Abstimmung in Oberdiessbach: Drei starke Argumente für und gegen Tempo 30

Am Montag wird an der Gemeindeversammlung über Tempo 30 abgestimmt. Was spricht für und was gegen Tempo 30? Wir lassen das Pro- und das Kontrakomitee die Klingen kreuzen.

Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch

Am Montagabend werden Gegnerinnen und Befürworter von Tempo 30 in die Turnhalle der Sekundarschule Oberdiessbach strömen. Über zwei Themen wird an diesem Abend abgestimmt. Einerseits geht es um Tempo 30 im Dorf, andererseits um Tempo 30 auf der Hauptstrasse.

 

Der Kanton bestimmt, aber nicht nur

Da die Hauptstrasse - welche direkt durchs Dorf führt- eine Kantonsstrasse ist, kann nicht die Gemeinde übers Tempo entscheiden, sondern der Kanton. Dieser möchte die Hauptstrasse sanieren und gleichzeitig Tempo 30, statt dem bisherigen Tempo 50 einführen. Der Gemeinderat hat entschieden, dass konsultativ über Tempo 30 abgestimmt wird. Konsultativ heisst, der Gemeinderat wird das Abstimmungsergebnis dem Kanton mitteilen. Weiter wird er gegenüber dem Kanton Bern künftig die Position der Abstimmungssieger wahrnehmen.

 

Zwei Komitees setzen sich für und gegen Tempo 30 ein

Letzten Herbst hat sich das Komitee Stopp-Tempo30 gebildet. Verschiedene Leute engagieren sich gegen die Abschaffung von Tempo 50, sie wollen sich keiner Partei zuordnen, bisher hat Markus Hirschi für das Komitee Stellung bezogen. Das Komitee hat bereits mehrere Flyer gegen Tempo 30 an die Haushalte verteilt. 

 

Kurz vor der Abstimmung hat sich in Oberdiessbach ein Ja-Komitee gemeldet. Mitglied des Komitees sind Personen aus Oberdiessbach aus den Parteien FDP, GLP, EVP und SP. Martin Friedli vertritt das Komitee gegen aussen. Das Komitee legt seine Argumente auf dieser Internetsite dar.

 

Argumente Pro und Kontra zur Hauptstrasse

BERN-OST hat beide Komitees gefragt, welches ihre stärksten Argumente für und gegen Tempo 30 sind.

 

Abgestimmt wird über die folgende Frage: «Stimmen Sie einer zeitnahen Sanierung der Kantonsstrasse zu, im Wissen, dass damit verbunden Tempo 30 signalisiert wird?»

 

Dafür: Die Argumente des Komitees «Oberdiessbach sagt Ja»

  • Mit der Sanierung der Ortsdurchfahrt werden zwei Fliegen auf einen Streich geschlagen – Die neue Fahrbahn reduziert den Lärm und die darunter liegenden Werkleitungen können gleichzeitig für unsere Gemeinde günstig saniert werden.
  • Tempo 30 erhöht die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer deutlich! Statistiken zeigen, dass in 30er Zonen kaum noch schwere Unfälle passieren. Die Schulkinder, welche die Ortsdurchfahrt und Gemeindestrassen (Bsp Kreuzung Bäckerei Wegmüller) täglich mehrmals überqueren müssen, werden es uns danken.
  • Ein „Nein“ bedeutet mehr Kosten, weil Oberdiessbach die Sanierung der Werkleitungen selber berappen muss. Ein „Nein“ bedeutet mehr Lärm, mehr Stau, das Aussterben der Ladenlokale und ein viel grösseres Risiko für schwere Unfälle. Das alles können wir mit unserem „Ja“ verhindern!

Dagegen: Die Argumente des Komitees «Stopp Tempo 30»

  • Gefährlich: Schon jetzt ist die Strasse mit 6 Meter Breite zu eng. Neu soll die Strasse auf 5.7 Meter verengt werden, mit schrägem Randstein. Auffahrten mit LKW und Landwirtschaftsfahrzeugen sind vorprogrammiert, es ist kein Raum für Flucht vorhanden. Wo bleibt die Sicherheit?
  • Kosten: Die Kostenbeteiligung der Gemeinde ist unklar, der aktuelle Betrag im Vorprojekt beträgt 300'000 Franken. Künftige Unterhaltskosten für Grünflächen und Klimabäume sind nicht geklärt. Private Parkplätze sollen aufgehoben werden. Wer entschädigt diese?
  • Fehlende gesetzliche Grundlage: Stände- und Nationalrat (Motion Schilliger) lehnen Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen ab! Viele Gemeinden im Kanton Bern haben aktuell bei ähnlichen Voraussetzungen Tempo 30 abgelehnt, u.a. Saanenmöser, Erlenbach, Trubschachen. Dies wurde vom Kanton ohne Widerspruch akzeptiert.

Argumente Pro und Kontra zum Dorfkern

Bei der zweiten Abstimmung geht es um Tempo 30 im Dorf.

Abgestimmt wird über die Frage: «Soll das Gesamtprojekt Verkehrsberuhigung Dorfkern mit Tempo 30 weiterverfolgt werden?»

 

Dagegen: Die Argumente des Komitees «Stopp Tempo 30»

  • Sicherheit: Es besteht nachweislich kein Defizit und daher kein Handlungsbedarf. Die Schulwege sind sicher. Die grossflächige Einführung von Tempo 30 ist nicht nötig, lehnen wir ab, punktuelle Massnahmen sollen jedoch möglich bleiben.
  • Kosten: Die Gemeinde übernimmt sich finanziell. Im Finanzplan 2024-28 sind über drei Millionen Franken für Investitionen im Strassenbereich vorgesehen, davon rund eine Million für Massnahmen im Zusammenhang mit Tempo 30. Weitere Steuererhöhungen sind daher kaum zu vermeiden.
  • Bevormundung: Laut Messungen (85 % fahren 35-45 km/h) halten sich die meisten an geltende Regelungen und verhalten sich vorbildlich. Mit ideologischem Tempo 30 im Giesskannenprinzip werden Selbstverantwortung, gesunder Menschverstand, Rücksichtname mit Bevormundung und Schikanierung bestraft.

Dafür: Die Argumente des Komitees «Oberdiessbach sagt Ja»

  • Die geplante 30er Zone im Dorfkern deckt beide Schulhäuser und das Areal des Alters- und Pflegeheims ab. Dies ist der effizienteste Schutz für die Schwächsten unserer Gesellschaft – das sind wir ihnen schuldig!
  • Mit der 30er Zone wird unser Dorfkern aufgewertet – es entsteht eine Begegnungszone für Jung und Alt. Die Verkehrsberuhigung belebt Oberdiessbach und schafft neue Perspektiven für unsere Läden und Restaurants.
  • Ein „Nein“ bedeutet, dass wir unsere Kinder und die ältere Generation im Stich lassen und die Chance unseren Dorfkern aufzuwerten ungenutzt bleibt. Dein „Ja“ hingegen wird unser Dorf beleben und attraktiver und lebenswerter machen!

 

Die Gemeindeversammlung findet am Montag, 10. Juni in der Turnhalle der Sekundarschule in Oberdiessbach statt.

 

[i] Ausführliche Botschaft des Gemeinderats zur Gemeindeversammlung


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
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Erstellt: 06.06.2024
Geändert: 06.06.2024
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