Worb - Berner Gemeindeverantwortliche liegen sich in den Haaren

Weil andere Gemeinden deutlich weniger ans gemeinsame Ausbildungszentrum zahlen, will Worb ­seine Zivilschützer zukünftig nach Spiez statt nach Köniz schicken.

Quentin Schlapbach, Berner Zeitung BZ
Die Vorwürfe sind happig: Schlechte Ausbildungsqualität, problematische Führung des Finanzhaushaltes, Privilegierung von anderen Zivilschutzorganisationen. Absender der Kritik ist die Gemeinde Worb. In ihrem Visier: das Regionale Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz Bern-Mittelland (RKZ BBM) in Köniz. Hier wird gut ein Drittel aller Zivilschützer im Kanton Bern ausgebildet.

Festgehalten sind diese Kritikpunkte in einer sechsseitigen Abstimmungsbotschaft für den Grossen Gemeinderat Worb. Dieser beschloss im Frühjahr ohne Gegenstimme, aus dem Gemeindeverbund RKZ BBM auszutreten. 76 Berner Gemeinden sind diesem Verbund angeschlossen, alle aus den Verwaltungskreisen Bern-Mittelland und Emmental.

Der Entschluss der Gemeinde Worb kam nicht überall gut an: «Dieser im stillen Kämmerlein gefällte Entscheid ist schlechter Stil», sagt Urs Wilk (FDP), Könizer Gemeinderat und Vorstandsmitglied des RKZ BBM. Die Gemeinde Worb habe im Vorfeld der Abstimmung im Gemeinderat nie das Gespräch mit dem Vorstand gesucht, so Wilk. Und: «Die einzelnen Vorwürfe sind so nicht haltbar.»

Die Vorwürfe aus Worb

Dicke Luft also zwischen Köniz und Worb. Wie ist es so weit gekommen? Der Ursprung des Konflikts liegt vier Jahre zurück. 2012 wurde beschlossen, die beiden Zivilschutzausbildungszentren in Köniz und Ostermundigen zusammenzulegen. Als alleiniger Standort wurde Köniz bestimmt. Weiter wurde vereinbart 1,72 Millionen in die Infrastruktur zu investieren. Dieser Betrag sollte solidarisch unter den 76 Gemeinden aufgeteilt werden.

2014 nahm das neue Zentrum den Betrieb auf. Bei der Zivilschutzorganisation (ZSO) Worb-Bigenthal machte sich rasch Unmut breit. «Es sind damals viele Zivilschützer missmutig aus den Kursen zurückgekommen», sagt Worbs Gemeindepräsident Niklaus Gfeller (EVP). Die Ausbildung entspreche nicht dem Sinn einer «zeitgemässen Erwachsenenbildung», heisst es dazu in der Worber Abstimmungsbotschaft.

Ins selbe Jahr fallen auch die Kritikpunkte bezüglich Finanzführung. 2014 war das Nettodefizit des RKZ BBM 38 Prozent höher als budgetiert. Ein Nachkredit über 525'000 Franken musste gesprochen werden. Und auch die Investitionen fielen höher aus als ursprünglich kommuniziert. Statt 1,72 Millionen beläuft sich der Aufwand mittlerweile auf 1,97 Millionen Franken.

Die Antworten aus Köniz

Auf Nachfrage bei der Geschäftsleitung des RKZ BBM gibt es aber für beide Mehrbelastungen eine Erklärung. Der Nachkredit wird mit den höheren Fusionskosten begründet. Konkret: Die Pensionskasse musste aufgebessert werden. Und die höheren Inves­titionen hängen zusammen mit der geplanten Sanierung der Übungspiste. Mit Betonung auf geplant: Definitiv ist noch nichts.

Aus heiterem Himmel seien diese Mehrbelastungen ohnehin nicht gekommen, so Urs Wilk: «Die Gemeinden waren in puncto Kosten jederzeit im Bild.» Dem Vorwurf bezüglich Ausbildungsqualität widerspricht Wilk fundamental. «Die ZSO Worb-Bigenthal ist die einzige Organisation, die an der Ausbildung Kritik übt», so Wilk.

Das Unverständnis in Bern

Jener Vorwurf, der laut Niklaus Gfeller für den Austrittsentscheid schliesslich der ausschlaggebende war, bleibt jedoch bestehen: die Sonderstellung der ZSO Bern plus. Die Stadt Bern sowie die Gemeinden Bremgarten, Deisswil, Diemerswil, Frauenkappelen, Münchenbuchsee, Wiggiswil und Zollikofen gehören nicht dem Verbund RKZ BBM an. Sie bilden zusammen die ZSO Bern plus.

Auch diese Organisation schickt ihre Zivilschützer nach Köniz in die Ausbildung. Dies im Rahmen eines Pauschalvertrags: 120'000 Franken zahlt die ZSO Bern plus jährlich dem RKZ BBM. Auf den einzelnen Einwohner umgerechnet, ist das etwa ein Viertel des Betrags jener Gemeinden, die dem RKZ BBM angeschlossen sind.

«Aus unserer Sicht ist dies ein fairer Vertrag für beide Seiten», sagt Berns Gemeinderat Reto Nause (CVP). Und auch Wilk sagt: «Der Beitrag der Stadt Bern ist verhältnismässig, weil sie im Vergleich zur Einwohnerzahl wenig Zivilschützer hat.» In Worb sieht man das anders. «Dass eine mit Worb vergleichbare Gemeinde wie Münchenbuchsee für ein Viertel der Kosten die gleichen Leistungen erhält, ist für uns nicht haltbar», sagt Niklaus Gfeller.

Reto Nause will von dieser Kritik nichts wissen: «Andere Gemeinden können sich unserer Zivilschutzorganisation gerne anschliessen», entgegnet er. Dass alle Gemeinden einen gleich hohen Beitrag pro Kopf zahlen, lehnt Nause ab. Die Stadt sei ­bezüglich Ausbildungsstandort nicht verpflichtet, hält der Nause klar fest. Für die Ausbildung seiner Zivilschützer sei letztlich jede Gemeinde selbst verantwortlich. «Wir hätten auch andere Möglichkeiten. Aktuell sehen wir jedoch keine Veranlassung, vom Vertrag Abstand zu nehmen», sagt Nause.

Quo vadis?

Wilk betont, dass man den Beitrag der Stadt Bern hinsichtlich der Reorganisation deutlich erhöhen konnte. Zuvor musste die Stadt nur 90'000 Franken jährlich für die Ausbildungskosten berappen. Jedoch haben sich fünf Gemeinden (Münchenbuchsee, Zollikofen, Deisswil, Diemerswil und Wiggiswil) erst auf die Reorganisation hin der ZSO Bern plus angeschlossen. «Dass diese Gemeinden sich bei den Ausbildungskosten drücken können, ist zwar unschön», sagt Wilk.

Den Vertrag deshalb infrage stellen, will er aber nicht. Ganz anders sieht man die Situation in Worb. Dort will man die Zivilschützer in Zukunft nach Spiez in die Ausbildung schicken. Möglich sein wird dies jedoch erst ab dem Jahr 2019. Eine Kündigung aus dem Gemeindeverbund kann erst aufs Ende eines Jahres plus zwei Jahre Frist erfolgen, also Ende 2018.

Ob Worb allerdings wirklich austreten wird, ist nicht definitiv. Da Worb zusammen mit Arni, Biglen, Landiswil, Schlosswil, Vechigen und Walkringen eine Zivilschutzorganisation bilde, ­müssen auch diese einen Austritt beschliessen. Bei allen sechs ­Gemeinden ist die Austrittsfrage für eine der kommenden Gemeindeversammlungen trak­tandiert.

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Quentin Schlapbach, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 17.05.2016
Geändert: 17.05.2016
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