Stettlen - Das Rezept gegen das Ladensterben greift nur zögerlich

Der Internetshop von fünf Läden läuft erst zögerlich. Detaillisten und Behörden halten dennoch an ihm fest – weil er das Bewusstsein für das Angebot im Dorf schärfe.

Stephan Künzi, Berner Zeitung BZ
Da scheint guter Rat teuer. Bis im Sommer werden in Worb gleich fünf Läden dichtmachen und keiner weiss so recht, was sich dagegen tun lässt. Mit einer einfachen Anfrage im Gemeindeparlament hieven FDP und SP das Ladensterben nun aufs politische Parkett (News von gestern), derweil nur wenige Kilometer entfernt in Gerzensee der Gemeinderat die Debatte selber angestossen hat. Aber auch dort blieb letzte Woche einer Diskussionsrunde nur das ernüchternde Fazit: Ein freier Markt, in dem die mächtigen Detailhandelsketten immer stärker den Ton angeben, lässt den Behörden in dieser Frage kaum Handlungsspielraum. Tatsächlich? Lorenz Hess vertritt eine andere Meinung. Der Gemeindepräsident von Stettlen ist überzeugt davon, dass die Behörden zugunsten der Läden im Dorf etwas bewegen können. Indem sie mit den Detaillisten im Gespräch bleiben, ihnen ab und zu einen Flyer finanzieren, gemeinsam mit ihnen unkonventionelle Ideen entwickeln – augenfälligstes Resultat dieser Bemühungen ist der Internetshop, den fünf Läden aus dem Dorf vor drei Jahren auf Initiative der Gemeinde lanciert haben.

Hess sagt offen, dass der Eshop-stettlen.ch, wie der virtuelle Laden offiziell heisst, besser laufen dürfte, und Hans Probst pflichtet ihm bei. Der am Projekt beteiligte Metzger redet von einem Kreis von vielleicht dreissig Stammkunden, die regelmässig einmal pro Monat bestellen – und zeigt sich doch nicht unzufrieden. Zumal sich die Kosten im Rahmen hielten: «Was wir für den Shop zahlen müssen, bemisst sich am Umsatz.»

 

Heimlieferdienst ist gratis


Wichtig sei vor allem der Werbeeffekt, sagt Gemeindepräsident Hess. «Der Shop hat die Läden ins Bewusstsein zurückgerufen, uns weitherum Aufmerksamkeit in den Medien beschert.» Den zögerlichen Bestellungseingang erklärt er sich damit, «dass wir vielleicht noch etwas zu früh dran sind». Die heutigen Senioren, an die sich das Angebot unter anderem richte, seien im Umgang mit dem Computer halt noch nicht so geübt. «In einer Generation wird das anders sein.» Deshalb sei es nie ein Thema gewesen, das Angebot trotz des mässigen Erfolgs gleich wieder einzustellen.

 

Der Shop, an dem neben der Metzgerei auch die Bäckerei, das Lebensmittelgeschäft, die Drogerie und der Blumenladen beteiligt sind, hat zum Start auch über 60'000 Franken gekostet. Finanziert wurde er zu einem grossen Teil mit Geld aus der Genossenschaft EvK und zu einem kleinen mit Gemeindemitteln. Die Detaillisten ihrerseits entrichten die vom Umsatz abhängige Gebühr und leisten vor allem Arbeit. Sie bestücken die Internetseite mit Bild und Text zum aktuellen Angebot, und sie wickeln den ganzen Bestellvorgang ab, gratis Heimlieferung inbegriffen.

www.eshop-stettlen.ch

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Stephan Künzi, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 21.02.2012
Geändert: 21.02.2012
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