Walkringen - Ein Dorf feiert seine alte Kirche
Fünfhundert Jahre hat die malerisch gelegene reformierte Kirche von Walkringen bereits auf dem Buckel. Seine Bewohner widmeten dem schneeweissen Gebäude deshalb ein Fest.
Ding, dong, ding, dong – es läuten die Glocken über Walkringen. «Einer der hellsten und klarsten Klänge aller Kirchen in der Region», sagt Kirchgemeinderat Beat Galli stolz. Es ist Samstagnachmittag. Überall machen sich Festivitäten breit. Jung und Alt versammelt sich rund um die Kirche, geniesst die Sonne und lauscht dem Glockenspiel. «Mein Vater hat gesagt, es klinge wie bei einer katholischen Kirche», wirft eine ältere Frau ein. Beim Bau 1515 war das Gotteshaus tatsächlich noch katholisch. Aber die kurz darauf beginnende Reformation machte sich auch in Walkringen breit. «Seither haben wir einen direkten Draht zu Gott – ohne Umweg über Rom», scherzt Galli.
Einen Umweg über Walkringen zu machen, schien in der Vergangenheit aber gang und gäbe zu sein. Dies zeigte sich bei der letzten grossen Renovation der Kirche (1986–1987). Von den Römern, den Alemannen und den Franken wurden rund um den Hügel Artefakten gefunden. Es steckt also ein ordentliches Stück Geschichte hinter den Mauern des spätgotischen Baus.
Altes und Neues
Diese Erfahrung machte auch der heutige Pfarrer. Peter Raich übernahm das Amt vor 15 Monaten. Zuvor war der Baden-Württemberger in den Kantonen Zürich und Thurgau tätig. Und drei Jahre in Afrika – als Sportlehrer. Das Jubiläum seiner neuen Gemeinde ist für den Neuankömmling etwas Spezielles. «Mir wurde die Dimension dieser Kirche so richtig bewusst», sagt Raich. «Wie viele Menschen mit ihren Sorgen, Nöten und Zweifeln hierher kamen und in dieser Kirche Gemeinschaft fanden. Das strahlt dieses Gebäude auch aus.» Was er an der Kirche besonders schätzt, ist die Verbindung zwischen Alt und Neu. «Ich war kürzlich im Burgund. Viele Kirchen, die wir besuchten, waren alt und verstaubt und schimmelten vor sich hin. Viele setzen dieses Ambiente natürlich mit der Botschaft gleich, die an diesen Orten verkündet werden soll.»
In der modern ausgestatten Kirche von Walkringen sei dies definitiv nicht der Fall, so Raich. Wie dieser Wandel aussieht, zeigt sich eindrücklich an einer Ausstellung im Kirchgemeindehaus. Der in Walkringen aufgewachsene Stefan Flückiger und Kirchgemeindesekretärin Ursula Aeschlimann sammelten Konfirmandenfotos von 1939 bis 2015. Mit wenigen Ausnahmen ist die Serie komplett. «Gut die Hälfte der Fotos fanden wir in den Archiven der Gemeinde, die andere Hälfte organisierten wir bei den ehemaligen Konfirmanden», so Flückiger. Die Bilder stossen auf grosses Interesse. Vor der «Timeline» bilden sich Schlangen. Jeder sucht nach Freunden und Bekannten – und nach sich selbst.
Haarige Konfirmation
Die Erinnerungen kommen hoch, und immer wieder wird vor den Fotos gelacht. «Wie wir da ausgesehen haben», sagt eine Besucherin schmunzelnd, die in den 80er-Jahren konfirmiert wurde. Tatsächlich streikten die Coiffeure scheinbar das ganze Jahrzehnt. Anders sind die haarigen Auswüchse dieser Zeit nicht zu erklären. Von Jahr zu Jahr verändert sich der Look. Die Röcke werden kürzer, die Krawatten bunter. Nur eines bleibt gleich: die schneeweisse Kirche im Hintergrund.
[i] Siehe auch:
- Wochen-Zeitung Artikel "Seit 500 Jahren steht die Kirche im Dorf" vom 28.05.2015