Münsingen - Das harte Los der Kaminfegerbuben

«Die schwarzen Brüder» heisst das Mundartmusical, das die Volksschule einstudiert hat. Eine alte Geschichte, gekonnt aufgeführt.

Laura Fehlmann / Berner Zeitung BZ
35 Kinder zwischen 12 und 15 Jahren für eine Geschichte aus den 40er-Jahren zu begeistern, ist eine Kunst. Der Münsinger Volksschulleiter Hans Abplanalp beherrscht sie. Nach «Momo», «Emil und die Detektive» und «Oliver Twist» schrieb er den Kinderroman «Die schwarzen Brüder» von Lisa Tetzner in ein Mundartmusical um. Die Musiklehrerin und Komponistin Regula Scherrer kreierte Musik und Lieder dazu. Entstanden ist ein alles andere als altbackenes Stück. Man hat aber auch auf unnötiges Modernisieren verzichtet. Die auf Tatsachen beruhende Geschichte des kleinen Giorgio aus dem Verzascatal berührt.

Harte Schicksale

In alten Chroniken hatte die Autorin Lisa Tetzner von einem Fährunglück gelesen, bei dem zahlreiche Kaminfegerbuben, die nach Mailand verkauft worden waren, ums Leben gekommen waren. Unter der einfühlsamen Regie von Hans Abplanalp bringen die Münsinger Schulkinder dieses authentische Stück Volksgeschichte auf die Bühne. Die Texte und Lieder tragen sie auswendig vor, mit stimmigen Gesten und starkem Ausdruck. Den umfangreichen Roman auf 16 Szenen zu reduzieren, ohne dass die Handlung störende Lücken aufweist, ist Abplanalp mehr als gelungen. Zusammen mit der Musik und einem satten, gut verständlichen Chorgesang ergibt sich ein rundes Ganzes.

Meist aus purer Not verkauften arme Tessiner Bergbauern im 19. Jahrhundert ihre Söhne nach Italien. So erging es Giorgio. Zusammen mit seinem Freund Alfredo und ihrem Schlepper machten sich die Überlebenden des Fährunglücks zu Fuss auf nach Mailand. Der Schlepper verkaufte die Buben dann an Kaminfeger. Die mageren Gehilfen mussten für ihre Meister in die Kamine kraxeln. Viele starben innert kurzer Zeit an Hunger, Kälte, Lungenkrankheiten und Heimweh. Auch Alfredo.

Intensive Proben

Das Bühnenbild lässt sich auf einfache Weise vom Tessin zur Grossstadt Mailand verwandeln. Die Bergbauernbuben werden zu kleinen Kaminfegern. Mit beeindruckender Authentizität spielen, tanzen und singen sie dabei Szenen aus dem Familien- und Arbeitsleben. Harte Kinderarbeit im 19. Jahrhundert, wer denkt heute noch daran? «Die schwarzen Brüder» erinnern unprätentiös an eine Zeit, die für die Armen in der Schweiz damals traurige Realität war. Im Buch und auf der Bühne kommt es allerdings zu einem Happy End.

Seit letztem Herbst proben die Schulkinder der 6. bis 9. Klasse jeden Mittwochnachmittag. Auch in den Frühlingsferien repetierten sie im Münsinger Schlossgutsaal und übten abends zusammen mit einer Liveband. Gestern und heute finden nun die Intensivproben statt. Morgen Mittwoch, 27. April, laden die Schulkinder dann zur Premiere. Die fast zweistündige Darbietung bietet nicht nur Unterhaltung, sondern auch ein Stück Geschichte, das noch gar nicht so lang zurückliegt.

Mundartmusical

«Die schwarzen Brüder» wird im Schlossgutsaal Münsingen diese Woche von Mittwoch bis Freitag jeweils abends um 19.30 Uhr aufgeführt. Am Samstag, 30. April, um 17 Uhr findet ebenfalls eine Vorstellung statt. Vorverkauf: am Schalter der Spar- und Leihkasse Münsingen. Für Auswärtige: Telefon 031 721 76 35 oder per E-Mail an schulleitung.rebacker@bluewin.ch.lfc

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Laura Fehlmann / Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 26.04.2011
Geändert: 26.04.2011
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