Familie Schiessler aus Schlosswil in Texas: "Schön, Amerika so positiv zu erfahren"

Am 12. Juli begann für Bernhard (42), Susanne (43), Elina (15), Lionelle (13), Lisa (9) und Luis (7) Schiessler aus Schlosswil ein grosses Abenteuer. An diesem Tag zogen sie für ein halbes Jahr nach Abilene Texas in die USA. Nun heisst es für die Kinder: School-Time!

Susanne Schiessler

Zwei Tage vor Schulbeginn besuchten wir die Schule, um die nötigen Informationen einzuholen und uns persönlich vorzustellen. Zuvor hatten wir nur Mailkontakt und ab und zu ein Telefongespräch. Die Schulleitung empfing uns um 9:00 Uhr mit grosser Begeisterung. Wir bemerkten bald, dass sich das ganze Lehrerteam auf den 5 monatigen Schulbesuch unserer Kinder vorbereitet hat und stolz darauf sind, dass wir gerade ihre Schule auswählten. Schliesslich sind wir die einzigen Neuen aus dem Ausland.

"Wie im High-School-Film!"

Die Elemantary (1. bis 5. Klasse), Middle (6. bis 8. Klasse) und Highschool (9. bis 12. Klasse) wie auch der Kindergarten sind auf dem gleichen Areal wie die ACU-Universität. Bald wurden uns die Schulzimmer von Luis (2. Klasse) und Lisa (3. Klasse) vorgestellt. Alles nötige wie die Garderobe, das Pult und die Schreibsachen waren bereits mit dem Namen versehen. In beiden Klassenräumen ist auch eine kuschelige Sofaecke mit Kissen und Büchern eingerichtet. Luis fand das sofort „fägig“. Eine Durchgangstüre öffnet den Raum der jeweiligen Parallelklasse. Pro Klassenzimmer also etwa 12 bis 15 Schülerinnen und Schüler im Alter von sieben bis neun. Beide fühlten sich sofort wohl in den Klassenzimmern.

Die Schulzimmer in der Middle- und High School hingegen waren eher trocken möbliert. Nur im Geschichtszimmer hat es eine mannsgrosse Rüstung und das Geografie-Zimmer ist geschmückt mit Landschaftskarten. Lionelle (13) und Elina (15) wurde ein Schliessfach, sogenannte "Locker", zugeteilt, um so ihr Schulmaterial zu verstauen. Jedes der 8 Schulfächer ist in einem anderen Raum stationiert. So haben die beiden je nach Stundeplan die nötigen Bücher in ihrem Locker zu holen. Das fanden sie natürlich sehr cool, weil es genauso ist wie man es aus den High-School-Filmen kennt.

Schuluniform für alle

Dann ging es weiter zur Administration. Dort wurden alle wichtigen Telefonnummern hinterlegt, die Impf-Karten entgegen genommen (sehr wichtig in Amerika, Kinder müssen geimpft sein, damit man die Schule besuchen darf) und die Uniformen verteilt. Die Kinder probierten alles durch. Von schwarzen bis zu braunen Shorts, über karierte Jupes bis zu den Poloshirts. Das brauchte eine Menge Zeit, bis jeder das Richtige in der richtigen Farbe und Grösse gefunden hatte.

Auch die Schuhe und Strümpfe müssen farblich auf die Kleidung abgestimmt sein. So mussten wir für Lisa und Luis geeignete und bequeme Turnschuhe kaufen. Diese tragen sie durchgehend in den klimatisierten Schulräumen. Für uns überraschend, dass die Elementary-Schüler das Turnen mit der gleichen Schuluniform zu absolvieren haben.

Schlussendlich erhielten wir eine übersichtliche und bald endlose Einkaufsliste für Lionelle und Elina. Jeder der acht Lehrer verlangt für seinen Unterricht spezielles Schulmaterial: "Wide ruled spiral notebook, 3-ring binder 2“, loose-leaf paper, 1“ 3-ring binder with dividers, pencil wirh eraser, red pen, highlighters, colored pencils …" (Ordner, Papier und Schreibzeug in jeder Farbe und Grösse).

Anspannung, Freude und Stolz

Nach sieben Stunden Schuleinführung und Kennenlernen von neuen Gesichtern machten wir uns auf den Heimweg. Das ganze Lehrerteam überzeugte uns sehr und hinterliess einen wohlbehütenden Eindruck. Die Schule startete am Donnerstag, 13. August und so hatten unsere Kinder noch einen freien Tag und wir genügend Zeit, um das Schulmaterial im WalMart und Dollar General einzukaufen. Das Verkaufspersonal war gerne bereit uns das nötige zusammenzusuchen.

 

Der Vorabend war da. Alle Kinder waren angespannt und mit den Gedanken beim nächsten Morgen. Der Tag mit den vielen neuen Schülern und Lehrer, die unbekannten Klassenzimmer und deren Schulfächer wie auch das Englischreden. Einschlafen konnte natürlich niemand so recht. Susanne: „Mir ging es ähnlich wie den Kindern. Ich hatte kreisende Gedanken, ob sich meine Kinder alleine in der Klasse den ganzen Tag ohne Unterstützung zu Recht finden? Ob sie sich trauen, in der Kantine das Mittagessen auszuwählen? Ob sie von den Mitschüler anerkannt werden…?“

Die Nacht verging und der erste amerikanische Schultag war unumgänglich: Anspannung, Freude und Stolz.

Schulbeginn für Lionelle und Elina ist um 08:00, für Lisa und Luis um 8:15. Zuhause fuhren wir alle um 7:30 los und wählten die kürzeste Strecke über den Highway aus. Immerhin 15 Minuten dauert die staufreie Fahrt bis zum Schulareal. Elina und Lionelle begleiteten wir bis zum "Locker". Ab hier waren sie auf sich gestellt, da Lisa und Luis unsere Unterstützung mehr gebrauchten.

Luis entschied sich für Mami und Bernhard freute sich mit Lisa die erste Schulstunde anzufangen. Einige Eltern behüteten auch ihre Kinder im Klassenzimmer. Es wurden Fotos gemacht und Luis wurde als „Neuer“ aufs Foto gewünscht. Viele der Eltern begrüssten uns und freuten sich auf unsere Anwesenheit hier in Abilene. Bald verliessen wir das Klassenzimmer und wussten, dass sich auch Lisa und Luis schnell integrieren werden.

"Why Abilene?"

Für die Eltern gab es anschliessend in der Bibliothek ein „Back to school“-Apéro. Jegliche der dort anwesenden Eltern interessierten sich für uns. Sie wollten alles über uns wissen und die Hauptfrage war „Why Abilene?“.

Bernhard: „Es war cool mit den Einheimischen zu plaudern. Der Texaner spekuliert nicht lange, der fragt direkt.“ Alle fanden das natürlich sehr exotisch, jemanden aus der Schweiz in der Schule zu haben. In der High School hat es zwei - drei Schüler aus China, aber jemanden aus der Schweiz, das hatten sie wirklich noch nie. Wir kamen mit etlichen Eltern ins Gespräch und das eine Wort ergab das andere.

Um 9:00 Uhr versammelten sich alle Schüler in der Turnhalle, um das neue Schuljahr gemeinsam zu beginnen. Auch die Eltern waren willkommen. Bevor der Schuldirektor mit seiner Rede anfing, wurde die Nationalhymne gespielt. Alle drehten sich der USA Flagge zu, hielten die Hand aufs Herz und sangen kräftig mit. Man verspürte das Gefühl von Zusammengehörigkeit.

Hier in Abilene Texas (120'000 Einwohner) existiert ein tiefgründiger Zusammenhalt der Bürger. Jeder setzt sich mit Leidenschaft für den Anderen ein. Es ist nicht nur Show. Einige Eltern haben uns den Besuch bei ihnen zu Hause angeboten und uns Wochen später auch auf ihre Ranch eingeladen. Das war stets ein Abenteuer und war uns aus der Kinowelt bekannt: Fishing in the pond, targetshooting, horse back riding, Quadfahren und gemütliches Lagerfeuer.

 
Fleissige Kids und stolze Eltern

Jetzt sind bereits 5 Wochen vergangen. Für unsere Kinder unterdessen ein gewöhnlicher und angenehmer Schultag. Luis hat einen Freund aus seiner Parallelklasse, Lisa hat eine grosse Auswahl an Freundinnen, Lionelle ist top integriert in der Klasse und kann dank liebevoller Unterstützung der Mitschüler den umfangreichen Schulstoff erlernen. Elina als Highshool Schülerin hatte es am Anfang sehr turbulent. Zügiges Tempo, Chemie wie auch Digital-Learning als neues Fach. Und dies alles in Englisch war anfangs eine Herausforderung. Uns war jedoch klar, dass sie sich mit ihrem Kampfgeist sehr schnell in der Schule durchsetzen kann. Auch jetzt noch sind die Lehrer gerne nach der Schulstunde für Lionelle und Elina da und erklären Mathematik, Physik und alles, was nötig ist.

Elina: "Mir macht vor allem der gute Zusammenhalt in der Klasse Spass. Auch hilfreich ist, dass wir das Natel für den Webbesuch eigenständig einsetzen können. Ich mag meine Mathelehrerin und freue mich jedes Mal, mit ihr die Unklarheiten zu besprechen. Nach Verständigung freut sich die Lehrerin und umarmt mich motivierend. Tut echt gut. Nur das Essen in der Kantine könnte geschmackvoller zubereitet sein."

Lionelle: "Ich finde es wirklich praktisch Uniformen zu tragen. Diese sehen schön aus und ich muss mir am Morgen keine Gedanken über meine Kleiderwahl machen. Ich bin sehr froh über das ESL (Englisch as a Second Language). Mit Elina kann ich täglich zwei Lektionen besuchen. Sozusagen Privatstunden für uns „Ausländer“. Turnstunden bin ich mir anders gewohnt. Es sind mehr spielerische Stunden ohne grosse Anstrengung. Sport habe ich mir in Amerika viel härter vorgestellt."

Lisa: "Mathematik fällt mir sehr leicht. Ich bin oft als Erste fertig und habe Zeit meine Aufgaben von der Schule in Schlosswil aufzuarbeiten. Spanischstunden sind immer sehr lustig. Ich bin nicht die Einzige die das neu erlernen muss. Auf die Musikstunden freue ich mich jedes Mal. Wir tanzen und singen zu „Wii dance“.

Luis: "Am Freitagnachmittag machen wir immer lustige Experimente. Einmal haben wir Mentos-„Täfeli“ in gefüllte Flaschen mit Cola- oder Sprite gestopft. Nach einiger Zeit sprühte das Süssgetränk hoch wie ein Vulkan. Einmal in der Woche ist Pizzatag, den mag ich mehr als den Mexicanday Lunch. Ich freue mich immer auf die gemeinsamen Turn- und Spielstunden mit der Parallel-Klasse. Mit Ben ist es wie mit meinen besten Schulfreunden von Schlosswil.

 

Schön, Amerika so positiv zu erfahren. Wir sind sehr stolz auf unsere Kinder. Weiter so!

[i] Siehe auch Newsberichte:
- Familie Schiessler aus Schlosswil in Texas: Road-Trip durch New Mexico vom 21.8.2015
- Familie Schiessler aus Schlosswil in Texas: Die lange Reise in das neue Zuhause vom 18.7.2015
- Familie Schiessler aus Schlosswil: Für ein halbes Jahr in den wilden Westen nach Texas vom 10.7.2015


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Erstellt: 04.10.2015
Geändert: 05.10.2015
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