Philipp Steiner: Aller guten Dinge sind… drei!
Was für eine Bilanz! Am Montag WM-Gold in der Abfahrt, am Dienstag Gold im Super-G... und dann eine dritte Goldmedaille im Kombinationswettkampf. Der Münsinger Philipp Steiner (25) verwies in Nesselwang (D) die zwei stark fahrenden Franzosen auf den 2. und 3. Podestplatz und sicherte sich damit an den Gehörlosen-Weltmeisterschaften in Bayern das dritte Edelgold!
Von der Öffentlichkeit kaum bemerkt und fernab aller medialen Schlagzeilen brillierte der junge Sanitärmonteur aus dem Aaretal auch gestern und sicherte sich bereits im ersten Rennen – einem Super-G – eine gute Ausgangslage: Mit über einer Sekunde Vorsprung startete Philipp Steiner am Abend in den Nachtslalom. Dichter Nebel behinderte die Sicht, Temperaturen von minus 15 Grad forderten den Rennläufern einiges ab. Nach einer fast perfekten Fahrt im anspruchsvoll gesteckten Slalom (Steiner: „Ich liebe die Speed-Disziplinen – in den technischen Wettkämpfen fühle ich mich weniger sicher“) stand knapp vor 19 Uhr fest: Der Schweizer Philipp Steiner gewann den Kombinationswettkampf der alpinen Weltmeisterschaften vor den beiden Franzosen Nicolas Sarrenejane und David Pelletier.
Auf den Spuren von Simone Niggli-Luder
Das Aaretal scheint für Spitzensportler ein gutes Pflaster zu sein – immerhin wohnt die international bekannte OL-Läuferin Simone Niggli- Luder (62 Weltcup-Siege, 20 Weltmeistertitel) ebenfalls in Münsingen. Parallelen gibt es durchaus: Beide haben sie in besonderen Sportarten mit Beharrlichkeit, Fleiss und Wille ein unübertroffenes Palmarès aufzuweisen. Während Niggli-Luder auf der Suche nach den Posten alleine durch den Wald pirscht und kaum Gehör für die Geräusche der Natur haben dürfte, setzt der gehörlose Philipp Steiner im Behindertensport neue Massstäbe. Steiner: „Stille ist für mich etwas Visuelles.“ Simone Niggli-Luder ist die weltbeste OL-Läuferin, Steiner der weltbeste gehörlose Skifahrer.
Stille – eine ganz neue Wahrnehmung
Still ist es für Philipp Steiner auf der Rennstrecke. Still ist es aber auch im Zielraum – und ebenso still geniesst er den Erfolg. Erst mit 14 Jahren bestritt er die ersten Rennen mit Hörenden… und war immer ganz vorne mit dabei. Gehörlose Kinder sollen – so die weit verbreitete Meinung – erst sprechen lernen und eine Ausbildung machen. Philipp Steiner schaffte den Spagat zwischen Schule, Ausbildung und Spitzensport. Mit bisher drei Goldmedaillen an den Gehörlosen-Weltmeisterschaften beweist er, dass der Wille buchstäblich Berge versetzen kann. Und das nahezu ohne Sponsoring und ohne Preisgelder. Vielleicht schafft es der Schweizerische Gehörlosen-Sportverband (SGSV) nun doch, dank dem Exploit von Philipp Steiner die Strukturen anzupassen. Immerhin kann sich der Verband nun rühmen, in seinen Reihen einen 3fachen Weltmeister zu haben.
Kommentar
Liebe Münsinger – seid stolz auf die grossartigen Leistungen der jungen Sportler. Erkennt die Werte, die ein solcher Medaillen-Segen für einen gehörlosen jungen Sportler hat. Behindertensport ist – pardon! – in einer Nische anzusiedeln, wo Kommerz und mediale Präsenz kein Dasein haben. Legitimiert dieser Erfolg nicht, einen 3-fachen Weltmeister am Sonntag bei seiner Rückkehr mit einer kleinen, würdigen Feier zu empfangen? Vielleicht sogar in Anwesenheit von Simone Niggli-Luder…