Wichtrach - Peter Lüthi hat Wichtrach zusammengeführt

Peter Lüthi war der erste Gemeindepräsident Wichtrachs. Nach acht Jahren im Amt übergibt der Freisinnige das Zepter an seinen einstigen Konkurrenten und heutigen Parteikollegen Hansruedi Blatti. Lüthi will sich der Ortsgeschichte und seiner Frau widmen.

Lisa Stalder / Der Bund
Heute würde ein solch knappes Wahlergebnis wohl nachgezählt: Als die frisch fusionierte Gemeinde Wichtrach im November 2003 einen neuen Gemeindepräsidenten wählte, setzte sich der Quereinsteiger Peter Lüthi (FDP) mit einem Vorsprung von vier Stimmen gegen den einstigen SVP-Mann Hansruedi Blatti durch; das absolute Mehr überbot Lüthi um eine einzige Stimme. Das enge Resultat - ein «Zufallsmehr», wie es Lüthi damals nannte - wurde aber sowohl vom Konkurrenten wie auch von der Bevölkerung anstandslos akzeptiert. Er sei eben von «den kleineren 50 Prozent» gewählt worden, sagte Blatti damals gegenüber dem «Bund». Nun, acht Jahre nach der knappen Wahl, tritt der erste Gemeindepräsident Wichtrachs zurück - und sein einstiger Konkurrent kommt doch noch zum Handkuss: Hansruedi Blatti, mittlerweile Mitglied der Freisinnigen, wird am 1. Januar die Nachfolge Lüthis antreten.

«Bäumige» Stimmung im Rat

Der Abschied tue ihm schon ein wenig weh, sagt Lüthi. Die Stimmung im Gemeinderat sei stets «bäumig» gewesen, die Zusammenarbeit mit der Verwaltung «eine wahre Freude». Ganz besonders habe er geschätzt, dass es in Wichtrach in den letzten acht Jahren zu keinen politischen Krisen gekommen sei: Probleme hätten stets diskutiert werden können. «Nie hat jemand mein Vertrauen oder jenes des Gemeinderats missbraucht», sagt Lüthi. So habe der Gemeinderat effizient arbeiten können. Mit Erfolg: Die Gemeinde hat ein gutes Dienstleistungsangebot und ein reges Vereinsleben. Auch finanziell sieht es gut aus: Während andere Gemeinden die Steuern erhöhen mussten, konnte in Wichtrach der vergleichsweise tiefe Steuersatz von 1,49 auch für das kommende Jahr beibehalten werden. Auch sei die Finanzierung künftiger Projekte wie zum Beispiel des Hochwasserschutzes bereits gesichert, so Lüthi. 2010 sei zudem die Ortsplanungsrevision ohne Gegenstimme genehmigt worden - «davon können andere Gemeinden nur träumen.»

Dass es für Lüthi so reibungslos lief, ist indes nicht selbstverständlich: Denn er und seine Ratskolleginnen und -kollegen hatten die schwierige Aufgabe, aus den einstigen Gemeinden Nieder- und Oberwichtrach eine Einheit zu formen. «Gerade zu Beginn war in der Bevölkerung die Skepsis gegenüber der neuen Gemeinde noch gross», sagt Lüthi. Es sei daher wichtig gewesen, politische Entscheide möglichst transparent zu kommunizieren, «die Leute wollten wissen, wie es weitergeht». Bei der Zusammenführung der beiden Ortsteile habe auch die Dorfzeitung «Drachenpost» eine wichtige Rolle gespielt. Es sei dem Gemeinderat ein Anliegen gewesen, dass die Zeitung nicht nur ein «Sprachrohr» der Gemeinde sei, sondern ein Spiegel der Dorfgemeinschaft werde. Das Produkt kam an: «Immer wieder sagten mir Leute, dass sie nun endlich wüssten, was im Dorf laufe.»

Fusion ist abgeschlossen

Mittlerweile sei die Fusion «endgültig abgeschlossen», sagt Lüthi. An der Gemeindeversammlung Anfang Monat sei das letzte Reglement aus Oberwichtracher Zeit angepasst worden; auch die Zusammenführung der Finanzverwaltung und der Gemeindeversammlung am Standort Stadelfeld sei vollbracht.

Er könne auf eine erfolgreiche Zeit als Gemeindepräsident zurückblicken; einen Wermutstropfen gebe es trotzdem: Er hätte sich gewünscht, dass es mit dem Hochwasserschutz etwas schneller vorwärtsgegangen wäre. Als er sein Amt angetreten habe, habe er gesagt, dass am Ende der ersten Legislatur der Spatenstich für das Hochwasserschutzprojekt stattfinden solle. «Nun stehe ich am Ende der zweiten Legislatur und kann beim besten Willen nicht sagen, wann endlich gebaut werden kann.»

Ortsgeschichte und Italienisch

Das Dossier Hochwasser kann der 72-jährige Lüthi nun seinem Nachfolger übergeben. Lüthi selber wird sich zwar aus der Politik zurückziehen, aber mit der Gemeinde wird er auch weiterhin stark verbunden bleiben. So werde er im nächsten Jahr noch bei der «Drachenpost» mitarbeiten. Zudem werde er sich an der Aufarbeitung der Ortsgeschichte beteiligen, sagt er.

Seine neu gewonnene Freiheit möchte Lüthi auch mit seiner Frau geniessen. Als Gemeindepräsident sei er stets auf Abruf gewesen - «und dies 24 Stunden am Tag». Dabei habe seine Frau oft «die Zwei am Rücken» gehabt. Das solle sich nun ändern. Ihm schwebt beispielsweise vor, den Hund ins Auto zu laden und einfach loszufahren. Ins Oberland, in den Jura oder ins benachbarte Ausland. Damit er sich auch in Italien durchschlagen kann, besucht er seit kurzem einen Italienisch-Kurs. «Das Wörtli-Lernen fällt mir allerdings nicht mehr ganz leicht.»

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Lisa Stalder / Der Bund
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Erstellt: 30.12.2011
Geändert: 30.12.2011
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