Münsingen - Lärmschutzwände für die Katz

Für 2,7 Millionen Franken hat der Bund entlang der Autobahn in Münsingen Lärmschutzwände gebaut. Nun beklagen Anwohner, der Lärm habe nicht abgenommen. Einige sagen sogar, er störe sie jetzt mehr als zuvor.

Katharina Merkle / Berner Zeitung BZ
Die Autos sind unsichtbar, doch auf den Balkonen und in den Gärten gut zu hören. «Wie das Meeresrauschen in unseren Südfrankreich-Ferien», sagt Anwohnerin Vreni Egger. Manche ihrer Nachbarn am westlichen Ortsrand von Münsingen mögen keine solch positiven Vergleiche ziehen – sie haben gehofft, dass dieses Rauschen nun massiv abnimmt. Denn von Mai bis Ende August wurden auf der Münsinger Seite der Autobahn 2,7 Millionen Franken teure, etwa drei Meter hohe Lärmschutzwände gebaut. Sie erhöhen den Erdwall, der bisher diese Funktion hatte.

Von den Schutzwänden sollen die nächsten Anwohner am meisten profitieren. Doch jetzt ist die Ernüchterung gross: Bei einer kleinen Umfrage fand diese Zeitung niemanden, der sagt, der Lärm habe abgenommen. Fast alle glauben: Das Rauschen ist gleich laut wie vorher. Und gegenüber der SF-Sendung «Schweiz aktuell» zeigten sich einige sogar überzeugt, der Lärm habe zugenommen.

Jetzt fehlen die Bäume

Überrascht von den Reaktionen ist der Bauherr, das Bundesamt für Verkehr (Astra). Zur Nachkontrolle messen die Akustiker derzeit in Münsingen den Lärm. Bis Ende Monat sollen die ersten Werte vorliegen. Dann wird sich zeigen, ob die Wände den Lärm gesenkt haben – oder tatsächlich für die Katz waren, wie dies viele Münsinger glauben. An den Wänden selber kanns nicht liegen. Sie bestehen aus leicht porösem Lava-Beton und sind ein erprobtes Standardprodukt der Filigran Bauelemente AG. Diese hat eine 30-jährige Erfahrung mit Lärmschutzprodukten.

Das Astra hat bisher nur psychologische Erklärungen für die negativen Reaktionen: Während der Bauzeit war die Strasse leiser, denn das Tempo war auf 80 km/h reduziert. Jetzt brettern die täglich 50000 Autos aber wieder mit 120 km/h durchs Aaretal. Eine weitere Erklärung: Vorher standen auf dem Damm hohe Bäume. Diese haben den Lärm laut den Astra-Experten zwar nicht reduziert. Aber statt wie heute an die Wand blickten die Leute ins Grüne. «Daher nahmen sie den Verkehrslärm weniger wahr», sagt Astra-Sprecherin Petra Maurer. Von den nachwachsenden Sträuchern verspricht man sich nun einen ähnlichen Effekt.

An den Wänden wird das Astra nichts ändern, egal, wie die Werte ausfallen. Ab 2014 wird aber auf der A6 zwischen Spiez und Rubigen zusätzlich ein Lärm absorbierender Belag eingebaut. Davon sollen vor allem jene Anwohner profitieren, die etwas weiter weg von der Autobahn wohnen. «Ich habe mich extra nicht auf die Wand gefreut, um dann nicht enttäuscht zu werden», sagt Vreni Egger. Das hat sich jetzt bewährt.

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Erstellt: 08.09.2010
Geändert: 08.09.2010
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