Insel: Das Spital Münsingen bleibt da, wo es ist

Die Insel-Gruppe verzichtet auf einen Neubau des Spitals Münsingen. Aber sie will daran festhalten – wie an allen anderen ihrer Spitäler auch.

Johannes Reichen und Quentin Schlapbach, Berner Zeitung BZ

Vor einem Jahr sagte Insel-Direktor Uwe E. Jocham noch, dass das Spital Münsingen sich «in einer für die Zukunftsperspektive nicht sehr günstigen Standortsituation» befinde. In Münsingen gingen deshalb viele von einem Neubau aus.
 

Am Donnerstag präzisiert Jocham, dass sich bereits damals nicht allein die Frage gestellt habe, wo das Gebäude künftig stehen solle, sondern vor allem, was dort angeboten werde. «Auch das gehört zu einer Standortevaluation», so Jocham. Und diese Abklärungen hätten ergeben, dass die heutigen Räumlichkeiten immer noch wirtschaftlich nachhaltig genutzt werden könnten und den Bedürfnissen der Bevölkerung entsprächen.
 

Statt eines Neubaus sollen die Angebote der sechs Spitäler besser aufeinander abgestimmt werden. Auch in Münsingen wird bei Bedarf das Leistungsangebot angepasst, namentlich die Geburtshilfe soll gestärkt werden, wie die Insel-Gruppe mitteilt. Bis zum Ende der neuen Standortstrategie, die 2024 abläuft, sei ein Neubau in Münsingen aber sicher kein Thema mehr, bestätigt Jocham. Stattdessen solle der heutige Standort noch besser «für die Zukunft befähigt werden».
 

Gemeindepräsident Beat Moser (Grüne) wertet den Entscheid positiv. «Für uns ist wichtig, dass der Standort Münsingen erhalten bleibt.» Das sei bedeutend für die Bevölkerung und für die Hausärzte. Das Spital leiste auch einen wichtigen Beitrag zum Notfalldienst. Nach der Ankündigung eines Neubaus sei die Gemeinde mit den Verantwortlichen zusammengesessen. «Wir haben die Möglichkeiten im Gebiet Bahnhof West aufgezeigt.» Der jetzige Standort sei aber gut, auch wenn er in einem Wohnquartier liege.
 

Unklare Pläne

Die Zukunft des Spitals Münsingen wird immer wieder neu verhandelt. Ab 2007 gehörte es zum Berner Spital Netz, seit 2016 zur Insel-Gruppe. Noch davor wurde es wie die anderen Landspitäler der Gruppe zum «Portalspital» erklärt. Dann gab es auch mal Pläne für ein Gesundheitszentrum – was die Insel-Gruppe dann aber dementierte.
 

Als 2013 der Zusammenschluss von Spital Netz und Inselspital bereits beschlossene Sache war, gründete eine Gruppe von Ärzten die Interessengemeinschaft Spital Münsingen. Eine der treibenden Kräfte war Marc Mettler, damals Chefchirurg am Spital. Heute betreibt er mit anderen Ärzten die private Praxis 1 beim Bahnhof. Zudem ist er Belegarzt am Spital.
 

Die IG sei nicht mehr aktiv, sagt Mettler. Er verfolgt die Situation aber sehr genau. «Das Spital ist für die Region sehr wichtig, gerade auch für die Hausärzte.» Als vor rund einem Jahr an einer Mitarbeiterinformation über den Neubau informiert worden sei, sei nur erklärt worden, dass ein neuer Standort gesucht werde. «Was genau geplant war, konnte niemand sagen, es gab lauter Fragezeichen.»
 

Die Details zu den neuen Plänen der Insel-Gruppe erfuhr Mettler am Donnerstagabend an einer Personalinformation. Zwar sei ein Bekenntnis zum Standort abgegeben worden. Aber viel Konkretes und Handfestes habe das Personal nicht erfahren, deshalb herrsche auch Verunsicherung.
 

Keine Unterversorgung

Auch einzelne Gemeinden traten 2013 der IG bei, etwa Wichtrach. Gemeindepräsident Hansruedi Blatti (FDP) erinnert sich zwar noch an die IG. «Ich habe aber seit sicher drei Jahren nichts mehr gehört.» Das Spital Münsingen werde geschätzt. «Es ist praktisch, wenn man für viele Behandlungen nicht nach Bern reisen muss.»
 

Wenn es das Spital aber nicht mehr gäbe, müsste man nicht gleich eine Unterversorgung befürchten. Das unterscheide Münsingen etwa von Langnau oder Zweisimmen, die viel dezentraler gelegen seien.
 

Alles bleibt beim Alten

Die Insel-Gruppe gab gestern nicht nur bekannt, was genau sie mit dem Spital in Münsingen vorhat. Auch die Strategie der Standorte in Bern (Inselspital und Spital Tiefenau) sowie in Belp, Aarberg und Riggisberg wurden kommuniziert. Das Wichtigste zuerst: Alle bisherigen Standorte werden weiterbetrieben?. Dennoch stehen an den Standorten gewisse Änderungen an. In Belp etwa soll in den kommenden Jahren die geriatrische Rehabilitation ausgebaut werden. In Riggisberg entstehen zusätzliche Plätze in der Neurorehabilitation. Mit dem Wohnheim vor Ort soll ausserdem die Zusammenarbeit ausgebaut werden. In Aarberg wird die Altersmedizin durch die Vernetzung mit Alters- und Pflegeheimen gestärkt, wie die Insel-Gruppe mitteilt. Zusätzlich soll mit der Ergänzung fehlender Angebote die Versorgung im Seeland gewährleistet werden.
 

Im Spital Tiefenau wird ein Rehabilitationsangebot entwickelt, das allen Spitälern der Insel-Gruppe zur Verfügung stehen wird. Geplant ist auch, dass die Chirurgie Tiefenau das chirurgische Angebot aller Landspitäler koordiniert und sicherstellt. Dass die Chirurgie in Münsingen künftig dem Chefarzt des Tiefenau-Spitals unterstellt ist, gab das Unternehmen bereits Ende Juli dieses Jahres bekannt. Dr. Jürg Bründler, der bis dahin Chefarzt der Chirurgie in Münsingen war, verliess in der Folge das Spital.


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Johannes Reichen und Quentin Schlapbach, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 27.09.2019
Geändert: 27.09.2019
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