Freilichttheater Moosegg - Heiter, aber kein billiger Schwank

Wie Grossmutter Rüegsegger ihren Res behütet und plötzlich ans Ende ihrer Kräfte kommt – das Freilichttheater Moosegg zeigt, dass auch klassisch-heiteres Schauspiel unter freiem Himmel nicht oberflächlich sein muss.

Stephan Küenzi / Berner Zeitung BZ
Dieses Stück passt. Es passt zu den Personen, die auf der Freilichtbühne die diversen Charaktere darstellen. Es passt zur Emmentaler Landschaft, in die es hineingestellt ist. Es passt, nicht zu vergessen, zum Publikum, das in diesem von Wald und Hügeln geprägten Umfeld fast automatisch eine Geschichte mit bäuerlich-traditionellem Hintergrund erwartet.

«Eichbüehlersch Chummerbueb» heisst das aktuelle Stück des Freilichttheaters Moosegg. Mit ihm findet die Truppe, die bereits im 14.Sommer aktiv ist, zu dem zurück, was Emmentaler Theaterkost unter freiem Himmel landläufig ausmacht. Und lässt das schwerblütig-moralinsaure Gotthelfstück «Wurst wider Wurst» vergessen, mit dem sie ihre letztjährigen Zuschauer zum Teil arg forderte.

Von Resli zu Res

Wobei das diesjährige, auf einem Roman des vor bald 60 Jahren verstorbenen Heimisbacher Schrifstellers Simon Gfeller basierende Theater trotzdem kein billiger Bauernschwank ist. Zwar ziehen sich die witzigen Dialoge und träfen Sprüche wie ein roter Faden durch den ganzen Abend. Die Geschichte an sich hat aber ernsthafte und auch zeitgemässe Hintergründe. Ihre Hauptfigur ist die Grossmutter Rüegsegger, die währschafte Bäuerin vom Eichbühl, die nach dem Tod von Ehemann, Sohn und Schwiegertochter ihr Grosskind Resli allein aufziehen muss. Auch als dieser zum jungen Res herangewachsen ist, will sie immer nur das Beste für ihn. Sie bemuttert und behütet ihn und merkt gar nicht, wie sehr sie ihm als «Gluggere» immer wieder im Weg steht.

So verhindert sie eine erste ernsthafte Liebelei, bringt damit den Enkel gegen sich auf – und muss verbittert einsehen, dass sie ihm eine andere Frau nicht einfach aufdrängen kann. Zu allem hinzu schmeisst sie noch den Hof, und so bekommt sie es, wie man so sagt, mit den Nerven zu tun. Derart ausgebrannt, lässt sie sich nach anfänglichem Widerstand zu einer Kur überreden – und plötzlich beginnt sich alles zum Guten zu wenden. Auch wenn es ihr bis am Schluss nicht recht gelingt, die Zügel aus der Hand zu geben.

Wie im realen Leben

Es liegt nicht nur an den witzigen Dialogen und träfen Sprüchen: Dass das Premierenpublikum die Theatertruppe schliesslich mit stehendem Applaus verabschiedet, hängt vor allem mit der schauspielerischen Leistung zusammen. Regisseur Peter Leu hat erneut zu den einzelnen Rollen die passenden Personen gefunden, und das ist umso wichtiger, als er nach wie vor auf Amateure setzt. Besonders gut sichtbar wird dies im Pulk der Dorfleute mit seinen einfachen Bauern und Hausfrauen, die auf der Bühne keine wesentlich andere Rolle zu spielen scheinen als im realen Leben.

Bei anderen Charakteren sind die Anforderungen weit höher. Bei der Grossmutter natürlich, die zwar äusserst resolut und besitzergreifend daherkommt und bei alledem doch liebenswürdig wirkt. Oder bei Res, der herrlich unbeholfen wirkt und schon bei seinen ersten Schritten quasi über die eigenen Füsse stolpert. Da sieht man gerne darüber hinweg, dass es hin und wieder Passagen gibt, in denen die Figuren weniger echt wirken.

Bis am 21.August auf der Moosegg.

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Stephan Küenzi / Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 10.07.2010
Geändert: 10.07.2010
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