Bowil - Energie von der Sonne nutzen, die Energie der Schüler wecken

Auf dem Schulhaus Dorf soll eine Solaranlage die Energie der Sonne einfangen. Aber auch die Neuntklässler sollen dank diesem Bauprojekt neue Energie erhalten.

Bruno Zürcher, Wochen-Zeitung
Wenn alles nach Plan läuft, wird im Sommer 2015 auf den Dächern des Schulhauses Dorf in Bowil eine Photovoltaik-Anlage montiert. Bis dahin gibt es noch viele administrative Arbeiten zu erledigen. Darum sollen sich in ersten Linie die Neuntklässler kümmern. «Die Schüler erhalten während der Woche meist einen Vormittag Zeit, um ‹das Büro› für dieses Bauvorhaben zu erledigen», erklärt Fritz Hebeisen, welcher im Schulhaus Hübeli die 7. bis 9. Klasse unterrichtet. Hebeisen führt mit den Neuntklässlern das Projekt in Zusammenhang mit der «Flexibilisierung des 9. Schuljahres» durch, welche derartige Projekte explizit vorsieht (siehe unten).

Wie viel Zins erhalten die Investoren?

Als eine der ersten Arbeiten haben die Neuntklässler den Anmeldetalon für die Gründungsversammlung des Trägervereins gestaltet. Diese wird am 15. Mai stattfinden. «Im Vorstand werden voraussichtlich keine Schülerinnen und Schüler mitarbeiten können», erklärt der Lehrer. Nach der Gründung sollen sich die Jungendlichen vor allem um die Finanzierung der Anlage kümmern. «Die Schülerinnen und Schüler müssen unter anderem die Konditionen für die Investoren erarbeiten», nennt Fritz Hebeisen ein Beispiel. Statt «trockene» Übungsbeispiele zu pauken, kümmern sich die Neuntklässler aus Bowil hier um ein reales Projekt, das je nach Grösse geschätzte Kosten von 175’000 Franken auslösen wird.

«Wir haben in den letzten Jahren mit den Neuntklässlern verschiedene Projekte realisiert», berichtet der Lehrer, «beispielsweise haben wir Wanderwege saniert oder ein Inventar mit allen Ruhebänken der Gemeinde erstellt.» Diese Projekte seien ins Leben gerufen worden, weil viele Schüler nicht mehr sehr motiviert seien, sobald sie den Lehrvertrag unterzeichnet hätten. «Mit einem konkreten Projekt können die Jugendlichen am Ende ihrer Schulzeit noch einmal einen Meilenstein setzen – das motiviert», hat Fritz Hebeisen die Erfahrung gemacht.

Arbeit für die nächsten «Neunteler»

Der Reallehrer ist guten Mutes, dass die Photovoltaik-Anlage auch wirklich realisiert werden kann. Die Gemeinde wird das Dach des Hübeli-Schulhauses im Sommer 2015 sanieren. Doch sie sieht sich indes ausser Stande, sich an der Photovoltaik-Anlage finanziell zu beteiligen. «Verschiedenen Personen haben bereits signalisiert, dass sie das Vorhaben finanziell unterstützen werden», sagt Fritz Hebeisen. Auch die künftigen Neuntklässler werden sich diesem Projekt annehmen. Bis Oktober werden sie Zeit haben, genügend Investoren und Sponsoren von ihrem Solarprojekt zu überzeugen. Dann wird entschieden, wie gross die Anlage gebaut werden kann. Anschliessend werden sich die Schülerinnen und Schüler um die Offerten für den Bau und die Abrechnungen für die Investoren kümmern, ehe sie nach dem Ende des Schuljahres den Sprung in die Berufswelt wagen werden.
 

Flexibler Unterricht gegen schulmüde Jugendliche

Die bernische Erziehungsdirektion hat im laufenden Schuljahr die Broschüre «Das 9. Schuljahr – vier Bausteine zur Unterrichtsgestaltung» herausgegeben. Mit der flexiblen Gestaltung des letzten Schuljahres verfolgt die Erziehungsdirektion mehrere Ziele: «Der Unterricht soll auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler angepasst werden», sagt Volker Schwerdtel vom Amt für Kindergarten, Volksschule und Beratung der kantonalen Erziehungsdirektion. «Manche Jugendliche sind noch mit Hochdruck an der Stellensuche, andere bereiten sich auf eine weiterführende Schule vor und wieder andere haben den Lehrvertrag bereits in der Tasche.» Besonders bei der dritten Gruppe sei die Gefahr da, dass die Schülerinnen und Schüler etwas «schulmüde» seien.
Um die abgehenden Schüler bei der Stange zu halten, hätten bereits in der Vergangenheit viele Schulen spezielle Projekte organisiert. «Wir erhielten viele Anfrage, was alles erlaubt sei», erklärt Volker Schwerdtel. «Nun ist allen Lehrkräften klar, dass eine flexible Gestaltung des neunten Schuljahres nicht nur toleriert, sondern gar gefördert wird.» Im Zweifelsfall nimmt die Schulleitung Rücksprache mit der Schulinspektorin oder dem Schulinspektor.

Nicht nur die Zeit absitzen

Zurücklehnen und die letzten Monate der Grundschule einfach absitzen kann für die Jugendlichen auch gefährlich sein: «Manche Lehrbetriebe verlangten zum Start der Ausbildung, das Zeugnis des neunten Schuljahres zu sehen». Mit den vier Bausteinen zur Unterrichtsplanung können Lehrpersonen beispielsweise die Lektionen so gestalten, dass etwa Jugendliche mit technischen Berufen Fächer wie Mathematik besonders umfangreich behandeln.

Fehler gefunden?
Statistik

Erstellt: 08.05.2014
Geändert: 08.05.2014
Klicks heute:
Klicks total: