Bodenpolitik: Worber Stimmvolk entscheidet am Sonntag über 10 Millionen

Am Sonntag entscheidet das Worber Stimmvolk darüber, ob die Gemeinde in Zukunft ohne langen Vorlauf Land oder Liegenschaften kaufen und damit in den freien Markt eingreifen kann. 

Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch

Am kommenden Sonntag wird in Worb über einen Rahmenkredit von 10 Millionen Franken abgestimmt. Mit dem Geld soll der Gemeinderat in Zukunft ohne Rücksprache mit Parlament oder Stimmvolk Land und Liegenschaften kaufen können und damit die Entwicklung der Gemeinde als "Wohn- und Lebensraum sowie als Wirtschaftsstandort aktiv beeinflussen und so für die Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt Mehrwerte schaffen."

 

Gemeinde will nicht selber bauen

Dies kann sie zum Beispiel, indem sie die Grundstücke kauft und im Baurecht abgibt und so Einfluss nimmt auf die Nutzung. Ebenfalls möglich ist ein Kauf, um damit bei kommunalen Projekten Realersatz anbieten zu können. Nicht vorgesehen ist, dass die Gemeinde selber als Bauherrin auftritt.

 

Nicht möglich ist es auch, mit dem Geld Liegenschaften zu kaufen, um damit wichtige Gemeindeaufgaben wahrzunehmen. Wenn die Gemeinde etwa ein Schulhaus kaufen oder einen Werkhof bauen will, muss sie wie bisher, je nach Betrag, GGR oder Stimmbevölkerung befragen.

 

Die Vorlage geht zurück auf einen Vorstoss der Fraktion SP plus Grüne mit dem Titel "Aktive und nachhaltige Boden- und Wohnbaupolitik". Zur Umsetzung des Gemeinderats sagte im Grossen Gemeinderat Worb (GGR) nur die SVP Nein. Die Fraktionen FDP, Die Mitte/GLP, EVP und SP plus Grüne stimmten zu (BERN-OST berichtete).

 

Unternehmen ansiedeln und öffentlichen Raum aufwerten

Einig waren sich die Befürworter:innen darin, dass die Gemeinde mit den Landkäufen mehr Einfluss auf die Entwicklung des Dorfs nehmen kann, und dass das positiv sei.

 

Die Parteien setzten in der GGR-Debatte aber leicht unterschiedliche Schwerpunkte. So betonte die FDP die Möglichkeit, die Ansiedlung von Unternehmen zu fördern, während SP und Grüne eher die Aufwertung des öffentlichen Raums, also zum Beispiel den Erhalt von Grünflächen für die Bevölkerung, oder die Förderung von kostengünstigem Wohnraum in den Mittelpunkt stellte.

 

Beispiel Sternenmatt

Auslöser für die ungewöhnliche Einigkeit bis weit ins bürgerliche Lager waren laut Guido Federer, Fraktionspräsident SP plus Grüne und Verfasser des ursprünglichen Vorstosses, die Vorgänge rund um die Sternenmatt. "Da wäre mehr Mitbestimmung möglich gewesen, wenn die Gemeinde das Land gekauft hätte", sagte er nach der GGR-Debatte im November. Dafür hätte sie aber schneller sein müssen, als es die demokratischen Vorgänge erlauben.

 

Die Kritikpunkte der Gegner:innen

Da die gekauften Grundstücke oder Liegenschaften ins Finanzvermögen eingehen, belastet ihr Kauf die Gemeinderechnung nicht, der Rahmenkredit soll deshalb nicht unter die Schuldenbremse fallen. Das ist einer der Punkte, den die SVP kritisiert. Sie betont, dass "mit einem solchen Rahmenkredit nicht ausserhalb der Schuldenbremse operiert werden" dürfe. Das Nein der Partei ist aber grundsätzlich. Die Aufgabe der Gemeinde sei es, attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen und nicht, mit Boden zu spekulieren. Die Vorlage schränke den freien Markt ein, ausserdem sei der Kauf von Liegenschaften so weniger breit abgestützt.

 

[i] Abgestimmt wird über den Rahmenkredit und über eine Teilrevision der Gemeindeverfassung. Diese braucht es, weil der Begriff "Rahmenkredit" erweitert wird. Hier geht es zur Abstimmungsbotschaft (PDF) auf der Website von Worb.


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Erstellt: 09.02.2022
Geändert: 11.02.2022
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