"150 Jahre Eisenbahn Konolfingen" Teil 5: Verkürzte Reisezeit, unflätige Redensarten und übler Geruch

Am 31. Mai und 1. Juni 2014 feiert die Gemeinde Konolfingen mit einem grossen Fest "150 Jahre Eisenbahn Konolfingen". Die lange Geschichte wird mit einer Sonderausstellung, sie ist jeden ersten Sonntag und Mittwoch sowie jeden dritten Sonntag im Monat geöffnet, im Dorfmuseum nachgezeichnet. BERN-OST blickt in einer Serie auf die Geschichte zurück - und auf das Bahnhoffest voraus.

Willi Blaser

Mit dem Bahnbau der Strecke Bern-Langnau wurde auch die Ära der Postkutsche in der Region nach und nach abgelöst. Neben der Bedeutung für den wirtschaftlichen Aufschwung war natürlich die verkürzte Reisezeit ein grosses Plus. Um 1820 verkehrten kleine „Chaisen“ mit nur zwei Plätzen. Die Reise zwischen Bern und Langnau dauerte rund 15 Stunden. Ab 1834 wurden elfplätzige Kutschen eingesetzt. Mit dem Tages-Eilwagen über holprige und zum Teil schlechte Wege verkürzte sich die Reisezeit auf „sechseinachtel Wegstunden“. Da brachte die Bahn schon eine beachtliche Zeiteinsparung. Die täglich drei Fahrten zwischen Bern und Langnau dauerten nur noch eineinhalb Stunden.

 

Zwei Tage Arbeit für eine Fahrt

 

Auch wenn die Fahrpreise bei der Postkutsche etwas tiefer lagen, die Preise waren für die damalige Zeit sehr hoch. Mit den damaligen kleinen Löhnen konnten sich die wenigsten Leute eine Reise leisten. Um 1860  hätte ein Zimmermann zwei Tage, mit längerer Präsenzzeit als heute,  arbeiten müssen um eine Retour-Fahrkarte 3. Klasse zu 3.20 Franken für die Bahn zu kaufen. Nicht viel weniger, je nach Wagenklasse zwischen 2.35 und 3.75 Franken kostete die Postkutsche. Für die einfache Fahrt zwischen Bern und Langnau mussten zwei Franken bezahlt werden.

 

Murtenchabis belästigte Frauenzimmer

 

Die schnellere Reisezeit war nicht immer ein Vorteil. Entweder waren die mit Holz beheizten Wagen zu stark oder zu wenig geheizt. Dazu gab es weitere Unannehmlichkeiten wie aus den Chroniken zu lesen ist. „Namentlich an Markttagen kömmt es vor, dass angetrunkene Kerls unflätige Redensarten ausstossen, arge Zotenlieder singen und dergleichen Unfug mehr treiben. Mitfahrende Frauenzimmer werden gezwungen, solches mitanzuhören, ohne ein Mittel zu haben, sich dem Scandal zu entziehen.“ Die damaligen Eisenbahnwagen waren in drei Klassen eingestuft. Die meisten Bahnreisenden konnten sich aber nur eine Fahrkarte dritter Klasse leisten.

 

Etwas, das erst in diesem Jahrhundert völlig aus dem öffentlichen Verkehr verbannt wurde, ist das Rauchen, das für viel Ärger sorgte. „Das ärgste aber ist das Tabakrauchen! Der dem Munde entsteigende Qualm wird den Mitreisenden ins Gesicht gepafft. Das kann bei Frauenzimmern zu wirklichen Uebelkeiten und andern Nachtheilen führen. Gegen so was kann sich in den Wagen dritter Klasse niemand schützen. Dein Gegenüber darf den ärgsten Murtenchabis qualmen, wahre Pestilenzgerüche um sich verbreiten und Jauche ausspucken, so viel er will, du darfst nicht mucksen und musst willenlos den eklen Einräucherungsprozess an dir vollziehen lassen“.

 

Der Ruf  nach Nichtraucher- und Raucherabteilen wurde lange Zeit nicht gehört. Solchen Uebelständen sollte gegengesteuert werden, und gewiss wäre die Errichtung einer eigenen Abtheilung für Raucher auch in der dritten Wagenklasse für das nicht rauchende Publikum eine so grosse Wohltat. Es ist nicht einzusehen, warum das Eidgenössische Eisenbahndepartement in dieser Sache bis jetzt noch nichts getan hat.“

 

Wollen Sie wissen was Ehemalige erzählen, dann lesen Sie nächste Woche hier in dieser Serie weiter…

 

[i] Sonderausstellung „150 Jahre Eisenbahn Konolfingen“ auf BERN-OST...

[i] Bahnhoffest „150 Jahre Eisenbahn Konolfingen" auf BERN-OST...

[i] Dorfmuseum Alter Bären...

[i] Konolfingen...

[i] Sonderseite der BLS AG...

[i] Nostalgisch ans Bahnhoffest fahren...

 

[i] Zum ersten Teil der BERN-OST Serie "150 Jahre Eisenbahn Konolfingen" mit Links auf alle bisherigen Artikel...


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Erstellt: 18.03.2014
Geändert: 18.03.2014
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