Alter Bericht aufgetaucht: Als der Oberthaler "Bätzibodebur" in der Schweizer Illustrierten kam

Was bewegte den Oberthaler Gemeinderat während dem zweiten Weltkrieg? Urs Dubach aus Zollikofen fand beim Entrümpeln seines Estrichts eine Ausgabe der Schweizer Illustrierten von 1942 mit einem Bericht über die Gemeinderatssitzung in Oberthal. Den Artikel zu lesen, ist interessant und amüsant zugleich.

Isabelle Berger, isabelle.berger@bern-ost.ch

"Sie regieren die engste Heimat", heisst der Titel des Artikels. "Ein spannender Einblick in die Gemeindepolitik aus Kriegszeiten", heisst es in der neusten Ausgabe von "Oberthal aktuell", wo der Fund veröffentlicht wurde. Wie die Redaktion damals auf den Oberthaler Gemeinderat aufmerksam geworen sei, könne aber nicht mehr nachvollzogen werden.

 

Der Artikel erschien in Nummer 39 der "Schweizer Illustrierten Zeitung" vom 23. September 1942. Damals kostete eine Ausgabe 40 Rappen.

 

Der Haupttext des Artikels berichtet von den Geschäften, die den Gemeinderat 1942 beschäftigten:

 

"Im ersten Stock des Oberthaler Schulhauses befindet sich das Sitzungszimmer dieses dörflichen Rates. Jeden Monat einmal kommt hier der Gemeinderat zu einer Sitzung zusammen, jedoch heute bei den abnormalen Zeiten versammelt er sich je nach den Erfordernissen. Der Bäzibodebur meinte zwar „D’Lüt säge öppe albe, G’meinrät sygi di dümmste, aber dr Bätzibodebur isch dr Meinig, me überchöm langsam dicki Hut u laht se la prichte“. Neben den bereits erwähnten obligaten Geschäften nehmen heute die kriegswirtschaftlichen Verordnungen Zeit und Kraft des Gemeinderates in Anspruch. Rationierungs- und Heizungsangelegenheiten sind zu erledigen, und das Anbauwesen nimmt gegenwärtig die meiste Zeit einer Sitzung in Beschlag. Die Verteilung der Lebensmittelkarten besorgt der Gemeindeschreiber, Edmund Pulver, der hier oben am Tisch seinen Platz hat. Seit einundzwanzig Jahren ist er Lehrer in Oberthal. Er ist der Mann, der den Gemeindehaushalt so am besten kennt und ihn gut verwaltet.

 

Es ist Kriegszeit: zwei der vier Fenster sind auch tagsüber mit schwarzem Ledertuch verdüstert, und die heutigen Tage bringen ausserordentliche Geschäfte mit sich. Allein, hier geschieht alles mit emmentalischer Besinnlichkeit und grosser Ruhe. Meistens dauert die Gemeinderatssitzung von mittags 1 Uhr bis abends 7 Uhr.

 

In der Schweiz gibt es um die dreitausend Gemeinderäte. Ehrenhafte Männer mit hellem Verstand und guter Gesinnung werden in diesen Dorfrat gewählt, damit sie die engeren Heimatbezirke nach bestem Wissen und Gewissen mitregieren helfen. Jeder hat das Recht, seine Meinung frei zu äussern. Jeder nimmt rege Teilnahme an den Gemeindeaufgaben, die nicht selten auch den einzelnen angehen. Sie sind verantwortlich für den Gemeindehaushalt, sie haben dafür besorgt zu sein, dass er in Ordnung bleibe. So hat es an Traktanden gewöhnlich keinen Mangel: Über Vormundschafts- und Armensachen ist zu beraten, über Feuerwehr- und Wegwesen, Viehzählungen, Holzversorgung: das Pflichtholz muss dem Staat, Heu und Stroh der Armee abgegeben werden. Das Steuerwesen, Einbürgerungen und Gemeindewahlen nehmen den dörflichen Rat in Anspruch. Die Gemeinderatssitzung, in der freies Mitspracherecht, Mitverantwortung und das Sich-der-Mehrheit-Fügen oberste Rechte und Pflichten sind, kann deshalb wohl als die Wurzel der Demokratie angesehen werden."

 

Mit je einem Foto und ein paar Zeilen zur Person wurde daraufhin jeder der Gemeinderäte vorgestellt. Die Bilder und die amüsanten dazugehörigen Texte finden Sie oben in der Bildergalerie.


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Erstellt: 25.07.2019
Geändert: 25.07.2019
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