Linden - Zu viel Bauland: Gericht hebt Ortsplanung von Linden auf
Jetzt hat das bernische Verwaltungsgericht sein Urteil zur Ortsplanung Linden veröffentlicht. Das Gericht beurteilt die zu gross bemessene Bauzone als rechtswidrig.
Die kleine ländliche Gemeinde im Emmental zählt etwas über 1300 Einwohner. 2009 hat sie nach einem langen Planungsprozess eine Ortsplanungsrevision verabschiedet, die auch eine Erweiterung der Bauzone vorsieht. Die Einzonung neuen Baulands soll dazu dienen, die Bevölkerungszahl zu halten bzw. der Gemeinde «ein moderates Wachstum» zu ermöglichen, wie Gemeindepräsidentin Ruth Linder erklärt.
Knackpunkt ÖV-Erschliessung
Das kantonale Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) genehmigte die Planung. Beschwerden gegen den Genehmigungsentscheid wies in zweiter Instanz die kantonale Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion ab. Zwei Beschwerdeführer aber zogen den Fall vor das Verwaltungsgericht – und hier gab es für die Gemeinde ein böses Erwachen. Die Richter hielten die Ortsplanung, soweit sie die Neueinzonungen für Wohnbauten betrifft, für rechtswidrig – und hoben sie auf, wie ihr gestern veröffentlichtes Urteil zeigt.
Laut dem schweizerischen Raumplanungsgesetz haben die Gemeinden die Baulandreserve auf den Bedarf in den nächsten 15 Jahren zu beschränken. Für die Ermittlung dieses Bedarfs hat der Kanton eine Reihe von Kriterien in seinem Richtplan erlassen. Zum Knackpunkt im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wurden nun die Regeln über die Verkehrserschliessung (während in den Vorinstanzen hauptsächlich noch über andere Fragen gestritten worden war): Ziel der Raumplanung ist es, neue Wohnzonen im Grundsatz nur noch an jenen Orten zu erlauben, die mit dem öffentlichen Verkehrsnetz ausreichend erschlossen sind. Der ÖV-Erschliessung komme «für das Ausscheiden von Bauzonen eine wesentliche Bedeutung zu», bekräftigte das Verwaltungsgericht.
Linden hat noch Reserven
Die Gemeinde Linden aber erfüllt nach den Richtplan-Regeln selbst die unterste Kategorie bezüglich ÖV-Erschliessung nicht. Die Gemeinde kann somit nur noch einen «Mindestbedarf» an neuem Bauland beanspruchen, mit dem ihr das Halten der Bevölkerungszahl ermöglicht werden soll. Massgebend ist nur der zusätzliche Raumbedarf der heute ansässigen Bevölkerung. Nicht berücksichtigt aber wird eine Bevölkerungszunahme von 4 Prozent in 15 Jahren, wie sie den verkehrsmässig gut erschlossenen Gebieten zugestanden wird.
So gerechnet ergibt sich für Linden laut dem Verwaltungsgericht ein Wohnzonenbedarf in 15 Jahren von 1,9 Hektaren. Mit der Ortsplanungsrevision aber schaffte die Gemeinde Baulandreserven von rund 3,3 Hektaren – sie setzen sich zusammen aus fast 1,8 Hektaren noch nicht überbautem Bauland und aus 1,5 Hektaren Neueinzonungen. Die Gemeinde, so folgerte das Gericht, habe «zu viel Bauland eingezont». Spezielle Gründe, von der Obergrenze für die Bemessung der Bauzone abzuweichen, gebe es nicht. Und dies gelte umso mehr, als Linden verglichen mit dem ermittelten Baulandbedarf noch über «erhebliche unüberbaute Flächen» von fast 1,8 Hektaren verfüge.
Zu gross bemessene Bauzonen aber, so erklärte das Verwaltungsgericht, seien «nicht nur unzweckmässig, sondern gesetzwidrig».
Enttäuschung in Linden
«Der Gemeinderat bedauert ausserordentlich, mitteilen zu müssen, dass das Verwaltungsgericht die Beschwerde gutgeheissen hat.» So formulierte es der Lindener Gemeinderat in seiner Medienmitteilung. Das Urteil zur Ortsplanungsrevision treffe die Gemeinde hart, sagte gesternGemeindepräsidentin Ruth Linderauf Anfrage. Wenn man der Gemeinde nicht ermögliche, die Bevölkerungszahl zu halten oder moderat zu wachsen, habe dies schwere Konsequenzen. Die Kinderzahl könne sinken, Schulklassenschliessungen drohten, der Gemeinde entgingen Steuereinnahmen – und sie werde letztlich in ihrer Existenz bedroht. Ob der Gemeinderat den Fall ans Bundesgericht ziehe, sei noch nicht entschieden, sagte Linder.