Elektrizitätswerk Biglen: Widerstand gegen den Verkauf

Der Gemeinderat von Biglen schlägt den Stimmberechtigten vor, das Elektrizitätswerk Biglen an die Firma BKW FMB Energie AG, Bern, zu verkaufen. Am 8. Februar wird an der Urne darüber abgestimmt.

Markus Wehner/lfc, Berner Zeitung BZ
Nach der Gemeindeversammlung wurden die Stimmberechtigten von Biglen über Gründe und Auswirkungen des geplanten Verkaufs des Elektrizitätswerks Biglen (EW) informiert.

Die Gemeinde Biglen besitzt seit Jahrzehnten ein eigenes Elektrizitätswerk und bezieht den Strom von den BKW. Unter den Endverbrauchern sind acht Grosskunden, die einen Drittel des Gesamtstromes beziehen. Keiner dieser Kunden hat den Vertrag auf den 1.Januar 2009 gekündigt. Dank bestausgewiesenen Anlagewarten und dem direkt betroffenen einheimischen Gewerbe, konnte das EW Biglen den Gemeindefinanzen jährlich über 100 000 Franken Konzessionsabgabe zuführen. Trotzdem beantragt nun der Gemeinderat den Stimmbürgern, das EW, ohne die Strassenbeleuchtung, per 1.Oktober 2009 an die BKW zu verkaufen. Der Preis: 3,15 Millionen Franken. 80000 Franken Konzessionsabgabe pro Jahr an die Gemeinde wären für die nächsten fünf Jahre garantiert. Die Verkabelung und Neubau der Trafostation «Hasli» im Wert von 310000 Franken ist im Angebot nicht berücksichtigt.

Nicht überlebensfähig

Als Begründung für den geplanten Verkauf schrieb der Gemeinderat im Gemeindeblatt: «Die zur Erfüllung der gesetzlichen Vorschriften benötigten Anpassungen haben grössere Investitionen zur Folge. Im Weiteren sind die Zukunftsaussichten, mittelfristig im liberalisierten Strommarkt bestehen zu können, nicht rosig.» Der Gemeinderat bezieht sich auf die hohen Anforderungen an die Netzbetreiber wie unter anderem das Gewähren der Versorgungssicherheit, die Lieferpflicht und die aufwändigere Tarifgestaltung. Diese hohen Anforderungen könne die Gemeinde, so der Gemeinderat, nicht erfüllen. Zudem schätzt er die Kosten für Anpassungen auf 130000 Franken, mit wiederkehrenden Kosten von jährlich 2000 Franken.

Widerstand

Patrick Ruch, Sprecher der Kommission der Gemeindebetriebe, zeigte am Informationsabend auf, dass Teile der vom Gemeinderat erwähnten Anpassungen bereits auf den 1.Januar 2009 erfolgt sind. Nach Meinung der Kommission verbleibe von den sogenannt «grösseren Investitionen» lediglich die Einführung der Kostenrechnung, welche in Zukunft auch für andere Gemeindebetriebe benutzt werden kann. Ruch weiter: «Die Zukunftsaussichten des EW Biglen im liberalisierten Strommarkt sind dank dem Zusammenschluss von 127 kleinsten bis grossen Vertragspartnern in die Youtility AG gut.» Der Betrieb und der Unterhalt des EW bleibe dank ortsansässigen Gewerbebetrieben und Anlagewarten flexibel und kostengünstig. «Das Werk darf nicht verkauft werden», so Ruch.

Offene Fragen

In der Diskussionsrunde meldeten sich Mitglieder der Kommission für Gemeindebetriebe zu Wort, meist gegen den geplanten Verkauf. Die präsentierten Zahlen der Aufträge an das ortsansässige Gewerbe wurden von einem Bürger als unvollständig und zu niedrig bezeichnet. Ein Kommissionsmitglied versicherte, dass der Gemeinderat an einer Klausurtagung versichert habe, dass bis Ende 2013 ein Verkauf nicht zur Debatte stehe. Dem Gemeinderat wurde auch angekreidet, dass er keine Konkurrenzofferte eingeholt habe.

«Ich stelle fest, dass der Gemeinderat und die Kommission sich vor der Informationsveranstaltung nicht zusammensetzten, um die Differenzen zu bereinigen», meinte ein Votant. Die Grundstimmung an diesem Abend war klar: kein Verkauf, damit Flexibilität und Eigenständigkeit in der Stromversorgung der Gemeinde erhalten bleiben.

Ein Artikel aus der

www.biglen.ch

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Markus Wehner/lfc, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 02.12.2008
Geändert: 02.12.2008
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