Pro Abstimmung Worbboden: «Es ist keine Luxussanierung»

Die Worber Bevölkerung kann über die Sanierung des Schulhauses Worbboden abstimmen. Es geht um 26 Millionen Franken. Wir wollten wissen, warum eine Sanierung so teuer kommt und ob man dafür nicht ein neues Schulhaus hätte bauen können.

Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch

BERN-OST: Herr Wermuth, warum hat man nicht früher mit der Sanierung begonnen? Warum hat man so lange gewartet, so dass es jetzt 26 Millionen kostet?

Bruno Wermuth: Vor etwa zehn Jahren hat man eine erste Projektstudie zur Sanierung gemacht. 2012 gabs einen Kostenvoranschlag mit einem Sanierungsbedarf von rund zwölf Millionen Franken. Über die Jahre wurden bereits drei Flachdächer und der Lehrerbereich saniert.

 

Was geschah mit diesem Projekt der Zwölf-Millionen-Sanierung?

Der politische Wille war nicht da, das zu machen, weil man wusste, dass es teuer wird. Die Politik schob es vor sich hin.

 

Das ist speziell. Wer schob es hinaus, der Gemeinderat?

Nein, es war nicht der Gemeinderat. Was man sagen kann, der Gemeinderat wollte sich nicht auf die Sanierung einlassen, das war schwierig. Man wusste immer, dass man sanieren muss. Dann kam ein Projekt mit einer Glasfassade, da gingen die Meinungen auseinander. Die Diskussion führte zu roten Köpfen im Gemeinderat. Wir beschlossen darauf, die Sanierung anders anzugehen. Im Rahmen einer öffentlich ausgeschriebenen Präqualifikation haben sich neun Planerteams für den Studienauftrag beworben. Es gab einen Wettbewerb mit dem Sieger-Team Büro B Architekten aus Bern.

 

Ein grosser Teil der Sanierung betrifft die Fassade. Wo liegt das Problem?

Die Fassade ist komplett verwittert, Wasser drückt durch, Fenster schliessen nicht mehr sauber. Das verursacht enorme Energiekosten beim Heizen, man heizt gegen aussen. Ein Ziel bei der jetzigen Sanierung ist, dass wir die Betriebskosten senken können. Nach ersten Berechnungen sind die 125'000 Franken pro Jahr.

 

Warum soll das Stimmvolk Ja sagen?

Der Worbboden hat im Lebens-Zyklus einer Schulanlage seinen Zenit erreicht, nach 47 Jahren muss man totalsanieren. Der Rohbau ist in gutem Zustand, aber alles andere ist am Lebensende angekommen. Je länger man wartet, umso teurer wird es. Die Gemeinde ist verpflichtet, Schulraum zur Verfügung zu stellen.

 

Zudem wird es nicht nur als Schulanlage genutzt. Von morgens um sieben bis spät am Abend um 22 Uhr nutzen Vereine, Jugendliche und Erwachsene Anlage, Turnhalle und Aussenplätze. Es ist eine ganzheitliche Sanierung, jeder Hauseigentümer weiss, dass man dies machen muss.

 

Es gibt neu einen Lift, um von der Galerie in Turnhalle zu gelangen. Das Gebäude wird nach Minergie-Standard ausgebaut. Braucht es das wirklich?

Das Gebäude wird behindertengerecht zugänglich gemacht, aus diesem Grund braucht es diesen Lift. Minergie ist wichtig, wir entschieden uns für den Standard: Minergie-Umbauten. Das führt zu Mehrkosten von 360'000 Franken. Wenn wir aber die Energie-Einsparung anschauen, so können wir diesen Betrag innerhalb von sechs Jahren wieder einsparen.

 

Gegnerinnen und Gegner sprechen von einer Luxussanierung mit Fenstern, die automatisch geöffnet und geschlossen werden können.

Es ist keine Luxussanierung. Wir haben drei bis vier Fenster-Varianten angeschaut, was es kostet, und wie die Effekte sind. Die Lüftung ist heute wichtig, wir haben mehr Hitzetage im Sommer als früher. Die Fenster können abends automatisch geöffnet werden, damit das Schulhaus über Nacht runterkühlen kann. Wir haben die beste, nicht die teuerste Variante ausgewählt. Beim Auswahlverfahren waren Lüftungstechniker dabei, zudem haben wir andere Schulhäuser und deren Konzepte angeschaut, um zu sehen, wie es funktioniert. Diese Erkenntnisse flossen in diesen Prozess ein.

 

Ist das Schulhaus nicht zu gross für die Anzahl Schüler? Damals wurde es für 500 Schülerinnen gebaut, heute gehen noch 290 im Worbboden zur Schule.

Wie sollen wir sanieren, wenn es jetzt weniger Schüler hat? Einen gewissen Trakt nicht sanieren und dort eine Million einsparen? Das ist nicht möglich, wir müssen nach Anzahl Zimmer und Quadratmeter sanieren, nicht nach Schülerinnen. Wir benötigen heute alle mehr Platz als noch 1975. Es gibt Gruppenräume, um den pädagogischen Ansprüchen nach Lehrplan 21 gerecht zu werden. Sollten wir zu viel Platz haben, werden die Räume vermietet. Das passiert schon heute.

 

Könnte man für die 26 Millionen nicht gleich ein neues Schulhaus bauen?

Das stimmt nicht, diese Behauptung kann ich nicht nachvollziehen. Ich verlasse mich auf Experten, die uns beraten und Erfahrung haben. 1975 betrugen die Baukosten 17 Millionen, heute rechnen wir Faktor drei, das wären dann 50 Millionen Franken. Dazu käme die graue Energie, die vernichtet würde, das wäre bei einem Abriss und Neubau enorm. Wir haben eine Schulanlage mit Doppelturnhalle und Aula, die wir sanieren müssen. Saniert werden Fassade, das Elektrische, alle Wasserleitungen, die Böden und Aussenräume, die restliche Gebäudesubstanz ist noch gut.

 

Was passiert bei einem Nein am 22. Oktober?

Wir haben keinen Plan B. Bei einem Nein entscheidet der Gemeinderat, wie es weitergeht. Vom Verfahren her, mit Vorschlägen von Architekturbüros, sind wir überzeugt, dass es die beste und günstigste Lösung ist. Bei einem Nein wäre die Wahrscheinlichkeit gross, dass man mit einer «Pflästerlipolitik» weiterfährt. Man würde fortlaufend flicken und ausbessern, ein Provisorium bauen, dies wäre das Szenario.

 

Wir hoffen, dass das Volk zustimmt. Es ist eine Anlage, welche von der gesamten Bevölkerung, von vielen Vereinen, Musikschulen und Lauftreffs genutzt wird.

 

[i] Bruno Wermuth (62), ist Biolandwirt und seit acht Jahren Gemeinderat in Worb, wo er das Departement Bau leitet. Wermuth trat als Jugendlicher der SVP bei, er verliess die Partei 2020, da sie ihm «einen zu rechtspopulistischen Kurs» fuhr. Danach trat er den Grünliberalen bei. 

 

[i] Morgen berichten wir über die Argumente des Gegenkomitees. 


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
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Erstellt: 06.10.2023
Geändert: 06.10.2023
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