Oberdorfstrasse Konolfingen: Knatsch um Totalsperrung

Seit August vergangenen Jahres wird die Oberdorfstrasse in Konolfingen im Bereich der Schmitte saniert. Unterdessen ist die Durchfahrt an dieser Stelle totalgesperrt. Das sorgt für Unmut unter den Anwohnenden. Besonders ungünstig davon betroffen ist Bauer Fritz Oberli, der für die Auslieferung seiner Milch nun einen langen Umweg fahren muss.

Isabelle Berger, isabelle.berger@bern-ost.ch

Fritz Oberlis Hof liegt in der Matte, oberhalb des Dorfes Richtung Grosshöchstetten. Seine Milch bringt der Landwirt gewöhnlich über die Burgdorf- und dann die Oberdorfstrasse in die Milchsammelstelle in ebendieser Strasse – eine Fahrt von etwa drei Minuten. Wegen der Sperrung muss Oberli nun einen halbstündigen Kehr über Gysenstein fahren. Anstatt weniger Minuten fehlt ihm damit täglich eine Stunde, in der er nicht auf seinem Hof ist.

 

Keine Ausnahmebewilligung für das Hochsträssli

„Es ist ein Theater“, sagt Oberli. Die Gemeinde erlaubt ihm nicht, anstelle des langen Umwegs das Hochsträssli zu benutzen, auf welchem Zubringerdienst herrscht. „Die Gemeinde redet sich damit heraus, dass das Hochsträssli während der Bauzeit als Notfallstrasse diene“, so Oberli. Auf ein Fahrzeug mehr oder weniger komme es doch nicht an, zumal auch die dortigen Anwohnenden die Strasse beführen. Andererseits sei der Durchgang neben der Baustelle auf der Oberdorfstrasse zwar schmal, aber das Bauunternehmen fahre ja auch durch.

 

Unverständlich ist für ihn das Nicht-Engegenkommen der Gemeinde auch deswegen, weil er für die Fussgänger einen Trampelpfad über sein Land erlaubt hat, damit diese die Baustelle umgehen können. Er überlegt sich nun, die Erlaubnis wieder zurückzuziehen.

 

Angebot der Gemeinde abgelehnt

„Die Gemeinde hat mir angeboten, dass ich bis zum Schützenhüsli fahren könne und sie jemanden bezahlt, der von der anderen Seite her mit Milchkannen und Anhänger meine Milch holen kommt“, sagt Oberli. Er lehnte das Angebot ab. „Ich fand es einen Witz, da die Person, die gekommen wäre, einen weiten Weg gehabt hätte. Das ist nicht ökologisch“, so Oberli.

 

Gemeindepräsident Daniel Hodel (SVP) bestätigt das Angebot, welches die Gemeinde Oberli gemacht hat. Die Gemeinde habe ihr Möglichstes getan, um eine Lösung anzubieten. Warum Oberli diese nicht angenommen habe, verstehe er nicht. „Die Sperrung ist ein Seich, aber wenn man will, kann man sich arrangieren“, sagt Hodel. Manche Leute hätten eine gewisse Engstirnigkeit und könnten sich nicht freuen, wenn etwas, das man seit dreissig Jahren hätte machen müssen, endlich gemacht werde.

 

Keine Erlaubnis wegen Haftungsproblem

Hodel betont aber, dass die Gemeinde Oberli sehr dankbar sei für die Zurverfügungstellung des Landes für den Trampelpfad. Die Erlaubnis, das Hochsträssli zu befahren, könne Oberli aber nicht gegeben werden, weil die Strasse nicht genügend ausgebaut sei und die Gemeinde im Falle eines Unfalls ein Haftungsproblem hätte, erklärt Hodel. Zudem ziehe eine Ausnahme weitere nach sich, weswegen die Gemeinde dort eine klare Grenze ziehe.

 

Oberli fuhr nun ohne Erlaubnis über das Hochsträssli – und wurde dafür gebüsst. „Wenn ich wieder eine Busse bekomme, leere ich die Milch vor dem Gemeindehaus aus und gehe zum Statthalter“, sagt er. Letzteres sei Oberlis gutes Recht, sagt Hodel dazu. „Er hat die gleichen Möglichkeiten, wie alle anderen Bürger“, so Hodel.

 

Doch keine Durchfahrt nachts und am Wochenende

Was neben Oberli auch weitere Anwohner stört, ist, dass die Baustelle und die Totalsperrung länger dauern, als angekündigt. „Es hiess in der Bauausschreibung, dass die Durchfahrt jeweils von 17 bis 7 Uhr und am Wochenende möglich sei. Nun ist sie seit dem 20. Februar ganz zu“, beschwert sich etwa Anwohner Jakob „Jacky“ Glauser. Die Gemeinde informiere die Anwohner zu wenig, findet er. „Man muss alles selber auf der Gemeindewebseite nachlesen“, sagt er.

 

Daniel Hodel weist den Vorwurf zurück, dass die Gemeinde zu wenig kommuniziert habe. „Jeder kann auf der Webseite nachschauen,  und ein gewisses Hol-Prinzip darf man erwarten“, sagt er. Zudem könne man bei einem Bau vieles nicht vorhersehen, weshalb es unmöglich sei, lange im Voraus über alles zu informieren.

 

Warum dauert der Bau so lange?

Glauser hat auch den Eindruck, dass die Bauarbeiter auf der Baustelle nicht vorwärts machen. Eine Wahrnehmung, die auch Oberli teilt. „Es arbeiten viel zu wenige Bauarbeiter dort“, sagt er. Die Arbeiten würden sich in die Länge ziehen.

 

„Der Bau dauert länger wegen der tiefen Temperaturen“, sagt Paul Schmalz von der für den Bau zuständigen Schmalz Ingenieur AG aus Konolfingen. Wegen der kalten Nächte härte der Beton der neuen Stützmauern langsamer aus als gewünscht. Erst ab einem bestimmten Aushärtungsgrad dürften die Mauern gemäss geltenden Normen hinterfüllt werden.

 

Baufirma hat sogar vorgearbeitet

Dass zu wenig Personal auf der Baustelle arbeite, stimme nicht, sagt Schmalz. Oft seien die Arbeiter im tiefen Graben und hinter den Mauern versteckt. „Die Firma Herrman Teuscher aus Därstetten, welche die Arbeiten ausführt, arbeitet zudem normal schnell, hat alle Termine eingehalten und sogar vorgearbeitet“, sagt Schmalz. Bisher sei nur an einem Tag niemand auf der Baustelle gewesen und dies sei durch äussere Umstände erzwungen gewesen. Zudem handle es sich bei der Baustelle um eine sogenannte Linienbaustelle, auf der Arbeiten nicht parallel ausgeführt werden könnten.

 

Schmalz verweist auch auf die Tatsache, dass man drei bis vier Monate Arbeitszeit hätte sparen können, wenn man von Anfang an die Strasse total gesperrt hätte. „Wir versuchen aber die Arbeiten zu etappieren, damit es für die Anstösser zu weniger Behinderungen kommt“, sagt er.

 

Sperrung mit Baufahrzeugen

Ein weiterer Punkt, der Oberli sauer aufstösst, ist, dass die Durchfahrt nicht nur mit normalen Abschrankungen, sondern auch mit Baufahrzeugen extra verstellt wird. Er sieht darin eine Provokation, denn so kämen ja auch Rettungsfahrzeuge nicht mehr durch.

 

Dass dies mit Absicht gemacht wird, bestätigt Schmalz. „Uns wurde mitgeteilt, dass trotz Sperrung Leute bei der Baustelle durchgefahren sind und dazu sogar Abschrankungen entfernt wurden“, sagt er. Weil man wegen der Stützmauerfundamente weit nach hinten bauen müsse, sei der Durchgang hinter dem über zwei Meter tiefen Graben so schmal, dass einem durchfahrenden Auto nur noch rund zwanzig Zentimeter Spielraum blieben. „Das ist lebensgefährlich“, so Schmalz. Ein Bauunternehmen sei verpflichtet, solche Risiken zu minimieren.

 

Arbeiten gehen voran

Bis zum 19. April soll die Totalsperrung nun noch dauern, wetterbedingte Verschiebungen vorbehalten. Am letztem Sonntag sei ein weiterer Teil der Stützmauern auch genug ausgehärtet gewesen, dass das Hinterfüllen am Montag habe stattfinden können, sagt Schmalz.


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Isabelle Berger, isabelle.berger@bern-ost.ch
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Erstellt: 30.03.2019
Geändert: 30.03.2019
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