Münsingen - Münsingen setzt auf den Videobeweis gegen Vandalen
Im Kanton Bern wird erstmals ein Schulareal mit Kameras überwacht.
«Auflagen sind sehr streng»
Der Kanton Bern hatte im Jahr 2009 die rechtlichen Grundlagen für die Überwachung öffentlicher Gebäude geschaffen. Sechs Berner Gemeinden haben in der Folge bei der Kantonspolizei die Überwachung einzelner Schulen beantragt. Münsingen wird die erste Gemeinde sein, in der die Kameras in Betrieb gehen; die Gemeinden Niederbipp und Lyss haben ihre Bewilligungen ebenfalls bereits im Sack.
In Münsingen hat die Massnahme laut Feller keine Grundsatzdebatten ausgelöst. Im Gegenteil beurteilt er die Massnahme als «sehr breit abgestützt». Einsprachen aus der Bevölkerung seien keine eingegangen, und das Gemeindeparlament habe gar darauf gepocht, den Prozess zu beschleunigen.
Orwellsche Horrorszenarien seien denn auch fehl am Platz: «Die Auflagen des Kantons sind sehr streng.» So sei nur die Kantonspolizei befugt, das Videomaterial zu sichten, und auch dort würden die Bänder nur auf einen konkreten Verdacht hin konsultiert. Die Kameras selbst müssen mit Schildern im Eingangsbereich des Areals und mit Piktogrammen bei den einzelnen Geräten erkennbar gemacht werden. Gefilmt wird zudem nur ausserhalb der Schulzeiten, also zwischen 16 Uhr und 6 Uhr morgens sowie über die Wochenenden und während der Schulferien.
Bilder bleiben 100 Tage archiviert
Etwas irritiert zeigt sich Feller auf Nachfrage darüber, dass das Videomaterial von der Kantonspolizei erst nach 100 Tagen gelöscht werden soll. Die Stadt Zürich etwa sieht in ihrem Videoreglement nur eine siebentägige Archivierung vor. «Im Normalfall sieht man den Schaden am nächsten Morgen», sagt Feller, die lange Frist sei daher «eigentlich unnötig». Die Gemeinde hatte selbst keine spezifische Frist beantragt, daher gilt automatisch die im Polizeigesetz vorgesehene Maximaldauer.
Bei der Aufarbeitung von Sachbeschädigungen bringe dies ermittlungstechnisch keinen Vorteil, bestätigt Cedric Meyrat vom Rechtsdienst der Kantonspolizei. Die 100 Tage seien aber identisch mit der Strafantragsfrist bei Offizialdelikten. Gerade bei Gewaltverbrechen komme es oft vor, dass sich das Opfer erst mit einer gewissen Verzögerung bei der Polizei meldet.
Während die Frist läuft, ist die Kantonspolizei aber laut Polizeigesetz (PolG) grundsätzlich verpflichtet, die Videos «bei konkreten Verdachtsgründen» zu konsultieren, sofern diese als Beweismittel für eine strafbare Handlung dienen können. Dies gilt unabhängig von der Schwere der Straftat. So sei etwa der am Boden liegende Joint-Stummel Rechtfertigung genug, die Bänder zurückzuspulen, so Meyrat. Verstösse gegen die Hausordnung alleine reichen dazu hingegen nicht aus.
Garantien, dass die Täter mit den Bildern tatsächlich identifiziert werden können, gebe es aber nicht. Gerade bei Nachtaufnahmen hätten sich etwa bei überwachten Geldautomaten deutlich die Grenzen der Technologie gezeigt.
Abschreckung im Vordergrund
Für Gemeindepräsident Feller steht denn auch die präventive Wirkung der Kameras im Vordergrund: «Unser Ziel ist es nicht, jedes weggeschmissene Fötzeli zurückzuverfolgen.» Im Gegenteil: Im besten Fall müssten die Bänder gar nie konsultiert werden. Sollte sich das Pilotprojekt bewähren, dürften in Münsingen bald weitere Kameras installiert werden: «Auch beim Schulhaus Rebacker bestünde Bedarf», so Feller.
Sebastian Meier, "Der Bund"