Allmendingen - Schafe pflegen die Weihnachtsbäume

Seit fünfzig Jahren baut die Bauernfamilie Häberli Tannenbäume an. Und setzt statt auf Pestizide auf die Hilfe von Schafen.

Johannes Reichen, Berner Zeitung BZ

Lotti Häberli weiss, wie sie ihre Schafe anlocken muss. Mit einem Kübel Futter betritt sie das Feld und rasselt mit dem Kessel. Schon verlassen die Tiere ihre Deckung und kommen dahergelaufen. «Sie sind magengesteuert.» Die Tannenbäumchen links und rechts lassen die Shropshire-Schafe unbeschadet stehen. «Das ist die einzige Rasse, die keine Tannen frisst», sagt die Schafzüchterin. Dafür machen sie sich hinter Gras und Unkraut.

 

Genau deshalb weiden sie auch hier auf der Tannenbaumplantage vor dem Häberlihof in Allmendingen bei Bern. Die Tiere werden als natürliche Unkrautvernichter eingesetzt. «Wir wollen keine chemischen Mittel einsetzen», sagt Hansjakob Häberli.

 

Viel harte Arbeit

Häberlis führen den Hof an der Hauptstrasse in dritter Generation seit 1993. Im Familienbesitz befindet er sich seit 1955. Und seit 1970 werden hier Christbäume produziert. Seinem Vater habe es nicht eingeleuchtet, dass eine ansässige Gartenbaufirma ausländische Bäume verkauft habe, sagt Häberli.

 

Natürlich ist auch er der Meinung, dass Weihnachtsbäume «aus der Region» stammen sollten. Schliesslich lebt er davon. Es sei «Unsinn», Bäume Tausende Kilometer weit zu transportieren. Und deshalb luden Häberlis gestern die Medien auf ihren Hof. Sie wollten zeigen, wie umweltschonend in der Schweiz Christbäume produziert werden.

 

Der Häberlihof umfasst zwanzig Hektaren. Die Bäume tragen etwa ein Viertel zum Umsatz bei, weitere Standbeine sind Obstbau, Gemüseanbau, Ackerbau und Mastrinder. Derzeit aber ist die Familie vor allem mit den Tannenbäumen beschäftigt. «Wir machen das leidenschaftlich gerne», sagt der 61-Jährige. Es stecke aber viel harte Arbeit dahinter. Beruhigend: Wenn er mal nicht mehr mag, steht mit dem Sohn die nächste Generation bereit, um den Betrieb zu übernehmen.

 

Wachstum bremsen

Häberlis produzieren zu 90 Prozent Nordmanntannen. Die jungen Pflanzen kauft er bei der Forstbaumschule Emme oder in Norddeutschland ein. Zuerst passiere nicht viel, aber dann gehe es fast zu schnell. Das Triebwachstum müsse gebremst werden. Mit einer Zange werden die Saftbahnen im Stamm abgeklemmt. Im Ausland würden dafür chemische Mittel verwendet. Längst nicht alle Bäume geraten wie gewünscht – rund 40 Prozent der Ernte werden gehäckselt. «Die Kunden mögen buschige Bäume.»

 

Ein Zweimeterbaum in Topqualität kostet bei Häberlis etwa 80 Franken, ein Einmeterbaum 30 Franken, wobei der Preis von der Qualität abhängig ist. Vergleiche sind schwierig, aber im Jumbo, nicht weit vom Häberlihof, liegen die Preise für ausländische Bäume etwa ein Viertel tiefer. Bei der Landi sind einheimische Nordmanntannen etwa ein Drittel teurer als ausländische. Die meisten Bäume werden aus Dänemark und Deutschland importiert. Doch der Anteil einheimischer Bäume steigt.

 

Bio ist nicht wichtig

Kaum eine Rolle spielen dagegen Biobäume. Von den 250 Mitgliedern der IG Christbaum Schweiz würden nur gerade drei Produzenten Bioknospe-zertifizierte Bäume herstellen, sagt Vorstandsmitglied Jean Jacques Fünfschilling. Er ist einer von ihnen. Anders als bei Lebensmitteln sähen die Kunden keinen Vorteil in Biobäumen.

 

Häberlis Bäume würden zwar Bioqualität aufweisen, sagt er. Aber er kann sie nicht als Biobäume verkaufen – der Betrieb als Ganzes ist nicht biozertifiziert. «Das brächte mir auch keinen Vorteil», sagt er. Für seine Kunden sei vor allem wichtig, dass sie aus der Region stammten und frisch seien – und dass es eben Nordmanntannen sind.

 

Wie ein Mahnmal steht ein Mammutbaum auf einer von Häberlis Plantagen. Er sollte mal das nächste grosse Ding sein, Hansjakob pflanzte 200 Stück an – und verkaufte fünf davon.

 

[i] www.haeberlihof.ch


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Erstellt: 27.11.2019
Geändert: 27.11.2019
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