Walkringen - Steuerhölle senkt Steuern

Von 2,14 auf 2,09: Der Gemeinderat möchte die Steuern vom rekordhohen Ansatz herunterholen - wenn auch nur ein kleines bisschen.

Stephan Künzi, Berner Zeitung BZ

Steuerhölle. Wann immer es in der letzten Zeit um hohe Steuern ging, war ihr Name nicht weit: Nach etlichem Hin und Her rang sich die Gemeinde Walkringen auf Anfang 2014 dazu durch, den Steuerfuss um drei Zehntel auf einen Ansatz von 2,14 anzuheben. Kantonsweit knöpfen nur die Juradörfer Sonvilier und Schelten den Bürgern mehr Geld ab. Alle anderen Gemeinden sind attraktiver - auch solche, die längst nicht so gut liegen wie Walkringen am Übergang vom Emmental zur Agglo Bern.


Entsprechend hitzig waren die Debatten, bis es so weit war. Schon für 2013 hatte der Gemeinderat die Steuern anzuheben versucht, doch zweimal war er damit in der Gemeindeversammlung gescheitert. Das hatte Folgen. Um den Jahreswechsel 2012/2013 blieb auf verkehrsarmen Nebenstrassen plötzlich der Schnee liegen, weil das Geld fehlte, und auch für das Skilager gabs keinen Zustupf aus der Gemeindekasse mehr. Dass Alt-Bundesrat Adolf Ogi mit seiner Stiftung «Freude herrscht» in die Bresche sprang, machte Walkringens Probleme sogar national bekannt.


Und nun das: Nur zwei, drei Jahre nachdem die Gemeinde derart finanziell am Boden lag, will der Gemeinderat mit dem Budget 2016 die Steuern senken. Folgt ihm am Montag die Gemeindeversammlung, gilt ab dem nächsten Jahr ein Satz von 2,09.


Bauplätze verkauft


Mit einem halben Steuerzehntel weniger wird der Einzelne zwar nicht sehr viel sparen. Gemeindepräsident Peter Stucki (parteilos) weiss es, und er betont, dass ihm das politische Zeichen genauso wichtig ist wie die Steuersenkung an sich. Die Situation in den Gemeindefinanzen habe sich merklich entspannt, sagt er, verantwortlich dafür seien verschiedene Minderausgaben und Mehreinnahmen. So könne die Gemeinde erneut mit tieferen Beiträgen an die Lehrerbesoldungen budgetieren. Der Aufwand für die Abschreibungen sinke wegen der neuen, vom Kanton so vorgegebenen Praxis ebenfalls, während bei den Einkommenssteuern trotz dem tieferen Ansatz mit stabilen Verhältnissen zu rechnen sei.


Stucki betont weiter, dass Walkringen über 500 000 Franken Eigenkapital verfügt. Das entspricht rund drei Steuerzehnteln, womit die Gemeinde die Empfehlung des Kantons nach einer Reserve von drei bis fünf Steuerzehnteln erfüllt. Schliesslich erklärt er, dass die Rechnung im laufenden Jahr wohl besser abschliessen wird - weil die Gemeinde gleich drei Bauplätze habe verkaufen können.


Ob Walkringen so nicht einfach sein Tafelsilber verscherbelt? Stucki glaubt es nicht. Diese Frage werde sich erst später stellen, wenn es allenfalls um die zahlreichen Liegenschaften in Gemeindebesitz gehe. «Wir werden uns Gedanken machen müssen, ob wir wirklich alle Gebäude behalten wollen.»

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Stephan Künzi, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 28.11.2015
Geändert: 28.11.2015
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