus Loosli sagt denn auch: «Genügend Pflegefachkräfte zu haben, wird wohl die grösste Herausforderung sein.» Von fast allem wird es in Zukunft mehr brauchen: mehr altersgerechte Wohnungen, mehr Entlastungsangebote für pflegende Angehörige, mehr Betten für Demenzkranke. Ein noch grösserer Engpass zeichnet sich bei den Hausärzten ab. Bereits jetzt herrscht auf dem Land ein Mangel, der sich mit den Pensionierungen vieler alteingesessener Hausärzte noch verstärken wird. «Es ist zentral, dass man dort Nachfolgerinnen und Nachfolger findet», sagt Loosli. Die Gemeinden könnten dabei helfen, indem sie Praxen mit günstigen Mietzinsen anböten oder Gemeinschaftspraxen förderten. Wichtig ist laut Loosli auch, dass die Einkaufsmöglichkeiten in den Dörfern bleiben. Denn: «Die Leute ziehen im Alter dorthin, wo sie ihre täglichen Besorgungen machen können.»
Höheres Rentenalter?
Mit 20 Prozent über 65-Jährigen liegt der Kanton Bern im Moment noch deutlich über dem Schweizerischen Durchschnitt von 18,4 Prozent. Das hängt laut Fachleuten vor allem damit zusammen, dass die Zuwanderung im Bernbiet weniger gross ist als in anderen Kantonen, wo Zuzüger für eine laufende Verjüngung sorgen.