Schlosswil/Münsingen - Freispruch nach Angriff mit Schraubenzieher

Das Kreisgericht Konolfingen hat einen Mann freigesprochen. Der schuldunfähige, schizophrene Angeklagte war wegen zweifacher versuchte vorsätzliche Tötung angeklagt. Er war mit einem Schraubenzieher auf seine Opfer losgegangen.

sda / Res Reinhard, info@reinhards.ch
Das Gericht sprach den Angeklagten am Dienstagabend von allen Anklagepunkten frei. Zudem wurde eine stationäre Massnahme in einer gesicherten Spezialabteilung angeordnet. Dies weil der Angeklagte schizophren und rückfallgefährdet ist, wie ein forensisch-psychiatrisches Gutachten ergeben hatte.

Der Freispruch hat zur Folge, dass der Kanton Bern für die Verfahrenskosten von rund 11 500 Franken aufkommen muss. Zudem erhält der Freigesprochene eine Entschädigung von rund 10 000 für die aufgelaufenen Kosten für seine amtliche Verteidigung. Bis eine geeignete Anstalt gefunden wird, bleibt der Täter in Haft.

Gerichtspräsident Urs Reusser erklärte anlässlich der mündlichen Urteilseröffnung, dass der Täter behandelbar sei. Dies schliesse eine Verwahrung aus. Durch seine Erkrankung, welche sich ab 1999 abzeichnete, habe der Täter an Wahnvorstellungen gelitten. Wegen seiner Geisteskrankheit könne der Täter nicht für seine Tat verantwortlich gemacht werden.

Angriff mit Schraubenzieher

Im Mai 2005 soll der Angeklagte einen Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz in Münsingen zuerst ins Gesicht geschlagen und danach mit einem Schraubenzieher am Brustkorb und auf Rippenhöhe verletzt haben. Das 10-jährige Arbeitsverhältnis mit dem gebürtigen Rumänen, der seit 1991 in der Schweiz wohnt, wurde als Folge davon aufgelöst.

Die zweite Tat ereignete sich im vergangenen Februar. Der Angeklagte stiess am Bahnhof Münsingen auf einen Polizisten. Er glaubte, dass der Polizist zusammen mit seinem ersten Opfer die Steuerverwaltung und das Betreibungsamt auf ihn angesetzt habe.

Seinem zweiten Opfer versetzte er am Bahnhof Münsingen mit demselben Schraubenzieher, welchen er inzwischen spitzig geschliffen hatte, sechs Stiche, drei davon im Brustbereich. Die Stiche verursachten keine lebensbedrohlichen Verletzungen.

Laut Staatsanwalt Markus Schmutz hatte er jedoch deutlich mehr als sechs mal zugestochen. Einer der Stiche wurde durch die Griffschale der Schusswaffe des Polizisten abgehalten. Die Waffe befand sich in ihrer Halterung auf Brusthöhe.

Bedroht gefühlt

Die Aussagen des Täters vor Gericht waren nur mit Mühe zu verstehen und waren häufig verwirrlich. Er habe sich von den beiden Männern "schikaniert, provoziert und bedroht" gefühlt, sagte der Angeklagte vor Gericht. Er sei in dieser Zeit laufend betrieben und gemahnt worden, obwohl er immer alle Rechnungen bezahlt habe.

Die Staatsanwaltschaft sowie die amtliche Verteidigung waren sich in ihren Anträgen einig: Der Angeklagte sei in Anwendung von Art. 10 Strafgesetzbuch (StGB) für unzurechnungsfähige Straftäter von allen Anklagepunkten freizusprechen. Es sei eine stationäre Massnahme anzuordnen.

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Erstellt: 28.11.2006
Geändert: 28.11.2006
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