Bruno Wermuth aus Vielbringen: "Die Initiativen wären in acht Jahren umsetzbar"
Am 13. Juni stimmen wir über die Volksinitiativen "Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung" und "Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide" ab. Die Vorlagen bewegen - auch im ländlichen Bern-Ost. Eine Bio-Bäuerin und ein Bio-Bauer erklären, warum die eine Nein und der andere Ja stimmen.
Der Abstimmungskampf um die "Agrarinitiativen" wird auf beiden Seiten vehement geführt. Gemäss diversen Medienberichten (auch auf BERN-OST) werden dabei vielerorts Grenzen des Anstands und des Respekts verletzt. Berichtet wurde über zerstörte Plakate, Beschimpfungen und Bedrohungen.
Mit Doris Bigler aus Utzigen und dem bürgerlichen Worber Gemeinderat Bruno Wermuth (bis vor kurzem SVP) aus Vielbringen kommen hier zwei Betroffene zu Wort, die sich mit der Entscheidung nicht leicht taten. Beide wirtschaften nach den Bio-Richtlinien und beide haben auch Verständnis für die andere Seite.
Wie gross ist Ihr Hof? 20 Hektaren (ha)
Was produzieren Sie? Milch, Kartoffeln, Karotten, Soja, Brotweizen, Roggen und Silo/Körnermais
Falls Sie Tiere halten: Welche und wie viele? Zurzeit 27 Milchkühe, 7 Rinder und 8 Kälber
Produzieren Sie unter einem Label? Bio Suisse (Knospe) seit 21 Jahren
Wer alles arbeitet auf Ihrem Hof beziehungsweise wievielen Leuten bietet er ein Auskommen? Zwei Lehrlinge im 1. und 3. Lehrjahr und meine Partnerin und ich
Wie stimmen Sie am 13. Juni bei den beiden Agrarinitiativen ab?
Ich stimme 2x Ja.
Warum haben Sie sich so entschieden?
Die Initiativen wollen die standortgerechte Tierhaltung fördern, den Import von Futtermitteln und die Anwendung vorbeugender Antibiotika in der Tierhaltung vermindern und vor allem den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide einschränken bzw. verbieten. Das sind Kernanliegen des Biolandbaus!
Schlecht ist, dass die Initiativen nur die Landwirtschaft zum nachhaltigen Denken und Handeln einbezieht. Es braucht ein gesamtheitliches Umdenken unserer Gesellschaft. Der vernichtende Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen kann so nicht weiter gehen.
Die Umsetzung braucht ausserdem Begleitmassnahmen und Bestimmungen und lange Übergangsfristen. Schaut man acht Jahre zurück, ist in dieser Zeit so viel passiert in Sachen Pestizideinsatz. Ich denke, die Initiativen wären in acht Jahren absolut umsetzbar.
Ich bin überzeugt, dass man im Umgang mit Krankheiten und Schädlingen schon viel weiter wäre, wenn man nicht mehr spritzen dürfte. Etwa bei der Pflanzenzucht, wo es resistente Sorten braucht. Ein Problem ist auch, dass die gleichen Firmen welche die Pflanzen züchten, gleichzeitig die dazu passenden chemisch synthetische Hilfsstoffe dazu produzieren und erfolgreich verkaufen.
Natürlich verlangen diese Initiativen für viele Bauern und Bäuerinnen ein grosses Umdenken und Handeln. Solche massiven Veränderungen lösen verständlicherweise auch Ängste aus, Existenzängste! Aber unter dem Strich sehe ich die Initiativen für all meine Berufskollegen:innen als grosse Chance.
Könnten Sie auf Ihrem Hof die Vorgaben einhalten, die die beiden Initiativen fordern?
Nein, das kann ich nicht. Ich müsste bei einem Verzicht auf Kupfer den Kartoffelanbau neu überdenken. Die Züchtung von Kartoffelsorten, die gegen Kraut- und Knollenfäule resistent sind, muss endlich forciert werden. Bei dieser Zielrichtung bekommt aber die Agrochemie ein Problem, da der Verkauf von Fungiziden einbrechen würde. Also wurde bis anhin auch nicht kompromisslos in diese Richtung gezüchtet.
Wie empfinden Sie den Abstimmungskampf? Wie ist der Austausch zu den Abstimmungen unter Landwirt:innen in Ihrem Umfeld? Haben Sie auf Ihrem Land Plakate aufgestellt? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, gab es Reaktionen darauf?
Die Initiativen haben in der Landwirtschaft schon ein grosses Umdenken ausgelöst. Die Diskussionen und die Auseinandersetzung zu diesen Initiativen sind sehr wertvoll und wichtig, für uns alle! Denn es kann nicht sein, dass wir von den Landwirten verlangen, dass man biologisch produziert, aber die Konsumenten dies beim Einkaufen nicht unterstützen.
Ja, ich habe bei uns zu Hause Plakate aufgehängt. Ich werde gelegentlich darauf angesprochen. Was ich auch sehr gut finde. Man spricht darüber. Der Meinungsaustausch war bis jetzt sehr sachlich und man respektiert verschiedene Ansichten. Die Initiativen gehen ja auch den Agrochemiekonzernen ans Lebendige. Meiner Meinung nach werden die Bauern für die Nein-Kampagne missbraucht, von denen, die an der Landwirtschaft viel Geld verdienen (Agrochemie).