100. Ausgabe: Der Mann hinter dem "Chonufinger"
1998 erschien die erste Ausgabe der Dorfzeitung "Chonufinger" mit Willi Gügi als Chefredaktor. Heute hat er genau hundert davon rausgebracht. Grund genug, den Mann unter die Lupe zu nehmen, der trotz mehrfachen Umzugs dem Blatt immer noch die Treue hält.
Willi Gügi schmunzelt, wenn man ihn als Chefredaktor bezeichnet, auch wenn das seine offizielle Funktion ist. "Ich habe zwei Jugendredaktoren, die Berichte schreiben, und die Fotografin sorgt für stimmungsvolle Titelbilder. Ansonsten besteht meine Aufgabe hauptsächlich darin, die eingehenden Artikel und Informationen nach Rubrik zu ordnen und schlussendlich daraus die aktuelle Ausgabe zusammenzustellen", sagt der 67-Jährige. Die Texte und Bilder erhält er von Vereinen und Leuten aus dem Dorf. Selbst geht er praktisch nicht mehr vor Ort, um eigene Artikel zu schreiben.
Anfänge im analogen Zeitalter
Dass Willi Gügi kein Ur-Konolfinger ist wird schnell klar, wenn man mit ihm spricht. Sein Dialekt verrät ihn. Ursprünglich aus dem Thurgau, verschlug es ihn nach Stationen in Zürich und Steffisburg 1997 nach Konolfingen. Er wohnte aber auch in Bern, Neuenegg, Münsingen - und heute in Mirchel. 1998 schrieb die Gemeinde Konolfingen das Amt des Chefredaktors des Dorfblattes "Chonufinger" aus. Gügi dachte sich, dass das eine gute Gelegenheit wäre, seinen damaligen Wohnort und dessen Bewohner besser kennenzulernen und bewarb sich auf die Stelle. Weil es keine Mitbewerber gab, erhielt er praktisch umgehend den Zuschlag.
Damals lief alles noch etwas anders. Insbesondere die Technik machte einen riesigen Sprung in den letzten 22 Jahren, was sich auch auf den "Chonufinger" auswirkte. Gügi erinnert sich an die Anfänge: "E-Mail und Internet waren noch nicht aktuell. Die Beiträge gingen per Post und häufig von Hand geschrieben ein. Die Frau auf der Gemeinde war so nett und hat mir die alle abgetippt." Die Veränderung im Wandel der Zeit sieht man der Zeitung deutlich an, wenn man die erste und die hundertste Ausgabe vergleicht. War das Blatt anfangs noch unscheinbar und schwarz-weiss (abgesehen vom Dorfwappen), präsentiert sich der "Chonufinger" heute in Hochglanz, farbig und mit vielen Bildern.
Falsches Parteilogo und Abbruch eines Wahrzeichens
Besondere Freude hatte Willi Gügi während seiner bisherigen "Chonufinger"-Zeit an den verschiedenen Serien. In den ersten Ausgaben waren es Beiträge zu Hobby-Künstler*innen. Ein anderes Mal gab es beispielsweise Geschichten zu den Bächen in der Region. Zu den Höhepunkten des Chefredaktors gehörten Ereignisse wie das 75-Jahre-Jubiläum von Konolfingen oder der Abbruch des Kamins der Nestlé-Fabrik, der als Wahrzeichen des Dorfes galt.
Willi Gügi hat viel gesehen und miterlebt in Konolfingen. Gemeinderäte kamen und gingen. Er blieb. Das Positive überwiegt für Gügi. Ansonsten würde er die Zeitung nicht mehr betreuen. Zwischendurch gab es auch mal Reklamationen, kleinere Versehen und einmal eine schwierigere Phase. Bei politischen Themen war das manchmal etwas heikel, aber nie schlimm. So wurde einmal das falsche Parteilogo verwendet. Ein anderes Mal war der Wahltext für eine Kandidatur für das Gemeindepräsidium verschollen und erschien deswegen nicht. An einem Punkt stand Willi Gügi allerdings kurz vor dem Rücktritt. Als eine Fusion des "Chonufingers" mit der "Worber Post" zur Diskussion stand, wehrte er sich – mit Erfolg
Schon in der Verlängerung
Auch wenn er nicht mehr in Konolfingen wohnt, ist Willi Gügi dem "Chonufinger" treu geblieben. Seit zwei Jahren ist er pensioniert. Davor arbeitete der gelernte Elektriker immer Vollzeit. Seit 2011 ist er zusätzlich als Berichterstatter für den Bernisch Kantonalen Jodlerverband unterwegs. Die Dorfzeitung machte er nebenbei. Einst meinte Gügi, er werde nach der hundertsten Ausgabe aufhören. Jetzt sagt er, dass er sein Amt an den nächsten Gemeindewahlen abgeben werde. Die finden 2021 statt. Es bleibt abzuwarten, ob es eine weitere Verlängerung für Willi Gügi geben wird.